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EXTREME – Six

~ 2023 (earMUSIC) – Stil: Rock ~


Jeder kennt die US-amerikanische Rockband EXTREME, zumindest ihren Nummer 1-Hit ´More Than Words´. Denn schließlich wurde nicht nur das dazugehörige, 1990er Studioalbum ´Extreme II: Pornograffitti´ mit mehr als einem Höflichkeitsapplaus bedacht, sondern bereits ihr Debüt ´Extreme´ ein Jahr zuvor wohlwollend in der Hardrock-Szene begrüßt.

Doch ihre Musik wurde in der Folge zu sehr auf ihre weltweite Hitsingle reduziert und die Schönheiten ihres Funk- und Pop-Rock, ihres Hardrock und Glam Metal verkannt. Da sich die Musikwelt ohnehin radikal veränderte, war für EXTREME nach ihrem vierten Studioalbum ´Waiting For The Punchline´ und der sich anschließenden Tournee im Jahre 1996 erst einmal Schluss.

Die Multi-Platin-Hardrock-Legende steht allerdings immer wieder auf, veröffentlicht im Jahr 2008 ´Saudades De Rock´ und ebenso überraschend in diesem Jahr nach weiteren fünfzehn Jahren ´Six´, ihr sechstes Studioalbum.

Dafür haben Gary Cherone (Gesang), Nuno Bettencourt (Gitarre), Pat Badger (Bass) und Kevin Figueiredo (Schlagzeug) abermals eine gute Mischung aus Hardrock und Balladen sowie den gewohnten Überraschungen komponiert.

 

 

EXTREME sind auf ´Six´ jederzeit als virtuose Gruppe der Neunzigerjahre als auch der Gegenwart zu erkennen, zeigen sich wie MR. BIG und WINGER, AEROSMITH und VAN HALEN, oder im Speziellen die Saitenhexer Paul Gilbert, Brian May und Eddie van Halen als Meister ihres Fachs, denn natürlich ist Nuno Bettencourt ein Genie und Gary Cherone ein herausragender Frontmann.

Der vorab bekannte Opener ´Rise´ entpuppt sich nicht nur als fieberhaft gesungener Rocker, sondern lässt spätestens bei seinem Gitarrensolo die Kinnlade aller Gitarristen herunterklappen. Den surrenden Rock-Kreisel zum schwindelig Spielen schubsen EXTREME mit ´#Rebel´ hinterher und stimmen einen eher tiefergelegten Neunzigerjahre-Vibe an. Dagegen ist ´Banshee´ eine lockere und lässige Rock-Nummer.

Die Brillanz der sich anschließenden, harmonisch angestimmten Ballade ´Other Side Of The Rainbow´ könnten jedoch heutzutage höchstens HAREM SCAREM erreichen. Daneben stimmen EXTREME allerdings auch die Akustikgitarren-Nummer ´Small Town Beautiful´ an, im späteren Verlauf sogar beinahe wie einst SIMON & GARFUNKEL ein ´Hurricane´ sowie ein finales und mitreißendes, vom Kinder-Chor begleitetes ´Here’s To The Losers´.

Die einst ungeliebten Rap-Parts lassen sie in diesen Tagen außen vor, denn das wortwörtlich vom Schlagzeug angetriebene ´The Mask´ wird in seinen Strophen eher gesprochen als gesungen. Stattdessen gönnt sich ´Thicker Than Blood´ zu seinem Sprechgesang einen elektronischen, einen industriellen Groove, der von der Gitarre zerschmettert wird. Ein ´X Out´ könnte sogar den experimentellen Tagen von THE TEA PARTY mit einem Schuss Pop entstammen.

Den schleppenden Grunge-Groove der Neunzigerjahre schnappt sich hingegen noch einmal ´Save Me´, ehe es zum Höhepunkt seine melodische Seite preisgibt, und einen Reggae-Rhythmus borgt sich überraschend ´Beautiful Girls´ aus. Vielfältiger und berauschender konnte dieses Comeback von EXTREME bei aller Liebe kaum ausfallen.

(8 Punkte)

 

https://www.facebook.com/extremeband


Pic: earMUSIC/Jesse Lirola
(VÖ: 09.06.2023)