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SCORPIONS – Rock Believer

~ 2022 (Vertigo Berlin / Universal Music) – Stil: Classic Hard Rock ~

 

 

 

 


Less Leßmeister

PROLOG: Copenhell Festival 2016.

„Na, dann habe ich sie wenigstens einmal im Leben gesehen“ – dachte ich so bei mir… der ich natürlich mit den SCORPS neben ACCEPT aufgewachsen bin, es sich jedoch irgendwie nie ergeben hat, ihnen mal live zu huldigen in all‘ den Jahren.

Mikkey Dee war schon an Bord und es erschien mir damals, als habe er den alten Herren gehörig in den Allerwertesten getreten, denn der Auftritt war schlichtweg überragend. Pures ´Dynamite´ sozusagen, bis ich nahezu am ´Blackout´ war.

 

 

HEUTE: Kaiserslautern, 2022.

Mein Arbeitskollege liegt mir seit Stunden im Ohr damit, dass es eine neue SCORPIONS gäbe. Mein Interesse dagegen tendiert nahezu in die neutrale Zone… dachte ich doch irgendwie, dass das traditionelle Hannoveraner Schlachtschiff nach Abschiedskonzerten und -Alben längst für immer verdient in der heimischen Werft sein Rentendasein fristet, dies absolut verdient darf und es auch tun sollte, bevor es noch unrühmlich auf Grund läuft.

Mais au contraire, mon frère!

Ich neige mich dem Druck, gebe mich den Vorteilen des Streamens hin und bin eigentlich nach kurzer Zeit recht frohgestimmt. Einige Lieder später stellt sich gar eine Art leichte Begeisterung ein, die im weiteren Verlauf nahezu die von mir gewohnten manischen Ausmaße annimmt. Doch halt, diese Gefühle sollten doch den Helden des Undergrounds und meinen mannigfaltigen Neuentdeckungen vorbehalten sein, oder?!?!

Ach was, ich habe auf meine alten Tage keine Angst mehr vor Massenkompatibilität und außerdem hört sich das, was da gerade ertönt, so dermaßen frisch und kraftvoll an, dass ich mich fast in meine Hochzeiten mit den SCORPS zwischen ´Tokyo Tapes´ und ´World Wide Live´ gewarpt fühle… um mal bei meinem positiven Live-Erlebnis vom Anfang zu bleiben.

 

 

Nun ist der griechische Schwede Mikkey Dee also auch im Studio dabei – der Mann, der bisher nur bei Legenden spielte (KING DIAMOND, DOKKEN, MOTÖRHEAD) und eigentlich bereits selbst eine ist. Wieviel mag er wohl alleine psychisch bei den gemeinsamen Konzerten und letztendlich dem Aufnahmeprozess zu diesem Werk beigetragen haben?

Die SCORPS packen jedenfalls ordentlich ´Gas In The Tank´ und verbreiten von Anfang an gute Laune mit diesem Opener, der wohl direkt in die Setlist aufgenommen werden darf. „Let’s play it louder play it hard“ Jawoll! So geht das. Der nächste neue Mitsingknaller folgt auf dem Fuße, nennt sich ´Roots In My Boots´ und dürfte als frisch gezündetes ´Dynamite´ stellvertretend für die Rückbesinnung auf alte Stärken stehen.

 

 

Mit klassischen Riffs startet auch der darauf folgende, stampfende Partyrocker ´Knock Em Dead´, bevor das Titelstück als radiokompatibler Hit fett rockend mit dem typischsten aller SCORPIONS-Riffs ins Rennen geht und euch mitnimmt auf eine sentimentale Reise durch all‘ die ganzen guten Jahre. More Cowbell! Langeweile? Fehlanzeige. Ein schöne Rockhymne, bei der man das Radio in Zukunft nicht abschalten möchte oder panisch Reißaus nimmt.

Der Beginn der B-Seite zeigt eindrucksvoll noch einmal die ganz frühe Kreativität der SCORPS, welche förmlich aus dem überragenden, komplett entspannten, aber dennoch kraftstrotzenden ´Shining Of Your Soul´ inklusive Hard & Heavy-Reggae-Feeling herausplatzt. Mit sowas hätte ich nie, nie wieder gerechnet. Hut ab.

Wer jetzt dachte, das Pulver wäre langsam verschossen, wird eines Besseren belehrt mit dem langsam, aber entschlossen voranmarschierenden Höhepunkt ´Seventh Sun´, welche dir langsam, aber sicher in die Gehörgänge scheint und direkt von der düstereren ´Animal Magnetism´ stammen könnte, die damals mit ihrem Stachel von Titelstück ja ebenfalls bereits in der Gefühlswelt von BLACK SABBATH zugestochen hatte – wenn auch noch ein paar Spatenstiche tiefer und schwerer. Genial.

 

 

Nach diesem Start darf hintendran ´Hot And Cold´ auch mal „nur“ ok sein, doch je öfter ich diesen Track höre, desto mehr nimmt er mich dann doch mit, denn das Heavyness-Level schlägt immer noch gegen 11 aus. Und noch mehr Briketts legen die Männer mit dem flotten, deftigen Rocker ´When I Lay My Bones To Rest´ auf. In dieser Form mag das mit der Knochenruhe noch sehr, sehr lange dauern!

Was wird Seite C noch bringen? Geht der Höhenflug weiter? So langsam dürfte sich der Mainstream-Radiohörer verwundert fragen, wo nun die massenkompatiblen Ballädchen bleiben, für die er/sie/es sich doch extra auf die Spielwiese des harten Rock begeben hat… nix da! Es wird erstmal weitergebangt, bis der Rasen sich von grün in vertrampeltes braun färbt. Recht so, meine lieben Hannoveraner Rocker. Immer weiter auf die Fresse, das tut sooooo gut, euch in dieser Form noch einmal erleben zu dürfen!

Zum Beispiel geht ´Crossing Borders´ glatt als groovy-bluesige Southern-Rock-Nummer mit überzeugendem Refrain durch , bevor der ´Peacemaker´ wieder mit gesteigertem Gaspedal angenehm heavy zwischen die Augenlichter geht und wir sodann dem souveränen ´Call Of The Wild´ mit seinen majestätischen Momenten folgen.

Aber jetzt ist es dann endlich so weit. Wischt euch den Schweiß und die Freudentränen aus dem Gesicht, nehmt eure Partner in den Arm und fürchtet euch nicht, denn ´When You Know (Where You Come From)´ ist schlichtweg eine der besten Balladen, die die SCORPIONS jemals geschrieben haben und wir wissen alle, dass auch dies früher eine ihrer Königsdisziplinen war.

Zugabe! Zugabe!! Zugabe!!!

 

 

Wer nun denkt, dass bei all‘ dieser reifen Klasse die vier Bonustracks auf den Deluxe-Versionen von Platte und CD letztendlich die Lückenfüller oder Heuler sind, den muss ich auch hier enttäuschen. Jeder der vier Songs plus der Akustikversion vom Ballädchen fällt keinen Deut vom Niveau des Gesamtwerkes ab – ganz im Gegenteil, so mancher wird sein weiteres persönliches Highlight möglicherweise darunter finden. Also Geldsparen kann man woanders, hier benötigt ihr das volle Programm oder gar nichts. All or Nothing. All in!

„This is the beginning – hells bells are ringing“ ist das Motto von Seite D. ´Shoot For Your Heart´ ist ein geiler Uptempokracher mit starkem Mittelpart, ´When Tomorrow Comes´ birgt schon fast düster-Böses mit beinahe punkigem Flair (!), ´Unleash The Beast´ erweist sich ebenfalls als dark & heavy mit etwas sperrigen, aber originellen Strophen plus LIZZY BORDEN Refrain (!!), und die Akustikversion von ´When You Know´ bildet einmal mehr als typische Scorps-Ballade der guten, alten Zeiten den perfekten Abschluss für ein hervorragendes Werk.

Über die Gitarrenarbeit der Herren Jabs und Schenker brauchen wir wohl keine weiteren Worte zu verlieren, die beiden rocken immer noch (oder wieder?) wie Sau und den perfekten amerikanischen Slang beherrscht Klaus immer noch nicht und das ist auch gut so.

Tiefsten Respekt, liebe SCORPIONS – ihr habt mein Herz nach langen Jahren der kritischen Abstinenz erneut gewonnen und das konnten von den alten Traditionsrockern lediglich IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST oder SAXON. Oh, verzeiht… da sind ja noch einige Jungspunde unter den Musikern dieser Bands zu finden…

Comeback des Jahres? I’m a believer in Rock… und wieder in die SCORPIONS!

„The Gang is back in town and the girls [FANS] are melting down“!

 

Less Leßmeister

 

 


Michael Haifl

 

Wir befinden uns in einer Epoche, in der die Rockmusik vermehrt klassische Alterswerke weltbekannter Künstler hervorbringt, schließlich wird die legendäre Rock-Prominenz auch nicht jünger. Die SCORPIONS, mit weit über 100 Millionen verkaufter Tonträger, gehören ebenfalls zu den betroffenen Bühnengrößen. Bereits ihr 2010er Werk ´Sting In The Tail´ sollte nach einer weiteren Welttournee das letzte Kapitel in der Geschichte der Hannoveraner abschließen. Doch zwölf Jahre später sind Klaus Meine (73), Rudolf Schenker (73) und Matthias Jabs (66) immer noch schwer aktiv. Und obwohl die Rockmusik im Allgemeinen und gesellschaftlich immer weniger Beachtung findet, haben sie wie kleine Jungs ein weiteres Mal ihr Lieblingsspielzeug ausgegraben: den Rock’n’Roll. Denn sieben Jahre nach ´Return To Forever´ zeigen die SCORPIONS der Welt doch nochmal ihren Stachel, lassen die Welt nochmal echten Rock spüren.

Die SCORPIONS stehen mit ´Rock Believer´ vielleicht letztmals im großen Rampenlicht. Sie senden allerdings dermaßen mächtige Signale aus, dass niemand so schnell den Glauben an den eigentlich bereits seit Jahrzehnten abgeschriebenen Rock verlieren wird. Unverrückbar steht ´Rock Believer´ mit beiden Beinen auf dem Fels der Rockmusik, völlig glaubwürdig und geerdet. Das 19. Studioalbum der SCORPIONS hat nicht nur einen toxischen Stachel, es versprüht auch über fünfzehn Kompositionen hinweg die pure Lebenslust und den Schwung der ewigen Jugend. Wie charakterfeste und noch unschuldige Halbwüchsige beginnen sie ihr Glaubensbekenntnis, ehe sie sich wie reife Jungspunde nochmals ihren Großtaten der Achtzigerjahre nähern, aber auch das ein oder andere Wagnis der juvenilen Siebzigerjahre eingehen.

 

 

„Hey, da ist noch Benzin im Tank, mein Freund!“ – rief Sänger Klaus Meine seinem Gitarristen Rudolf Schenker zu und gab den Startschuss, während alle gemeinsam in einem Raum abrockten, ein Werk im Sinne der Achtziger mit echten SCORPIONS-Genen zu komponieren. In realer Isolation schrieben sie monatelang an ´Rock Believer´, ohne das bei den beiden Vorgängern involvierte schwedische Erfolgsduo Mikael Nord Anderson und Martin Hansen.

Die dadurch wiedergewonnene, ursprüngliche Schlichtheit und Natürlichkeit zeigt sich umgehend in ´Gas In The Tank´. Die Lyriks – „Pour hammer riffs all over me, a little dirty. A little cheap. Move your fingers up and down the fret. The V is flyin‘ without a net.“ – könnte auch von einer exzellenten Schülercombo der 70s und 80s stammen, die ein Jahr nach ihrer Gründung als NAMELESS den Namen SCORPIONS ins Spiel bringt: „The king of riffs is back in town. Who is up for a deadly sting?“ Doch die SCOPRIONS fahren anno 2022 die Motoren noch mal richtig in den roten Bereich – „Let’s play it louder and play it hard.“ – und wissen hundertprozentig, wie das Spiel funktioniert: „Give me a dirty riff, my friend. There’s gotta be more gas in the tank.“ Sogar ein kleines Mitsingspielchen – „You want it louder? Yeah, yeah. Louder? Yeah, yeah.“ – und ein erstes Gitarrensolo ist drin.

Diese Männer haben den Rock einfach in ihrem Blut, es sind ihre Wurzeln, es sind die ´Roots In My Boots´. Manchmal hilft dann gewiss das Vergessen – „I walk up to the Monkey Bar for a drink or two, a drink or two. The way you dance helps me to forget the reason I feel blue.“ – obwohl es viel besser ist, das Leben zu genießen und es so zu nehmen, wie es kommt – „They take me to the place where the night is screaming hot, screaming hot. Where thе good life shines a light and the party nеver stops, never stops. I live my life to the fullest, here comes another show, another show. And it’s always just hit and run, but never time to go.“ Damit man dies ebenso nicht vergisst, wiederholt man singend wie Klaus Meine sicherheitshalber immer das Ende jeder Gesangszeile.

Ohne altersbedingten Kraftverlust hauen die SCOPRIONS ein ´Knock ’Em Dead´ heraus, das ihre Erinnerung an den ersten Mega-Auftritt in den USA wiederbelebt, als sie 1979 früh am Morgen, natürlich vor AEROSMITH, THIN LIZZY, JOURNEY und AC/DC, die Bühne betraten und ihr Manager ihnen diesen Spruch zurief: „Knock ’em dead, knock ’em dead.“ Doch sie blieben mit beiden Beinen auf dem Boden – „Don’t let the fame go to your head.“ – und haben heutzutage noch Tipps parat: „Don’t walk the wrong side of the street.“

 

 

Die erste große Hymne für kommende Stadion- und Arena-Visiten ist mehr als offensichtlicher Weise ´Rock Believer´ – „Scream for me, screamer. I’m a rock believer like you.“, spendet obendrein Hoffnung aus – „And if you always keep the faith. No one can take your dreams away. … No matter what some haters say. No one can take our dreams away.“ – und bezieht sogar unsere Vorfahren mit ein: „Our fathers came with steel. But we came back to make you feel.“ Allerdings ist die Gegenwart politisch betrachtet auch nicht sehr stahlfrei. Wenigstens können sich die SCORPIONS und Klaus Meine noch an die guten Tage erinnern, als im Besonderen er etwa 2015 in Moskau nahe der Kremlmauer auf dem russischen „Walk of Fame“ eine Klaus-Meine-Birke gepflanzt bekam oder er auf dem Flug zu einem Konzert in der Ukraine von einem Piloten einer Passagiermaschine gebeten wurde, sich im Cockpit hinzusetzen und er plötzlich den Steuerknüppel in die Hand gedrückt bekam.

Doch es bedarf manchmal nur eines Lichtfunkens, das Leuchten einer Seele, um Menschen wieder strahlen zu lassen. ´Shining Of Your Soul´ genügt, wenn es in der Strophe seinen sanften Reggae-Groove versprüht und von der Liebe erzählt. Entweder schwarz – „In the backyard of my soul. There’s a tiny little hole.“ – oder weiß – „In the center of my heart. There’s a place that keeps you warm.“ – es weckt auf jeden Fall trotz fernöstlicher Melodie Erinnerungen an ´Is There Anybody There?´ oder ´No One Like You´: „I can’t stop believing. It’s more than a feeling. And when you come through the door. I see the shining of your soul.“ Die Schwere von alten Bandklassikern wie ´Animal Magnetism´ oder ´China White´ nutzt hingegen ´Seventh Sun´ für einen weiteren, künftigen Klassiker: „Even if your soul is old. A million years. Time traveler, here and now. The ones who are gone are still around. Your heart and soul will be one. In the seventh sun.“ Und erzählt gleichsam von Liebe und innerem Frieden: „Your inner freedom’s shining on. To lead the way to the seventh sun.“

 

 

´Hot And Cold´ wird es Gitarrist Matthias Jabs, wenn er an all die Stripclubs denkt, denen die Jungs in den Achtzigerjahren immer einen Besuch abgestattet hatten. Der SCORPIONS-Favorit der Mädels war dereinst ´The Zoo´, heute könnte es der einfache 80s Uptempo-Song ´Hot And Cold´ werden: „I’ve got a fever, hot and cold. When I think of you. Hungry eyes stare at you. Watching the things you do.“ Dazu haben die Skorpione sogar noch ein weiteres Tänzchen parat. „Ready for the Scorpions dance“? Beim rasanten Rocker ´When I Lay My Bones To Rest´ kommt nämlich Schlagzeuger Mikkey Dee (ex-KING DIAMOND, ex-MOTÖRHEAD) geradezu in rock’n’rollige Pik-Ass-Stimmung, wenn Klaus Meine über seine Songwriter-Partnerschaft – „Here comes a brother from another mother.“ – und Freundschaft mit Rudolf Schenker – „Friends will be friends.“ – sinniert.

Einen weiteren Arena-Chor könnte der ´Peacemaker´ initiieren. Zweifellos ist Frieden in diesen Tagen auf der ganzen Welt herzlich willkommen und bei dieser geborenen End-Achtziger-Hymne dürfen nur die Gitarrensaiten qualmen. Der Bestatter hat ohnehin genügend Arbeit: „Peacemaker, peacemaker. Bury the undertaker.“ Liebe spendet hingegen erneut das überaus lässige ´Call Of The Wild´, mit einem schweren Blues-Riff: „You’ve got the funky rhythm, girl. I’ve got the rocking drive.“ Man muss nämlich zu seinem eigenen Glück nur der Nacht – „For the sinners and the saints“ – folgen: „Just follow the night, follow the night, the call of the wild, follow the night.“

Die einzige Rock-Ballade folgt mit ´When You Know (Where You Come From)´ unter der Zielsetzung, sich treu zu bleiben, da der Absturz schneller als gedacht kommen kann: „And you keep driving down the highway of your life. There is no exit sign at all. There is a warning light that’s flashing all the time. And only you can stop your downfall.“ Die ursprünglich komponierte Akustik-Version von ´When You Know (Where You Come From)´ schallt als letzter Bonus-Song aus den Lautsprechern: „When you know where you come from. You know where you’re going. Just because you’re a child of your timе. When you know where you comе from. You back down for no one. Just be true to yourself, it’s your life.“

 

 

Und in diesem Leben muss man auch die ebenbürtigen Bonus-Lieder nicht nur gehört haben, sondern auch für bare Münze nehmen. ´Shoot For Your Heart´ ist eine neuerliche Liebeserklärung wie ´Can’t Live Without You´ an die eigene Anhängerschaft, ohne die auch die SCORPIONS ein Nichts wären. Es war der erste, für dieses Werk komponierte Song: „This is the beginning. Hell’s bells are ringing. This is the start.“ Da spielt der Headbanger seine Luftgitarre, da gehen die Männer wieder auf Tournee – „The gang is back in town. And the girls are melting down.“ – da wollen die SCORPIONS niemals mit dem Musizieren aufhören – „Can’t find the door to say goodbye. Maybe tomorrow but not tonight. Not tonight.“ – selbst wenn der Kopf danach brummt und dröhnt: „Monday morning, I come crawling. Out of my bed, the living dead.“ Wie der Morgen aussieht, wie die Zukunft gelebt werden kann, weiß ohnehin niemand, aber Klaus Meine schnappt sich gedanklich ein Megaphon und spricht im getriebenen ´When Tomorrow Comes´ mit der Welt: „Good morning world. How do you feel?“ Die Welt, die Ozeane, der Boden, das Klima und die vielen Katastrophen – „When half the planet caught on fire.“ – stehen in dieser progressiven und zur Hälfte gesprochenen Siebzigervariante im Mittelpunkt: „See the writing on the wall. (The future calls.) Can I trust fate anymore? (The world is yours.) Young is old and old is young. (You are the ones.) Call me when tomorrow comes.“

´Unleash The Beast´ handelt nicht von der Zukunft, es ist die Gegenwart, die diesen sinisteren, ebenfalls beinahe gesprochenen Song böse erscheinen lässt. Es sind die Wochen der Isolation, die beim Komponieren solche Bilder – „A super spread kills all of us.“ – entstehen lassen: „Unleash the beast in the east. Says the rhythm to the beat.“ Beseelte Gedanken sind in dieser Zeit jedoch wichtiger, wenn die Gitarrensaiten dazu mitsingen dürfen: „Spread the message, love rules. Let’s turn around this ship of fools.“ Da lebt es sich doch als Musiker, sofern er sich wieder frei in der Welt bewegen kann, viel besser. Schließlich überschreiten Musiker Tag für Tag Landesgrenzen und leben ihr Leben grenzenlos, voller Sex, manchmal auch mit Drugs und mächtig viel Rock’n’Roll. Das bluesige, im Southern Rock startende ´Crossing Borders´ von Gitarrist Matthias Jabs entwickelt sich dabei auf jeden Fall zu einer möglichen Live-Hymne der Zukunft. Aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt. Rock wird freilich immer leben – für immer und ewig auch die SCORPIONS.

(9 Punkte)

Michael Haifl

 

 

 

 

 

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