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SOUND OF SMOKE – Tales

~ 2022 (Tonzonen Records) – Stil: Psychedelic/Soul/Hippie Rock ~


Aus dem südbadischen Freiburg kommen SOUND OF SMOKE und bringen etwas Schwarzwald-Kreativität mit. Auf den Fotos sieht man die Sängerin und drei coole männliche 21. Jahrhundert Neo-Post-Hippies. Das Cover ist irgendwie 3-D, auf jeden Fall psychedelisch.

´Strange Fruit´ ist ein gelungener Opener, der verhalten beginnt, und schnell sehr stark von der guten Stimme von Sängerin Isabelle geprägt wird und sich dramaturgisch steigert. Irgendwie Retro, irgendwo im Dunstkreis von JEFFERSON AIRPLANE und anderen Ikonen der ausgehenden 60er. Spätestens wenn die harten Gitarrenriffs einsetzen, wird aber auch Heavy-Bands wie BLUE CHEER oder dem Space Rock von HAWKWIND Ehrerbietung erwiesen. Orgel und ein Synthie aus dem Korg-Musikmuseum begleiten durch den Song. Ausufernd und spannend aufgebaut.

Bei ´Indian Summer´ wird es rhythmisch und sanfter. Und der ´Indian Summer´ ist auch im Schwarzwald schön, wie man dem Video entnehmen kann. Es wird viel getanzt. Es plätschert und der hypnotische Gesang von Isabelle kann auch ein wenig die selige Krautrock-Fraktion (viel zu gut eigentlich für diese Klassifizierung) von Klassikern wie GILA und POPOL VUH weiterführen, bevor es an Geschwindigkeit zulegt. Irgendwie erinnert ja auch das Video zu ´Indian Summer´ an die Kraut Rock-Kommunen der 70er Jahre. In ihrem anderen Leben lebt Sängerin Isabelle Bapté ihre Kreativität auch noch mit Ton (hier das Material zum Werkeln und nicht die Töne, mit denen sie sich gesanglich sowieso auskennt) mit feministischen Botschaften in der Freiburger Keramikwerkstatt aus. Das aber nur am Rande. Auch auf dem empfehlenswerten, einstündigen Musikvideo auf YouTube aus der MensaBar Freiburg wird getanzt – mit Unterstützung einer Tänzerin (nur die beiden Frauen tanzen, die Männer müssen die Instrumente bedienen).

Die Band lässt sich für den Aufbau der Songs wie bei ´Indian Summer´ Zeit und lässt auch den meist längeren Songs Zeit, sich zu entwickeln. Das kommt der hypnotischen Musik entgegen. Es wird bei aller Freiheit des musikalischen Vortrags aber nicht einfach drauflosgespielt oder wild improvisiert, der Aufbau ist meistens gut nachvollziehbar und die Melodien bleiben haften. Der ´Magic Boogie´ beginnt wie ´La Grange´ und zeigt auch eine Blues Rock-Affinität. ´Dreamin‘ ´ zeigt wieder, dass auch harte Riffs im psychedelischen Kontext möglich sind und überzeugt neben dem Gesang durch starke Gitarrenlinien.

 

 

Leichte Durchhänger gibt es beim nervösen ´Soft Soaper´ und ´Devils Voice´. Die beiden Songs können vom Songwriting nicht so richtig mit den anderen Songs mithalten. Der letzte lange Song ´Human Salvation´ ist wieder deutlich spannender aufgebaut. Es beginnt mit männlicher Rezitation von Philosophischem und nimmt mit zunehmender Spieldauer an Qualität zu. Schöne Gitarrenparts, einmal mehr der starke Gesang von Isabelle und immer wieder die gesprochenen Einlagen. Da fühlt man richtig die Aufbruchsstimmung, die dereinst die Rockmusik so spannend machte. Zurück in die Zukunft oder eher Vorwärts aus der Vergangenheit. Egal, ich freue mich, dass es auch einmal tief ins Psychedelische geht. Hört man nicht so oft. Und wenn dann im eher radikalen Stoner-Kontext. Am Schluss gibt es richtig exzellente Gitarrenparts. Ich habe oft den Gesang von Isabelle lobend genannt. Zurecht, aber auch die Gitarren und die Rhythmusgruppe sind sehr ansprechend. Die Produktion hätte noch etwas stärker ausfallen können, ist jetzt aber auch nicht schwach.

Ob sich Rauch so anhört, kann ich als inzwischen seit Jahrzehnten überzeugter Nichtraucher (alle Sorten) nicht sagen, aber es könnte sein. Man muss zumindest nichts geraucht haben, um diese Reise mit der Zeitmaschine als bereichernd und bewusstseinserweiternd zu finden. Interessante Veröffentlichung, die stark in der Vergangenheit verwurzelt ist, durch ihren hippieesken Ansatz aber sehr sympathisch und dabei auch authentisch wirkt.

(7,5 Punkte)


(VÖ: 18.02.2022)