Livehaftig

CZAKAN – Release-Party

~ 13.04 2023, Joe’s Rock Bar, Heidelberg ~


Vor ein paar Tagen erreicht mich eine Einladung. CZAKAN feiern den Release ihres zweiten Albums. Und ich darf dabei sein, wenn sie ´UnReal´ ihren Fans vorstellen. Also wird das Bündel geschnürt. Zusammen mit einem Kollegen des „Break Out“-Magazins machen wir uns auf den Weg nach Heidelberg. Ort des Geschehens ist eine kleine, eigentlich gemütliche, Kneipe im Süden der Stadt am Neckar. Vor 30 Jahren hätte ich den Laden abgefeiert. Heute finde ich es gelinde gesagt befremdlich, dass man, wieder daheim, „müffelt wie ein alter Aschenbecher“. So zumindest hat es meine Gattin beschrieben.

Als Chris und ich die Bar betreten, gibt es schon die erste Überraschung. CZAKAN sind zu dritt anwesend und machen einen kleinen Soundcheck. „Ja“, so sagt Sänger Michael Schernach, „irgendwie haben wir uns überlegt, wir könnten auch was live spielen. Allerdings können heute nicht alle dabei sein. Also haben wir drei Lieder ohne Strom arrangiert.“

Die folgende Zeit wird für Small Talk genutzt, ehe zur Einstimmung der hauseigene DJ das Debüt ´State Of Confusion´ auflegt, das eben erst neu aufgelegt wurde. Dazu darf man auch die alten Video-Clips bewundern. Ein wenig sehen die gastgebenden Musiker ja schon peinlich berührt aus bei der Betrachtung etwa von ´So Cold´.

Danach wird es ernst. Neben dem Sänger bauen sich Gitarrist Oliver Guettinger (kurz auch OG genannt) und Viersaiter Frank Schratt auf. Und dann darf ich, endlich, den ersten neuen Song hören, wenn auch etwas „nackert“. Dafür aber schön. ´She Is A Woman´ klingt hier recht balladesk, die Albumversion dürfte doch etwas rockiger ausfallen. Danach dürfen wir uns an einem Song von Debüt ergötzen. ´Too High To Touch´ bekommt ebenfalls eine sehr beruhigte Version. Dafür beweisen CZAKAN danach mit dem zweiten Neuling ´Get Down`, auch unplugged kann man heftig abrocken.

 

 

„Wir freuen uns, dass Euch gefallen hat, was wir Euch spielten.“ So werden Zugaberufe beantwortet. „Aber jetzt sind wir neugierig, wie Euch das Album gefällt.“ So bekommen nun die Anwesenden die Möglichkeit, ´UnReal´ erstmals am Stück zu genießen. Für mich etwa sind alle Lieder neu, da ich Vorabsingles bewusst meist nicht anhöre, um das Album komplett zu genießen. Was soll ich zum ersten Eindruck sagen? Es ist ein starkes Album. Auf der einen Seite finde ich, dass man die gut 30 Jahre nicht hört, die seit dem Debüt vergangen sind. Dabei klingen die neuen Lieder aber auch weder altbacken noch vorgestrig. Im Gegenteil, man erwischt sich beim Füßewippen und Kopfnicken. Natürlich, bei 14 Liedern am Stück, sind ein paar Eindrücke zu viel. Aber etwa ´Masquerade´ hat die Chance, länger in meiner Playliste zu verweilen.

Diese Rückmeldung freut Frank natürlich, als wir kurz später uns austauschen. Und natürlich gibt es auch Dinge, die mich interessieren. Zum Beispiel, warum es damals zu so einer langen Pause kam. Denn die Jungs wirken nicht, als ob sie je Streit hätten haben können.

Michael: Ich selber kann ja in erster Linie nur für mich sprechen. Einflüsse von Dritten, wie z.B. unserem damaligen Produzenten Bornemann / Horusstudio haben mir zumindest als Sänger damals die Angelegenheit nicht gerade leicht gemacht. Ich kann mich erinnern, dass ich im Studio zu ihm auch mal gesagt hatte, dass ich nicht glaube, die Sache zu seiner Zufriedenheit hinzubekommen. Er hat mich immer forciert, im Studio meine Stimme in überaus großem Maße zu verstellen, im Gegensatz zu meiner Idee vom Singen. Immer hatte ich mit so einem „kehligen“ Grundsound zu singen. Ich weiß eigentlich heute gar nicht, weshalb ihm das so wichtig war? Es gibt ja ne Menge Sänger, die geil in Rockbands auf cleane Art und Weise singen, wie z.B. Bobby Kimball oder Geddy Lee oder Francis Rossi.

Wenn ich die CD ´State Of Confusion´ von damals höre, stört mich das heute zum Teil leider immer noch. Besonders zu hören ist es auf ´High Speeder´. Mich hat das furchtbar angestrengt und ich habe mich super unwohl dabei gefühlt, da ich eigentlich von Haus aus mit relativ reiner Stimme singe und auch genau so gerne singen möchte! So wie Du es auch auf der aktuellen ´Unreal´ nachhören kannst.

So war also mein großes Sänger-Ego ein bisschen angeknackst, und ich habe auch nicht mehr so richtig selber an mich geglaubt, da ich ja eigentlich die positiven Ergebnisse aus unserem Proberaum im Ohr hatte und dachte, ich dürfe so sein und bleiben, wie ich eben stimmlich nun mal klinge. Nach außen hin war bei mir breite Brust, aber nach innen hin in dieser Angelegenheit zartes Singvögelchen. Das war leider so ein negativer Impuls für mich, dass ich mich bei den anderen gemeldet habe und gesagt hab, ich bin raus aus der Nummer.

Aus heutiger Sicht glaube ich eigentlich, dass wir das alles hätten gemeinsam hinkriegen können, das war aber leider nicht so! So gingen wir danach für sehr lange Zeit unsere eigenen musikalischen Wege. Aber eigentlich wollte ich gar nicht so viel über die Vergangenheit von CZAKAN berichten, denn die ist ja leider nicht mehr zu ändern. Ich freu mich total darüber, dass wir nochmal eine Chance gekriegt haben, es jetzt, mit dem, was wir alle 5 nun wissen, 2023 besser zu machen !

Und wie kommt es, dass Ihr jetzt wieder zusammengefunden habt? Hatte da der Zufall die Hände im Spiel, oder wer hat nachgeholfen?

Michael: OG hat mich im Januar ´22, also während der noch restriktiven Corona-Phase,  per E-Mail angeschrieben und so den ersten Kontakt nach 33 Jahren hergestellt. Unglaublich – er meinte, dass er es schön fände, wenn ich mich bei ihm mal melden würde, was ich dann auch getan habe! So kam das Ding wieder ins Rollen.

Wie schwer ist es gefallen, wieder zusammen zu arbeiten? Oder lief alles wie am Schnürchen, als wäre nie was gewesen?

Michael: In OGs GreenBox-Studio lief es geschmeidig und easy. Ich bin meist am Wochenende für eine Vocalsession zu ihm gefahren und dann haben wir jeweils einen Titel in ca. 3 bis 4 Stunden inclusive Chöre und Harmoniestimmen aufgenommen. Zudem habe ich, was die Vocals betrifft, auch bei mir zu Hause Recordings gemacht und diese dann an OG geschickt, so dass wir zeitliche Engpässe auch mal so gut bewältigt haben. Gegen Ende dann, also Februar 2023, wurde es zeitlich stressig, wegen dem Abgabetermin für unser Label „Pride & Joy“.

Die andere Seite der Geschichte ist die Vorbereitung auf Gigs mit gemeinsamen Proben. Das ist wirklich viel und harte und  zeitaufwendige Arbeit. Wir mussten schon ne Menge proben und haben natürlich noch einige Proben vor uns, um die Sache anständig und tight hinzukriegen. Immerhin stehen ja schon einige Warmup-Gigs ab Juni 2023 im Kalender. Dabei spiele ich live auch E-Gitarre und die anderen Jungs müssen Backings mitsingen. Also viel zu tun, bringt aber auch total viel Spaß!

Habt Ihr in der langen Pause anderweitig Musik gemacht? Oder gar nicht?

Michael: Ja, haben wir! OG hat einige Coverbands am laufen, mit in der Szene bekannten und tollen Musikern wie z.B. Markus Kullman und Hagen Grohe, Randy hat bei einer Coverband namens WHISKEYBOYZ getrommelt. Tom war sehr lange on the Road als Livemischer mit etwa den TOTEN HOSEN. Ich hab unter anderem mit Andreas Susemihl und seiner Band ROCK&ROLLINGER Gigs vor STATUS QUO und NAZARETH gespielt, aber auch mit diversen Coverbands beispielsweise auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer.

 

 

Frank: OG und ich haben nach CZAKAN noch zwei Jahre mit BACKBONE SLIDE weitergemacht und haben noch im Vorprogramm von den RIVERDOGS eine dreimonatige Tour durch Europa gemacht.

Die letzte Frage, Euer Drummer ist ja Segler und bringt Boote von A nach B? Aber ich weiß, dass Du Frank, auch beruflich mit Wasser zu tun hast. Oder wie kommt es, dass Ihr noch eine Schifffahrt plant?

Frank: Ja, wir planen tatsächlich im Herbst eine Tour auf dem Schiff zu machen. Wir könnten etwa in Stuttgart starten und dann jeden Abend in einer anderen Stadt vor Anker gehen und ein Konzert an Bord spielen. Wir sind diesbezüglich hier in Heidelberg mit der Weissen Flotte im Gespräch, bei der ich auch als Matrose arbeite.

Das ist ja mal eine grandiose Idee. Dafür braucht es dann noch nicht einmal ein Piratenimage. Davon ab, ein Besuch in Heidelberg lohnt sich immer. Wenn Ihr dann am Neckarufer einen schon etwas silbrigen Langhaardackel entdeckt, der das Deck eines Schiffes schrubbt, ist die Chance recht groß, einen sehr musikalischen Schiffsjungen anzutreffen.

Kurze Zeit später, um Mitternacht, wird noch der Release-Tag eingeprostet. Keiner der Anwesenden verschwendet einen Gedanken an METALLICA, deren Album auch heute erscheint. Dafür ist ´UnReal´ einfach zu gut. Bevor alle weg sind, werden noch ein paar Fotos gemacht. So soll dieser Abend sowohl Band als auch Fans in Erinnerung bleiben. Als Triumphzug, ein kleiner zwar, aber ein Triumphzug. Schön dabei, dass auch relativ viele Leute anwesend sind, die jünger sind als die Musiker, die im Mittelpunkt stehen. Das bedeutet nämlich auch, dass Rockmusik so schnell eben noch nicht stirbt.

Ich glaube nicht, dass extra erwähnt werden muss, das neue Album aus dem Hause CZAKAN läuft seit ein paar Tagen im Dauerlauf in meinem Player. Mit ´UnReal´ liegt ein weiteres Highlight im melodischen Rock und Metal Sektor vor. Da gab es dieses Jahr schon einige. CZAKAN können aber weiter vorne mitspielen. Und scheinbar hatten sie keine Mühe. 8,5 Punkte sind von meiner Seite locker drin. Ihr könnt aber auch noch Michaels Meinung auf unseren Seiten nachlesen.

 

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