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BLACK SABBATH – Technical Ecstacy (Super Deluxe Edition)

~ 1976/2021 (BMG) ~


Für viele bedeutete das siebte Werk von BLACK SABBATH den Anfang vom Ende. Andere sehen das Album in einem anderen Licht und schätzen es sehr, eben weil es zwar nicht mit den vorangegangenen Klassikern mithalten konnte, aber dennoch viel an erstaunlich gutem Material enthält. Ich zähle mich zur zweiten Kategorie. Das damals in Miami aufgenommene achtspurige Opus ist jedenfalls immer noch konsequent genug, um zu beweisen, dass die mächtigen SABS es nicht eilig hatten, ihren hohen Thron vorzeitig zu verlassen.

Warum aber klingt ´Technical Ecstacy´ im Vergleich zu ihrem vorherigen Output so anders? 1976 konnte die Band nicht einmal mehr ihren eigenen Anwälten trauen, eine große Unsicherheit machte sich breit, und sie hatten das Gefühl, dass ihr charakteristischer Sound wohl endgültig seinen Lauf genommen hatte. Tony Iommi wollte die Band weiterentwickeln und produzierte nun selbst, vor allem um die eher dürftigen Verkaufszahlen vom 1975er Album ´Sabotage´ zu toppen.

 

 

Also haben BLACK SABBATH eben auch einige neue Dinge ausprobiert, und neue Einflüsse, etwa von den BEATLES, KISS oder FLEETWOOC MAC, flossen nun zusätzlich in ihren Sound mit ein, wobei speziell ´It’s Alright´ sich hervorragend zwischen einigen Lennon- und McCartney-Songs behaupten würde. Der verstärkte Einsatz von Synthesizern und anderen Progressionen verleiht dem Werk zudem eine Art Soundtrack-Feeling.

´Back Street Kids´ legt jedoch gleich los als ein ungemein dicht klingender Rocker, der mehr mit THE WHO gemeinsam hat als mit traditionellem Metal, und Wards Schlagzeug sowie Iommis Gitarrensound bestechen hier in einer Mischung aus sowohl klassischem als auch progressivem Feeling.

´You Won’t Change Me´ hingegen, beginnt wie ein trauriges Klagelied, und das Riff hat fast schon Treibsandqualitäten, während die Keyboards dahinter einfach nur stöhnen und stöhnen und stöhnen. Ein alles in allem solider Rocksong, fast sieben Minuten lang.

Auf die bereits erwähnte BEATLES-Hommage folgt mit ´Gypsy´ schließlich ein Stück in gewohnter SABBATH-Manier, völlig im Glanze ihres bisherigen Ruhms, das auf einer Plattform aus robusten, rollenden Drums und aufgewühlten Riffs aufbaut.

Geezer Butler tritt anschließend beim bluesigen ´All Moving Parts (Stand Still)´ in den Vordergrund, und sein dominanter Bass federt durch diese Nummer wie eine Schlange durch den Wald, während ´Rock ’n‘ Roll Doctor´ wiederum wirbelnd und old-schoolig durch die Boxen kracht.

Das mitreißende ´She’s Gone´ ist eine weitere nachdenkliche Ballade, wobei die Streicher Osbournes Stimme besonders stark liebkosen, bevor mit dem epischen ´Dirty Women´ eines der klaren Album-Highlights wie unter einem Felsbrocken hervorkrochen kommt. Der Song beschwört Bilder vom Vorgängerwerk ´Sabotage´ herauf und wie sich Ozzy nach einer straßenwandelnden Femme Fatale sehnt.

Die remasterte Deluxe-Version erscheint als 4-CD- bzw. 5-LP-Box und ist eine willkommene Ergänzung für die Sammlung eines jeden Musikliebhabers. Aber das wahre Schmuckstück dieser Kollektion ist zweifellos der neue Mix von Steve Wilson (PORCUPINE TREE), wobei nun jedes Mitglied von BLACK SABBATH für seine eigene Brillanz ganz genau herauszuhören ist. Der Bass-Schnörkel von Butler sitzt perfekt im Mix, ohne dass er Wards sehr technischer Percussion auf die Füße tritt. Das Stereo-Phasing von Osbournes Gesang neben dem Synthesizer ist perfekt und der Mix passt insgesamt einfach nur ganz hervorragend zu Iommis Gitarrenarbeit.

Neben den beiden Remasters ebenfalls enthalten ist ein Live-Album, mit einer Auswahl der World Tour 1976-77 sowie Alternative-Mixes und Outtakes.

(8 Punkte)


Pic: Sam Emerson