MUDDY WATERS – Hard Again

~ 1977/2022 (Music on Vinyl) – Stil: Blues ~

Weil seine alte Plattenfirma „Chess Records“ umstrukturiert wird und sich nur noch auf Wiederveröffentlichungen konzentriert, geht Muddy Waters 1976 zu Johnny Winters „Blue Sky“-Label. Mit ihm als Produzent nimmt er noch im selben Jahr das Studioalbum ´Hard Again´ auf. In nur drei Tagen kann er die Unternehmung samt seiner damaligen Tour-Band, dem Gitarristen Bob Margolin, dem Pianisten Pinetop Perkins und dem Schlagzeuger Willie „Big Eyes“ Smith, abschließen. Obwohl der große kommerzielle Erfolg ausbleibt, da das Werk nur Platz 143 der Billboard 200 erreicht, ist es immerhin sein erster Charteintritt seit 1969. Die Welt ist in den Siebzigerjahren für den Chicago-Blues von Muddy Waters schlicht nicht mehr offen.

Allerdings kennen nicht nur Blues-Liebhaber und Kenner des Studioalbums ´Hard Again´ bis zum heutigen Tag die Eröffnungsnummer ´Mannish Boy´, die Muddy Waters neben den beiden Songs ´I Want To Be Loved´ und ´I Can’t Be Satisfied´ für dieses Album nochmals aus seinem „Chess Records“-Repertoire aufnimmt. Eine gänzlich mitreißende Weltklasse-Komposition für die Ewigkeit, die beweist, dass Musik meistens nur echte Spielfreude und Glaubwürdigkeit benötigt, um schiere Begeisterung auszulösen. Hier brennt das Feuer des Blues in seiner ganzen Intensität und Herrlichkeit. Auch die bereits bekannten Songs strahlen wie nie zuvor.

Der von Muddy Waters mit Terry Abrahamson komponierte ´Bus Driver´ ist schlicht ein Blues-Jam, bei dem sich die Musiker abwechselnd in den Vordergrund drängen und das altbewährte Blues-Thema – ein Bursche hat Angst, seine Geliebte, hier an den Busfahrer, zu verlieren – gerne bis in die Nacht oder bis in alle Ewigkeit spielen könnten. Das feurige Temperament der Gruppendarbietung ist ebenso der nächsten Neuaufnahme, dem Willie Dixon-Song ´I Want To Be Loved´, abzulesen; zum Gesang dampft hier vor allem die Mundharmonika. „That’s it“, hört man Muddy Waters am Ende des Songs sagen und sich gegenseitig auf die Schultern klopfen.

Im nachfolgenden ´Jealous Hearted Man´ jaulen die Gitarren, alles wühlt und arbeitet regelrecht in der akustischen Darbietung der dritten Neuaufnahmen ´I Can’t Be Satisfied´ mit Johnny Winter an einer Bottleneck-Slide. Die pumpende Mundharmonika von James Cotton und die Klavierbearbeitung von Pinetop Perkins zählen neben den Gitarren von Johnny Winter und Bob Margolin zu den herausragenden Leistungen von ´The Blues Had A Baby And They Named It Rock And Roll´, derweil Muddy Waters die Story des gemeinsam mit Brownie McGhee komponierten Songs erzählt.

In züngelnder Verzögerung trägt die ganze Band den Blues von ´Deep Down In Florida´ Richtung Sonnenstaat. Kräftig wird die Mundharmonika in ´Crosseyed Cat´ geblasen, zu einer weiteren, niemanden ruhig lassenden und gerne abermals unendlich aufspielenden Rhythmik und Melodie. Ebenso ergeht es jedem Zuhörer mit dem getragenen ´Little Girl´. Pinetop Perkins‘ Honky-Tonk-Klavier, James Cottons nie nachlassende Mundharmonika und Johnny Winters Gitarren-Schwelgereien lassen das Blues Feuer prasseln: „Little girl, little girl. You’re just as sweet as you can be. You know your kisses taste like the sugar you use in tea.“

Muddy Waters hat das Glück, sich für diese Aufnahmen nur mit echten Koryphäen umgeben zu können. Somit wird ´Hard Again´ ein weiterer und letzter Meilenstein in der langen Karriere dieses ganz großen Bluesmusikers und beschert ihm immerhin in Blues-Kreisen ein glorreiches Comeback. Die grandiose Produktion ist für Bluesmusik geradezu mustergültig. Johnny Winter fängt die Kompositionen livehaftig ein, so dass der Hörer das Gefühl hat, all die erfahrenen und für ihre Musik brennenden Musiker beisammen in einem Raum erleben zu dürfen.

(Klassiker)