PlattenkritikenPressfrisch

BANCO DEL MUTUO SOCCORSO – Storie Invisibili

2025 (Saifam) - Stil: Prog Rock

Wieviel Pop ist erlaubt? Wieviel Schnulze geht durch, bevor Sir Lord Doom ausflippt, die Segel streicht und zum Ausgleich 1990er Demos von BEHERIT hören muss?

Es gab 2019 ´Transsiberiana´ und 2022 ´Orlando: Le Forme Dell’Amore´. Diese beiden Platten waren durchaus modern und doch hatten sie den alten Spirit der Progrocker BANCO DEL MUTUO SOCCORSO. Verspielte Strukturen, abgefahrene Läufe und eigensinnige Melodien. Und was ist davon drei Jahre später noch über?

Das neue Album wurde gekauft, für knapp 30 Euro, zusammen mit dem 2024 als LP veröffentlichten, aber 1983 schon aufgenommenen Soundtrack ´Greggio E Peric´. Letzterer ist instrumental, trotz der Zeit abgefahren und vielseitig. Bis auf einige Momente ist ´Storie Invisibili´ das nicht. Die italienische Proglegende ist wieder bei ihren 80er Jahre Platten angelangt, hat zweimal geilen Prog modern zelebriert und nun eine kuschelig schnulzige Poprock und Popballadenplatte ganz nahe an San Remo-Schlagern aufgenommen. Rock, Pop, Mainstream. Das Fazit bei den Kollegen der Babyrosa Seiten dürfte fast schon vernichtend ausfallen. Prog ist das hier nur ganz selten.

Ich bin da tatsächlich ganz anders gestimmt. Also, ich bin gar kein Freund von Poprockplatten mit kitschigen Balladen, die so schön vor sich hin plätschern. Gerade wenn diese Platten so einzelne Augenblicke von progressiver Abgedrehtheit andeuten. Aber manchmal haben sie mich. Da bin ich schon den alten NEW TROLLS mit Sachen wie ´Aldebaran´ verfallen, wo yachtige Leichtigkeit mit üppiger Schmusemelodik zusammenfließt. BANCO sind da wieder zu BANCO geworden, wie sie sich Anfang der 80er in ihren Popjahren nannten. Sie haben verwinkelte Songs gegen hymnischen, schmachtende und auch coole Rock- und Popsongs getauscht, die fast ein wenig zu perfekt produziert und irgendwo total unsexy sind.

Dafür hab ich 30 Euro ausgegeben? Bevor das Herz blutet, zwinge ich mich, die positiven Seiten des Albums zu sehen und zu hören. Einzelne proggige Ausbrüche mit Keyboardsoli lassen zumindest hier und da die frühere kompositorische Genialität durchblicken. Dann haben aber auch Popballaden und geschliffene Radiorocknummern hier eine sehr eigene Atmosphäre. Soft zwar und eingängig fallen sie aus, aber da ist eine Tiefe in den Stücken, die dieses neue Album hör- und fühlbar macht. Und es fühlt sich gut an.

80er PINK FLOYD und OLDFIELD sind der Band sicher nicht fern und auch wenn Pop hier die Oberhand behält, so ist es edler, immer auf Substanz basierender Pop. Und ja, BANCO sind da in einer eigenen Welt. Die Platte ist entsprechend zwar gut konsumiert, hält aber auch länger vor.

Mir macht sie in Phasen der Entspannung echt Freude, auch wenn sie nur eine gute Poprockscheibe darstellt, die nicht für Proggies gedacht ist. Deswegen eine gute Bewertung, ohne revolutionäre Bedeutung.

(7,5 Punkte)

https://www.facebook.com/BancoDelMutuoSoccorso.Official/

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"