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WESTFALEN – Westfalen

~ 1985/2021 (Lost Realm Records) – Stil: Heavy Metal ~


Das Abenteuer WESTFALEN beginnt bereits 1975. Die Brüder Julien und Leon Klawitter gründen im jugendlichen Alter eine Blues- & Hardrock-Formation. Doch nach zwei Jahren entscheiden sie sich, Julien vom Mikrofon zu befreien und einen Sänger zu engagieren, den sie in George Pannemans finden. Er wird der Patron sein, der den Namen WESTFALEN in die Welt tragen und ihn bis zum Ende in Ehren halten wird.

Das Line-up ist allerdings über die kommenden Monate und Jahre äußerst unbeständig. Etwas Stabilität kommt zumindest mit einer Besetzung anno 1983 auf: George Pannemans (Gesang), Roger Grossard (Bass), Otto Marsili (Gitarre), Jack Parmens (Gitarre) und Chris Willems (Schlagzeug).

Durch George Pannemans‘ aufopfernden Einsatz erhalten WESTFALEN schließlich einen Plattenvertrag bei „Antler Records“ und nehmen in den „Ace Studios“ von Aartselaar-Antwerpen ein im Jahre 1985 publiziertes Mini-Album auf, das bis heute bei Liebhabern von ACCEPT bis ADX und KILLERS über einen Ehrenplatz verfügt.

Enthusiastisch gehen WESTFALEN nach der Veröffentlichung in Belgien und Deutschland auf Tournee, doch die aufkommenden Meinungsverschiedenheiten über die zukünftige musikalische Ausrichtung fügen einen gehörigen Riss in die Truppe. Die Trennung aller Bandmitglieder ist die unabwendbare Folge.

Erst im Jahr 2012 kommen WESTFALEN nochmals auf dem „Metal Legacy Festival“ im Line-up der Mini-LP zusammen. Mit dem überraschenden Tod von George Pannemans am 29. Mai 2015 werden auch WESTFALEN endgültig zu Grabe getragen.

Denn nach der Trennung im Jahr 1986 versucht allein George Pannemans, mehr oder minder erfolglos, die Flamme von WESTFALEN am Brennen zu halten. Roger Grossard, Otto Marsili und Chris Willems gründen hingegen 1986 SHOAN und Jack Parmens mit ex-WESTFALEN-Schlagzeuger Roberto Rossi die Gruppe ADVANCE. Die als Randnotiz der Bandgeschichte von WESTFALEN kurzzeitig ebenfalls zum Line-up zählenden Gitarristen Benito Boccasile und Clarence Akkermans sowie Bassist Johan Westhoven heben LIONS PRIDE aus der Taufe.

2021 präsentieren „Lost Realm Records“ eine offizielle Wiederveröffentlichung der WESTFALEN-Mini-LP auf einem Silberling sowie auf Vinyl. Endlich erblickt auch Belgiens Kult-Combo der Achtzigerjahre wieder das Licht der Welt. Die fünf Songs der Mini-LP werden dabei um vier Live-Aufnahmen vom 2012er „Metal Legacy Festival“ in Genk erweitert und somit fein abgerundet.

Bereits im hyperschnellen ´Devil’s Race´ krallen sich die Nieten in das Fleisch, um mit dem einsetzenden Schmerz alle Emotionen zu wecken, die aufkommen, wenn die Gitarren jaulen und den WESTFALEN-Tiger rauslassen („Don’t you try to stop me, better step aside. Let the tiger running free.“). Im Anschluss muss der ´Starfucker´ tatkräftig skandiert werden („But you don’t have to be such a starfucker. No……!! Lousy…..!! Starfucker…..!!“) und auch ´Eagles Kingdom´ sowie ´(I Am A) Maniac´ („Night is black, dogs are barking. Panic rules the city.“) sind für Mittachtzigerjahre Metaller und ihren heiß geliebten, ursprünglichen Speed Metal ein Genuss, dem eben in dieser Darbietung seit einer Dekade die Jungen Wilden nacheifern.

Dass WESTFALEN 1985 mit der Faster-Harder-Fraktion nicht mithalten konnten und unzureichend wahrgenommen wurden, belegt ein weiteres tragisches Schicksal der Historie. Dass sie sich mit ihren mitreißend schnellen und harten Kompositionen hier nochmals live und in voller Pracht zeigen können, verschafft ihnen endgültig einen gebührenden Eintrag in die Geschichtsbücher des Heavy Metal.