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SMALLTAPE – The Hungry Heart

~ 2021 (Independent) – Stil: Artrock ~


Mit Spannung wurde das dritte Werk von SMALLTAPE, dem Projekt von Philipp Nespital, erwartet. Dieser hatte sich seit dem letzten, dem 2017er Studioalbum ´The Ocean´ zwischenzeitlich mit der Gruppe MT. AMBER die Zeit vertrieben und so die Vorfreude auf ´The Hungry Heart´ gesteigert. Mastermind und Multiinstrumentalist Philipp Nespital (Gesang, Gitarren, Keyboards, Klavier, Elektronik, Schlagzeug) baute im Nachgang zu diesem Gruppenprojekt überraschenderweise auch seine solistische Unternehmung mit Musikern zu einer Gruppenformation aus. Denn bei SMALLTAPE agieren nunmehr auch seine MT. AMBER-Mitstreiterin Alexandra Praet (Bass, Gesang) sowie Flavio de Giusti (Gitarren) und Live-Mitmusiker Omri Abramov (Tenor Saxofon). Daneben kommen außerdem Musiker für Vibraphone, Violinen, Bratsche, Cello, Bass, Trompete, Posaune, Waldhorn und Bass zum Einsatz.

Weil SMALLTAPE indessen nicht mehr als reines Solo-Projekt agiert, tönen womöglich die neuesten Kreationen von den 2 LPs (oder auch 2 CDs) 65 Minuten lang äußerst lebendig sowie spannend und abwechslungsreich aus den Boxen. Der Artrock zeigt sich in den Themen des Klimawandels und des Generationenvertrags mit einem Schuss Elektronik, mehr als einer Prise Alternative Rock und Singer-/Songwritertum modern als auch die Tradition fortentwickelnd.

Daher gestaltet sich die Eröffnung mit ´The Hungry Heart´ eher wie unter der Ägide eines SUFJAN STEVENS oder GET WELL SOON musizierend, um schlussendlich atmosphärisch aufzuschäumen. Zu einem hüpfenden Beat singt oder eher spricht Philipp Nespital anschließend mit dunkler Stimme, ehe der Song die Gitarre in die Hand nimmt und sozusagen die ´In Absentia´-Zeiten von PORCUPINE TREE vorübergehend wiedererweckt. Doch der Refrain präsentiert sich weitaus heller und schöner im Power Pop.

Bläser und Streicher sind im siebenminütigen ´Hunger´ wieder sehr präsent. Klavier und Keyboards kundschaften zwischendurch das Gelände aus, lassen elektronische Untergründe ebenfalls hervortreten und Omri Abramov sein Saxofon-Solo spielen. Als musikalische Nahrungsergänzung singt Philipp Nespital ´Our Desert´ allein zur Akustikgitarre. Die Steigerung folgt selbstverständlich mit ´One Day´ im Sinne des Steven Wilson’schen Kosmos auf den Fuße. Die Akustikgitarre zwar noch in der Hand, entfacht das restliche Instrumentarium das mächtige Rockfeuer.

Die Percussions wackeln, das Schlagzeug gibt im instrumentalen ´Burning House´ den Ton an, ohne Omri Abramov am Saxofon zu vergessen. In gewohnter Stimmung schraubt sich sodann ´Colors´ peu à peu in die Höhe bis der Gesang in einen Sprechgesang übergeht und so eine neue Farbe ins Spiel bringt, die der Frauenchorgesang und das elegische neo-proggige Solo in Verbindung mit den Streichern im Hintergrund noch zu steigern vermögen.

Weitaus freier singt Philipp Nespital im kurzen ´Asylum´ abermals zur Akustikgitarre. ´Where We Belong´ lebt hingegen allein vom Klavierspiel im Schwebezustand. Dramatische Tastenschläge zelebrieren übergangslos gleichfalls den ersten Abschnitt des finalen ´Dissolution´. In diesen ersten Minuten des 21-minütigen Groß-Epos wird schlichtweg eine Story erzählt, doch dann setzt ein wahrhaftig emotionaler Gesang ein und die Komposition suhlt sich wunderbar in weiteren Teilstücken, die in ihrer Gesamtheit einen echten Höhepunkt des Werkes preisgeben.

(8,5 Punkte)

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