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CHAOSBAY – Asylum

~ 2020 (Timezone Records/recordJet) – Stil: Djent/Prog Metal ~


CHAOSBAY haben fünf Jahre benötigt, um uns den Nachfolger von ´Vasilisa´ zu kredenzen. Genau der Zeitraum, den die hiesige Gesellschaft seit der Flüchtlingskrise im Jahre 2015 benötigte, um gespaltener als jemals zuvor zu erscheinen und dem Herrschaftsausspruch „Divide et impera“ im höchsten Maße zu entsprechen. Den Zusammenbruch des Neo-Kapitalismus im Angesicht, widmen sich CHAOSBAY keinem Fantasy-Stoff, sondern thematisieren auf ihrem zweiten Longplayer ´Asylum´ die Flüchtlingsproblematik, den Rassismus und Fremdenhass innerhalb unseres Wirtschafts- und Soziallebens. Immer wieder werfen sie, von Song zu Song bis zum Finale, die eine große Frage in den Raum. Nicht die, deren Antwort 42 ist. Vielmehr wird der Hilferuf nach einem Allmächtigen laut, wenn sie die Frage nach der Existenz Gottes aufwerfen: „If there is a god, how could this happen?“

Ja, wie konnte das passieren? Die Einen sagen, das musste so kommen, die Anderen sagen, das ist alles so gewollt. CHAOSBAY haben zumindest eine musikalische Antwort über neun Kompositionen parat, die natürlich in ihrer Gänze einem Konzept folgen, aber im Gegensatz zu manch anderer Veröffentlichung der Berlin-Kaiserslautern-Connection auch jede einzelne für sich stehen kann.

Ihre musikalische Ausdrucksform haben CHAOSBAY in den letzten Jahren perfektioniert. Die Mischung aus modernem Prog Metal und Djent wird von Klar- und Growl-Gesang in einer muskulösen Eigenproduktion dargereicht. Der Opener ´Enjoy The Rise´ zögert in freudiger Erwartung den Refrain bis zu seinem Schluss hinaus, doch die sich anschließenden Lieder – ´Amen´ („If there is a God, how could this happen? If there is a God, we don’t need a devil.“) und das heftigere ´Mediterranean´ – eröffnen die gewohnte Hit-Maschinerie. Wundervolle Refrains im einschmeichelnden, allzeit mehrheitsfähigen Klargesang sollten allerorten für Begeisterung sorgen. Einzig ´Soldiers´ hält sich etwas in seiner Härte, aber minder mit seinen Emotionen zurück. ´D.O.A.´ greift sodann die eine große Frage ebenso wie ´Heavenly Island (Epilogue)´ im Konzept-Finale nochmals auf. Aber auch der verzweifelte Ruf der Flüchtigen („I´d do it all again, I´d do it one more time, as long as it brings me far away, I´ll never give up trying, to live a human live, but living´s pretty hard today.“) wird in ´Limbus Inn´, ´Criminals & Sons´ sowie in ´The Lyin‘ King´, das aufgrund seines mehrstimmigen Gesangs hervorsticht, mehrfach aufgegriffen.

Eigentlich alles beim Alten, alles wie gewohnt, obgleich sich die Welt weiter dreht und im Chaos zu versinken droht: CHAOSBAY zeigen sich in blendender Verfassung, in Hochform, und sollten spätestens Hier und Heute von allen Liebhabern des modern Prog Metal innig ins Herz geschlossen werden.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/chaosbay/


(VÖ: 18.09.2020)