MeilensteineVergessene Juwelen

TRIDDANA – Rising From Within

~ 2018 (Privatpressung) – Stil: Celtic/Power Metal ~


Manchmal ist die Welt komisch. Grad die Welt der schönen Musik. 2018 bis 2023 ist eine lange Zeit. Aber es hat seine Gründe, daß ich erst jetzt ein Review zu diesem Album schreibe. Das erste TRIDDANA Albumreview auf dem SAITENKULT überhaupt, wie ich mit Erschrecken feststellen musste.

Irgendwann nach dem 2008er Meisterwerk ´Beheading the Liars´ haben sich Tausendsassa Sänger Diego Valdez, Gitarrist JJ Fornés, welcher seit 2015 und somit auf dem vorliegenden Album auch den geilen, charismatischen Gesang übernimmt, sowie Dudelsackspieler Pablo Allen von Emilio Soutos SKILTRON losgesagt, übliche unschöne Themen. Bis 2011 fanden sie zusammen Mitstreiter für eine genau dort anknüpfende Band, TRIDDANA. Und das wusste ich auch, aber irgendwie wird bei mangelndem Albumvertrieb und zu wenig Taschengeld so manch großes Stück Musik schlichtweg so obskur, dass es an einem vorübergeht.

11 Jahre zogen ins Land vom Debütalbum an, dem noch zwei folgen sollten. Ich war inzwischen kein mittelloser Tonträgerfachverkäufer mit asozial niedrigem Gehalt für Vollzeit aus einem szenebekannten Plattenladen und -versand aus einer norddeutschen Kleinstadt mehr, sondern ein gut betuchter Security Mitarbeiter und der Chef kam auf die Idee, bei einem kleinen Festival in Mittelholstein namens „Ackerbrand“ die Sicherheitsaufgaben zu übernehmen. Also für mich war klar, Bühnengraben.

Die Musik war fein, das Wetter in Ordnung und einige liebe alte Freunde tauchten auf, mit denen man einen Plausch hielt. Einer stellte mich dann später einer freundlichen und sehr enthusiastischen jungen Dame vor, deren Rock in typisch schottischem Tartan Stil sie als Fan der Celtic Metaller TRIDDANA auswies, die an jenem Abend den Co-Headliner Posten übernahmen. Nach einer guten halben Stunde, worin sie mich über die Vorzüge TRIDDANAs gegenüber der Mutterband SKILTRON aufklärte, hab ich dann den Auftritt erleben dürfen und auch wenn man die Augen im Publikum haben musste, um allzu ausschweifenden Pogotanz zu unterbinden, am Ende hatte das Fest ja durchaus eine gutbürgerliche Note und entsprechend gesittetere Gäste zwischen den Wildsäuen…Pardon…Berliner Löwen mit ungezügelterem Tanzverhalten, die Jungs auf der Bühne hatten mich.

Wochen später eine Facebook Nachricht. Die Dame vom Festival stellt sich als Annie vor und erzählt von ihrer Schützenhilfe, die sie den TRIDDANA Boys leistet, hier in Deutschland Fuß zu fassen. Und wenige Tage danach hab ich halt diese CD im Briefkasten und eine neue Heavy Metal-Waffenschwester fürs Leben.

Weil ich schönen Damen halt keine Wünsche abschlagen kann und mich die Band live ja durchaus überzeugt hat, ich zudem mit der 15 Jahre alten ´Beheading The Liars´ von SKILTRON eine meiner Lieblingsplatten des ersten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert gefunden hab, wird die 2018er TRIDDANA-CD in den Player geschoben und das SAITENKULT, was diese Band angeht, reviewtechnisch defloriert.

Einige Sekunden ruhiger Klang explodieren in ein Riff aus Gitarre für den rhythmischen Background und Dudelsack für die Melodien im typisch keltischen Stil hinein. ´Dare To Tame Me´ heißt der automatisch die Faust in die Luft ziehende Heavy Metal-Kracher. Der Refrain ist einfach, eindringlich und mitreißend, die Gitarrenläufe geradeaus und die Mischung aus keltischen Elementen und melodischem Metal schlichtweg explosiv. Eine kurze Hymnenpassage mit „Ohoho“ Chor auf zurückhaltendem Fundament vor dem letzten Refrain steigert die Spannung.

´When Horizons Blaze´ hiernach setzt als Hauptinstrument der Folkelemente die Tin Whistle ein und neben fetten Heavy Metal-Riffs wiederum tolldreiste Refrains und Melodien zum Durchdrehen perfekt in Szene. Die Verwendung von Folkinstrumenten kam erst mit den 90ern in den Metal, die Melodien sind so klassisch 80er, dass ich förmlich den Drang verspüre, über die Hügel und weit fort zu rennen, draußen auf den Feldern zu toben und bei aufstrebendem Donner an die wilde Grenze zu gehen. Kenner verstehen mich.

´Raging Fire´ bietet stilistisch sicher keine Variation. Im Grunde ist das ganze Album wie aus einem Guß. Heavy Metal mit Melodie und Celtic Folk treffen sich, umschlingen einander in leidenschaftlicher Weltvergessenheit und brennen lichterloh. TRIDDANA sind Meister des soliden Songs, der geradeaus in die Seele des Hörers stürmt, wie eine wilde Bande schottischer oder irischer Rebellen auf die englischen Besatzer losprischt. Aber es sind die dichten Arrangements und kleinen melodischen Akzente der Gitarren und Folkinstrumente, die diesen Sound so packend machen. Und ein Song wie ´Stray From The Path´, dessen Refrain sich live in mein wildes Herz brannte und mir nun ein schönes Wiederhören beschert ist bestes Beispiel. Gary Moore, möge er in Frieden ruhen oder ewig mit den Túatha Dé Danann musizieren, wäre mächtig stolz auf diese Kapelle.

Es kommt bei mir aufgrund der Fülle meiner Plattensammlung selten vor, daß eine CD auf Dauerrotation geht. TRIDDANA haben das locker geschafft. Diese Atmosphäre der Songs ist unglaublich. Du fällst aus der tristen Realität in eine dunkle Szenerie hinein, wo um riesige Lagerfeuer Gruppen von in schottische Muster geschürzte wilde Männer und zauberhafte, feurige rothaarige Frauen die Hügel des britischen Nordens mit lustvoll vollzogenen Tänzen und inbrünstig geschmetterten Liedern erfüllen. Und sie nehmen Dich in ihre Mitte als Deine Brüder und Schwestern, als Deine spirituelle Familie, die immer an Deiner Seite steht, wenn Du nach ihr rufst.

Die Rockballade mit Dudelsack und Bombastarrangement namens ´The Light You Left Behind´ unterbricht irgendwann den Fluss des feurig brodelnden Tanzvergnügens, aber auch sie hält sich an klassische 80er Jahre Muster und man könnte fast böse behaupten, hier würde sowohl bei Moore, als auch bei Oldfield geklaut, was nicht niet- und nagelfest sei. Was gebe ich darauf? Lässt sich Musik neu erfinden? Ach was. Lässt sich aus althergebrachten Zutaten ein Hochgenuss zaubern? Darauf könnt Ihr Eure Hintern verwetten.

´Blind Hope´ gibt mir blinde Hoffnung für diesen klassischen und folkig aufgepeppten Celtic Heavy Metal und bei aller Traditionsverliebtheit ist das eben die ewig beste Musik für meine Ohren. Meine ewige Nummer 1, die Spanier MÄGO DE OZ mit ihrem Mammutwerk ´Finisterra´ und meine ewige Nummer 2, die Iren CRUACHAN mit ihrem grantigen ´Tuatha Na Gael´-Debütalbum schubsen TRIDDANA recht sachte an, aber definitiv nicht vom Thron herunter. Und doch sind sie gute Kriegersleut im Dienste des Celtic Metal.

Bei ´Pages In The Past´ zeigen sie modern poppige, aber verspielt und leicht proggig inszenierte Elemente, die nochmal eine weitere Facette ihrer Kreativität zur Schau stellen. Und das wirkt. Ich mag die moderne Progschiene und den alten 80er Melodic Metal gleichsam, sind denn die Songs Knaller. Bei TRIDDANA treffen sich die Geister der Altvorderen und der Moderne und verschmelzen zu machtvollen Klangeruptionen.

´Along The Crooked Road´ beginnt als regulärer Celtic Folk-Rock in eher akustischem Gewand, verwandelt sich aber rasch in ein kräftig rockendes Instrumentalmit Hymnencharakter, bevor es zum Ende hin wieder klassisch wird. ´Our Time’s Coming´ ist nicht nur ein sehr optimistischer Titel, sondern auch ein toller Heavy Metal-Knaller zum Abschluss des Albums. Eine letzte Hymne für die brennende Seele.

Der Sound des Albums ist klar, natürlich und kraftvoll. Sogar die elektronischen Spielereien klingen da echt und lebendig. Die Performance hat ebenfalls diese vibrierende Energie des Lebens in sich. Man kann auch bei diesen für mich oft nebensächlichen Aspekten sagen, daß TRIDDANA hier klotzen.

Und was live beim Ackerbrand Festival für Momente voller Magie sorgte, wird auf Scheibe durchgezogen ohne mit der Wimper zu zucken. Danke, Annie, für den Anschubser. Ich bin jetzt Fan. Die Band wird, in schāʾa ʾllāh, bald die Szene in Europa erobern. Was nach über zehn Jahren auch mal verdient wäre. Wacken, Wackinger Stage, Samstag 19:30 Uhr wäre angebracht, die Herren Hübner und Jensen.

Probiert mal www.facebook.com/triddana für die Kontaktaufnahme und https://triddana.bandcamp.com/music, um an CDs zu kommen. Lohnt sich…

(9 Punkte)

 

https://www.facebook.com/Triddana