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HELMET – Left

~ 2023 (Ear Music) – Stil: Alternative Metal/Post-Hardcore/Noise Rock ~


Die Geschichte der New Yorker Post-Hardcore/Alternative Metal-Band HELMET ist zutiefst faszinierend. Groß geworden beim Noise-Rock-Premium-Lieferant „Amphetamine Reptile“, wurden sie bereits in den frühen 90ern dank des Post-„Nevermind“-Goldrauschs von einem Major-Label aufgegriffen, passten aber trotz Soundanpassungen nie so richtig in die Alternative Rock-Box.

Ihr heruntergestimmter, mechanischer und kolbenartiger Groove-Riffing-Stil wirkte allerdings geradezu wie ein Katalysator für das, was ein paar Jahre später zum „Nu Metal“ werden würde, und nach fast 35-jährigem Bestehen und neun Studioalben ist HELMETs Profil weit von dem entfernt, was ihr Vermächtnis eigentlich verdient hätte.

´Meantime´ ist zweifellos nach wie vor eines der besten Crossover/Alternative Metal-Alben aller Zeiten, und ´Left´ erinnert genau an diese glorreichen Tage und prägt erneut die Zukunft des gesamten Genres, das wir in all den Jahren kennen und zu lieben gelernt haben. Das Album enthält jedenfalls einige der einprägsamsten, treibendsten und zugleich komplexesten Riffs des Jahres sowie eine breite Palette an Sounds.

 

 

Page Hamilton legt beim fesselnden Album-Opener ´Holiday´ seinen Gesang mit einer erhebenden Melodie über sein typisches Drop-D-Riffing, bevor er in einen Mike Patton-artigen Stil wechselt, und das Stück entwickelt sich wutentbrannt zu einem einzigartigen Kraftpaket aus Schlagzeug und Bass, das schließlich in schwindelerregenden Gitarrensoli explodiert.

Das folgende ´Gun Fluf´ ist nicht weniger ein Geniestreich, und nach einem rollenden, perkussiven Intro brechen diesmal stechende Gitarren aus, wobei Hamiltons Gesangsstil eine Kurt Cobain-Aura kanalisiert – und der Song entwickelt sich zu einem Ohrwurm ganz und gar im NIRVANA-Style, mit wunderschönen Hooks und einem mitreißenden Refrain.

´Make Up´ zeigt schließlich die melodischere Seite HELMETs, mit einem langsamen, dreckigen Riff, das den Schwung von Hamiltons Prosa mit bedrohlichen Gitarrenpartien immer wieder ausgleicht, während ´Big Shot´ eine gehörige Portion ALICE IN CHAINS-Grunge mit den frühen Post-Hardcore-HELMET vereint.

´Dislocated´ legt dann los wie ein stampfender MELVINS-Koloss, mit einem massiven Riff und einer tiefen Drum-Line, die die Sinne erschüttern, wobei Hamilton mit seinem manischen, kreischenden Gesang noch nie so nervenzerfetzend geklungen hat.

Beim mit üppigen Streicharrangements versehenen und von einer vorherrschenden, vom Blues beeinflussten Slide-Gitarre dominierten ´Tell Me Again´ hört man schließlich eindeutige SMASHING PUMPKINS-Vibes heraus, während ´Powder Puff´ mit seines teils funkigen Riffs in einer krachenden Bridge endet, die einen Hauch von SOUNDGARDEN verströmt.

´Left´ braucht zweifellos mehrere Umdrehungen, um es in seiner ganzen Genialität zu erfassen, und HELMET gelingt es nach rund 30 Jahren und ihrem letzten Meilenstein ´Betty´ nun endlich einmal wieder, ein vollends überzeugendes, wirklich umwerfendes Album zu präsentieren, das den ursprünglichen Sound der Band verkörpert und ihn dabei in die Gegenwart übersetzt. Neben METALLICA für mich das Comeback des Jahres!

(9,5 Punkte)

 

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Pic: Raz Azraai