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DEF LEPPARD – Diamond Star Halos

~ 2022 (UMC) – Stil: Rock ~


Alle Jubeljahre sei jedem Musikhörer der Blick auf eine einst geliebte Band gegönnt. Schließlich existieren nicht viele Musikgruppen, die von A bis Z großartiges Songmaterial veröffentlichen. Jede Band darf sich über die Jahre und Jahrzehnte entwickeln, aber nicht jeder muss ihr dabei auch folgen.

DEF LEPPARD wollten sich nie einer Szene zugehörig fühlen und änderten ihren Sound am laufenden Band. In einer kurzen Zeitspanne, von der New Wave of British Heavy Metal bis hin zu ihrem eigenen Stadionrock der Endachtziger, wurden sie zu einer der größten Bands auf Erden, einem Status, dem sie seither in Nostalgie hinterherblicken. Denn ihr stilistischer Eiertanz der folgenden Jahre brachte sie nie mehr auf Kurs.

Ihre aktuelle Marschrichtung nutzt im modernen Poprock erneut die Errungenschaften der Glam Rock-Ära, besonders natürlich die von T. REX bis SWEET. Der Albumtitel ´Diamond Star Halos´ ihres zwölften Studioalbums ist sogar einem T. REX-Song entliehen („You’ve got a hubcap diamond star halo. You’re dirty, sweet and you’re my girl. Get it on, bang a gong, get it on.“).

Produziert in den letzten beiden Jahren über den Atlantik hinweg, Sänger Joe Elliott nahm in Irland auf, Bassist Rick Savage in England und die Gitarristen Phil Collen und Vivian Campbell sowie Schlagzeuger Rick Allen in den Vereinigten Staaten, entstand mit 15 Liedern ein über 61 Minuten langes Werk, das in dieser Hinsicht in der eigenen Bandgeschichte allein von ´Hysteria´ übertroffen wird.

Doch jegliche Mutmaßungen im Vorfeld, ´Diamond Star Halos´ mit ´Hysteria´ oder gar ´Pyromania´, die Songs mit ´Pour Some Sugar On Me´ oder ´Photograph´ zu vergleichen, können umgehend in das Reich der Fabeln verbannt werden. Der Opener ´Take What You Want´ dient dabei als Paradebeispiel. Die Bridge hat zwar den bandtypischen Chorgesang aufzubieten, doch der Refrain besitzt die tiefergestimmten Gitarren der Neunzigerjahre und wäre mit solch einem Gitarrensound auf keinem der Achtzigerjahre-Werke gelandet. Phil Collen hört hierin sogar die NEW YORK DOLLS. Dieser Gitarrensound kommt 2022 auf jeden Fall drei Jahrzehnte zu spät.

Ein erlösender ´Kick´ fordert im Anschluss allerdings zum Mitklatschen in der längst eingemotteten Fernsehsendung „Disco“ auf, denn hier traten schon THE GLITTER BAND, SLADE und T. REX auf, von denen dieser stampfende Sixties-Song sichtlich beeinflusst ist. Der nächste Glam-Rocker ´Fire It Up´ dreht dann die 60s und etwa ´Pour Some Sugar On Me´ durch den Zeitwolf in die Gegenwart.

Den Song ´This Guitar´ versuchen DEF LEPPARD – nicht ganz überraschend – schon seit 17 Jahren, jedes Mal aufs Neue, auf einem Album unterzubringen. Mit der US-amerikanischen Sängerin Alison Krauss hat es funktioniert und so wird ´This Guitar´ zu einem Folk-Country-EAGLES-Song, in dem die Gitarre Leben rettet. Bei der Poprock-Nummer ´Lifeless´ ist die Bluegrass-Sängerin sogar nochmals zur Stelle.

Die erste Mega-Ballade des Werkes nennt sich ´Goodbye For Good This Time´ und schwillt ganz im Sinne von ELO an, hat allerdings David Bowies Pianisten Mike Garson an den Tasten zu Gast und Phil Collen spielt ein spanisches Akustikgitarrensolo als Hommage an David Bowies Gitarristen Mick Ronson. Die nächste Ballade ´Open Your Eyes´ könnte gar aus den Neunzigerjahren stammen und tönt überhaupt nicht nach DEF LEPPARD. Einen modernisierten Achtzigerjahre-Sound braucht tatsächlich niemand mehr erwarten.

Wenn Phil Collen einen Rocker im Sinne von POLICE und FOO FIGHTERS komponiert, kommt bei DEF LEPPARD ein ´SOS Emergency´ heraus. Aus indischen Percussions und 60s Psychedelic Pop wird ´Liquid Dust´, aus Ukulele-Folk und Hip-Hop-Drums explodiert ein ´U Rok Mi´. Einen PINK FLOYD-Beginn, der sich in ELO-Manier balladesk gibt, gönnt sich ´Angels (Can’t Help You Now)´, wobei der Song, auch durch Pianist Mike Garson, grundsätzlich an Elton John gemahnt.

Dagegen ist ´All We Need´ schlicht der hoffungsvolle Rocker und ´Gimme A Kiss´ der stampfende Rocker mit leichten Backgroundchören. Das längste, fünfeinhalb Minuten Stück ´From Here To Eternity´ von Rick Savage besitzt indes dieses „Film Noir“-Etikett, dezent im Maße von ´Die Hard The Hunter´, und beschließt ´Diamond Star Halos´.

Summa summarum: viel Heiligenschein, aber wenig Sterne. Tauben 80s-Leoparden nicht zu empfehlen.

(7 Punkte)

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