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GOV‘T MULE – Heavy Load Blues

~ 2021 (Concord) – Stil: Blues ~


Es war nur eine Frage der Zeit, bis Workaholic Warren Haynes, prominenter Gitarrist und Retter der THE ALLMAN BROTHERS BAND mit seiner bewährten Formation GOV’T MULE auch auf die Idee kommt, die reichlich vorhandenen Blues-Schätze zu covern. Die Frage ist, war das notwendig? Bei der Flut an Blues-Cover-Alben?

Nun, natürlich gibt es keine Zweifel, dass Warren und seine Band hierzu eine klare Berechtigung haben, denn an Authentizität und Blues-Gefühl fehlt es weder vom Gitarrenkönnen noch gesanglich. Auf den auf ´Heavy Load Blues´ enthaltenen 13 Songs sind nicht nur Blues-Klassiker, sondern auch Eigenkompositionen, die sich ins bluesige Bild gut einpassen. Warren betont auch, dass dieses Album ein reines Blues-Album ist und schon seit Jahren ganz oben auf seinem Wunschzettel stand. Im Gegensatz zu den ALLMAN BROTHERS und GOV’T MULE, wo seit dem gleichnamigen starken Debüt im Jahr 1995 vor allem Southern Rock-Elemente, teilweise sogar Hard Rock in den Blues-Rahmen integriert wurde, ohne ihn zu sprengen. Aber letztendlich ist irgendwie alles Blues ohne hier musikhistorisch mit dem Zeigefinger drohen zu wollen. Glaubt es einfach!

Im Falle von ´Heavy Load Blues´ gilt das Motto: „weniger ist mehr“. Die Scheibe wurde praktisch live im Studio eingespielt und man verzichtete auf neues, digitales Equipment zugunsten antiquierter Instrumental- und Studiotechnik. Das höre ich auch deutlich, nix von Hochglanz und Sauberkeit, die nicht nur bei bestimmten Spülmitteln, sondern auch als „Spielmittel“ von Möchtegernebluesern und -blueserinnen immer wieder verwendet werden. Beim Geschirr ist das erwünscht und erlaubt, beim Blues geht das allerdings gar nicht.

Und wer die singende Gitarre auf ´Wake Up Dead´ hört, wird schon gar nicht mehr die Frage der Sinnhaftigkeit stellen, den Warren ist einfach ein technischer und gefühlvoller Meister der E-Gitarre und auch gesanglich auf dem notwendigen hohen Niveau. Trotzdem bleibt es schwer, die Flut der Veröffentlichungen von Warren einigermaßen zu bewerkstelligen. Gottseidank reicht mir ein kleiner Ausschnitt seines umfangreichen Repertoires an Studio- und insbesondere Live-Veröffentlichungen. Aber darum geht es hier nicht.

´Love Is A Mean Old World´ kommt als Heavy Blues mit verzerrtem Gesang. ´Snatch It Back and Hold It – Hold It Back – Snatch It Back and Hold It´ klingt dann wirklich wie in den 50ern/60ern und ist ein Junior Wells-Titel, der durch eine spontane Orgeljam und Gitarrensoli erweitert wurde. Songs wie ´Ain’t No Love In The Heart Of The City´ sind natürlich schon sehr bekannt. Wurde dieser doch in den schon lange zurückliegenden Glanzzeiten sehr stark von David Coverdale und seinen WHITESNAKE interpretiert. Die hier vorliegende Version kann dem Adrenalin-Rock der frühen WHITESNAKE auch nicht so richtig Besseres entgegensetzen. Der Boogie-Blues mit Harmonika bei ´(Brother Bill) Last Clean Shirt´ oder das akustische ´Heavy Load´ klingen da deutlich frischer. Bei ´If Heartaches Were Nickels´ gibt es klassischen, gefühlsvollen Slow Blues.

Am königlichen Gesang von Blues-Ikone HOWLIN‘ WOLF kann man sich natürlich nur verheben. ´I Asked Her For Water (She Gave Me Gasoline)´ ist aber einfach ein starker Titel und hier ziemlich frei interpretiert und mit anderen musikalischen Einflüssen gemischt. Sehr heavy zu Beginn und dann auch funkig. Trotzdem ein Schatz, der schon lange wieder gehoben werden musste. Und wenn es nur dazu dient, dem guten HOWLIN‘ WOLF ein bisschen Airplay zu verschaffen, so dass ihn endlich mehr Menschen kennenlernen und wissen, weshalb manche Sänger niemals getoppt werden können.

Warren Haynes und seine Band sind einfach super. Da gibt’s nichts zu mäkeln und die Daseinsberechtigung stellt sich hier (im Gegensatz zu vielen anderen Veröffentlichungen der letzten Zeit, die ich aus Pietätsgründen ungenannt lasse) überhaupt nicht.

(8 Punkte)