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CHRISTOF STÄHLIN – Nur Meine Lieder

~ 2022 (Buschfunk Musikverlag) – Stil: Liedermacher ~


Er studierte als Spross einer Theologenfamilie Religionswissenschaften, aber auch Völkerkunde und Soziologie. Er war Schriftsteller, Liedermacher und Kabarettist zugleich, denn sein satirischer Scharfsinn stach von Beginn an auch aus seiner Musik hervor.

Christof Stählin (* 1942 – † 2015) wurde Zeit seines Lebens mit deutschen Kleinkunstpreisen und obendrein mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, obwohl er abseits der Singer-Songwriter- und Liedermacher-Szene seinen eigenen Weg beschritt. Er sah sich nicht in der Tradition von englischen oder amerikanischen Zeitgenossen, sondern beschrieb in barockhaften Zügen das Leben in seinen Alltagssituationen oder schlichten Angelegenheiten. Der Schalk saß ihm dabei nicht nur einmal im Nacken. Dass er dennoch den Bekanntheitsgrad deutscher Liedermacher mit ihren profanen Politsongs oder Liebesliedern nicht erklommen hat, lacht aus jedem seiner Werke wie eine groteske Fratze entgegen.

Mit ´Nur Meine Lieder´ würdigen zum zweiten Mal viele Weggefährten und Liedgenossen das Werk von Christof Stählin. Auf 17 Liedern, überwiegend aus den Siebzigerjahren und der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts, versuchen sie, dem eigenständigsten deutschen Künstler gerecht zu werden, und seine Musik, fern von Comedy und Kabarett, fern von Schlagern oder Protestsong, aus dem schleichenden Vergessen herauszuzerren.

Aus dem Frühwerk, dem Jahre 1973, sind die bizarren und außergewöhnlichen Songs ´Ein Skelett´, in einem Vortrag von Philipp Schmidt-Rhaesa, und durch Bodo Wartke der klavierfreudige ´Der Busen´, von dessen Spitzen sich der Künstler später Beachtung schenkend distanzierte, zu hören. Aus der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre stammt ´Die Liebe der Wale´, das sonor Thomas Felder und Johanna Zeul aus dem Hintergrund unterstützend vortragen, sowie von Johanna Zeul ´Der Kapitän´, der mit seinem Fernglas kein Land sieht, und der wunderschön schlendernde ´Schneeflockentanz´ durch Charlotte Pelgen & Elisabeth Pfeiffer inklusive einiger Streicher.

´Der Clown´ aus 1981 wird mit Akustikgitarre und Klavier von Max Prosa samt kleinem Kinderchor angestimmt. Auch Bernd Kohlhepp widmet sich der Komposition ´Die Raumverdrängung´ theatralisch, während die schillernden Akustikgitarrenklänge Holger Saarmann und sein ausgewähltes Lied ´Der Wind´ vorantreiben. Sogar Reinhard Mey befasst sich in beinahe murmelnder Manier dem 1982er ´Standort´.

Barbara Thalheim & Joana Emetz besingen ´Unser Deutschland´ aus 1990 mit seiner inneren, heimatlichen Kälte und Linard Bardill ´Was hätt‘ ich denn davon´ aus 1997. Aus den Nullerjahren erschallt die wundervolle Komposition ´Die Kastanien´ in der Version von Joana & Barbara Thalheim und ein flötiges ´Ich habe vor´ durch Erwin Grosche sowie das energisch mutige ´Amors Becher´ durch Sebastian Krämer.

Dietlinde Ellsässer singt und gibt die entsprechenden Laute des unveröffentlichten Songs ´Die Dorfgeräusche´ von sich und Manfred Maurenbrecher das heute zeitgemäß klingende ´In 100 Jahren´ sowie Claudia Fink & Max Prosa das ebenfalls dem Jahr 2011 entstammende ´Komm, küss mich´ zum Wonnemonat Februar.

Auf ´Nur Meine Lieder´ reiht sich beinahe nahtlos ein Klassiker an den anderen, dank Christof Stählin und seinen vertrauten Bewunderern.

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