Livehaftig

THE BREW – A Million Dead Stars 10 Year Anniversary Tour

~ 11. Oktober 2022, Musiktheater Rex, Bensheim ~


Bensheim, das Städtchen an der hessischen Bergstraße, liegt zwischen Odenwald und Ried. Ein Magnet ist mit der „Musikgarage“ ein weithin bekannter Plattenladen. Im „Empire“-Studio wird der ein oder andere bekannte Name der Hartwurst-Szene produziert. Dazu kommt das „Rex“ als angesehene Konzert-Location. LAZULI, MOTHER’S FINEST oder Y&T sind hier häufige Gäste.

Das denkmalgeschützte ehemalige Bahngebäude ist aber auch recht einladend. Ein paar Stehtische, Getränke werden gebracht, es duftet nach Flammkuchen und frisch gebackenen Laugenbrezeln. Schon das ist ein dickes Lob wert.

Zuletzt habe ich gesehen, wer für THE BREW am vergangenen Wochenende die Abende eröffnete. Leider ist die leise Vorfreude umsonst, die Belgier BLACK MIRRORS sind heute nicht am Start.

 

 

Also stehen, als pünktlich die Lichter ausgehen, Gitarrist Jason Barwick, Bassist Tim Smith und Drummer Kurtis Smith auf der Bühne. Es ist ja bekannt, dass hier Vater und Sohn zusammen spielen. So oft kommt das nicht vor, mir fallen gerade nur BLITZKRIEG ein. Für mich könnte ich mir das auch nicht vorstellen, da liegen ja oft Welten zwischen den Generationen. Nicht im Falle von THE BREW. Hier ist zu beobachten, wie sie miteinander agieren, aufeinander reagieren und gemeinsam harmonieren.

Jason ist, zumindest für die anwesenden Damen, sicher ein Hingucker. Und er sorgt auch für reichlich Show. Ständig ist er in der Luft. Vor allem aber ist er mit seinem Instrument sehr präsent. Er ist sicher kein Nuno Bettencourt oder Steve Vai, hier ist kein Saitenvirtuose zugange. Natürlich flitzt auch er übers Griffbrett. Aber hier steht nicht die Technik im Vordergrund. Eher geht es um gefühlvolles Spiel, mal riffig, mal melodisch, aber auch den Dissonanzen einer Rückkopplung oder einer Prise Krach nicht abgeneigt. Zwischendrin darf auch mal die akustische ran. Auch da beweist Jason die Balance zwischen Ruhe und Attacke. Oder die elektrische wird mit einem Geigenbogen bearbeitet, was einen besonderen Klang erzeugt.

 

 

Natürlich habe ich schon lang von THE BREW gelesen. Dennoch habe ich mich nie mit dem Trio beschäftigt. Vor allem der Ruf als grandiose Liveband, der ist hier angekommen. Trotz mangelnder Werkkenntnis fühle ich mich gleich mitgenommen. Abgeholt. Mitgerissen. Keine Setliste auf der Bühne, kaum Ansagen, unbefangen kann ich mich fallen lassen. Es gibt auch kaum eine bessere Art, eine Band wirklich kennenzulernen, als von der Bühnenperformance umgehauen zu werden.

Die aktuelle Tour steht unter dem Motto ´A Million Dead Stars´. 2010 erschien diese Scheibe, die Tour läuft zwei Jahre zu spät. Sie wurde aber auch, aus bekannten Gründen, ziemlich verschoben. Dennoch (oder genau darum, wer weiß das schon?) ist die Burg voll und die Stimmung grandios. Darum bedankt sich die Band herzlich. Nur weil die Fans kommen um THE BREW zu unterstützen, können die Musiker hier auf der Bühne stehen. Natürlich gilt das auch für jede andere Band, soviel am Rande. Die zufriedenen Gesichter, die von ober runtergrinsen, sagen alles. Sie sind froh, wieder zocken zu dürfen.

Während also auf der einen Seite der Bühne die Gitarre kreischt, weint, leidet, jubiliert, erweist sich der Methusalem am Bass als wahrer Poser-König. Er läuft und bangt, kaum steht er still. Und wenn doch, springt sofort das Motörchen an, und er bewegt sich retour. Das irritiert mich ein wenig. Mein alter Herr hat auch Bass gespielt. Zwischen den beiden besteht eine gewisse Ähnlichkeit. Aber mein Vater stand eher stoisch, schier unbeweglich im Hintergrund. Bei einem Trio allerdings wäre das dann doch wohl fatal.

 

 

Sollte für den Drummer ein Spitzname gesucht werden, wie wäre es mit Octopus? Nein, nicht die weibliche Form, für ein Bond-Girl hätte Kurtis auch zu viel Bart. Aber oft, vor allem im beeindruckenden Drumsolo, sieht es aus, und klingt vor allem, als hätte er acht Gliedmaßen. Dazu sein Gesicht, auch als Comedian würde er eine gute Figur machen. Besser aber, er bleibt hinter den Kesseln, um da weiterzukesseln.

 

 

Ja, wie klingt die Mucke? Auf der Fahne von THE BREW steht auf alle Fälle Blues Rock. Dazu kommt eine Prise Psychedelic. Die Lautstärkeregler auf elf gedreht, dann kann es losgehen. Hört man hin, findet man in der DNA THE CREAM und ZEPPELIN. Auch HENDRIX lässt sich erahnen. Das stelle man sich vor mit der Wucht von MOTÖRHEAD. So braucht es nicht viel, bis das Trio das Publikum in der Hand hat. Das feiert bis zum letzten Ton. Dann geht doch das Licht an. Keine fünf Minuten später stehen THE BREW schon am Merch-Stand. So bedanken sich Jason, Tim und Kurtis bei jedem einzelnen.

Natürlich begleitet mich ein Exemplar des genannten Albums nach Hause. Das ist schon ziemlich gut, aber in der Livesituation haben die Songs noch verdammt viel mehr Druck. Der Weg nach Bensheim war sicher nicht umsonst. Nein, es hat sich wahrhaftig gelohnt.

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Bilder: Marco Magin