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JAIL JOB EVE – Wildfire

~ 2021 (MiG Music) – Stil: Hardrock/Bluesrock ~


Eine kraftvolle Gitarre und eine gern gesehene Orgel sind das Markenzeichen viele Vintage-Rocker dieser Tage. Doch der Schweißgeruch längst vergangener Zeiten muss selbstverständlich obendrein aus allen Poren und Ritzen qualmen.

Ganz weit vorne in der Riege solcher Musiker stehen aktuell die BLUES PILLS als auch die RIVAL SONS. Die Osnabrücker JAIL JOB EVE spielen dagegen noch einige Lichtjahre entfernt auf der Karriereleiter in anderen Regionen. Musikalisch sind sie allerdings nicht weit von den Großmächten entfernt. Die 2013 gegründete Formation hat von ihrem Debüt ´The Mission´ bis zum neuesten Prachtwerk ´Wildfire´ nämlich eine gehörige Entwicklung durchlaufen. Dass die anfangs weitaus mehr dem Bluesrock verschriebene Formation dieses live eingespielt hat, spricht Bände für ihr Selbstbewusstsein und ihre Qualitäten.

Mit Fragen des Tagesgeschehens, bei den Rechten von LGBTQIA+ in der Gesellschaft oder dem omnipräsenten Klimawandel, bei dem Thema Female Empowerment (´Lost´) oder wenn es selbst nur um ein einfaches, aber entschiedenes „Nein“ einer Frau gegenüber einem Mann geht (´No Means No´), sind sie zudem offensiv unterwegs. Denn im Mittelpunkt von JAIL JOB EVE steht natürlich die famose Sängerin Victoria Semel, auch wenn insbesondere Gitarrist Benedikt Schlereth, aber auch Keyboarder Jens Niemann, Bassist Tim Becker und Schlagzeuger Josef Röhner allein der Gleichberechtigung wegen nicht vergessen werden dürfen.

 

 

Ein Rhythmusfeuer packt die hypnotische Wirkung schon zu den ersten jaulenden Lauten aus (´Down The Rabbit Hole´), drückend drehen JAIL JOB EVE ihre Runden und die Gitarre lässt sich treiben. Der Blues ist so heiß als würde ihn Jimmy Page anfeuern (´Hit Me With A Lightning´), doch der Gesang lässt jeden Alternative-Rock-Schuppen schäumen, erst recht, wenn die gesamte Truppe flink und wild wie ein junges Wiesel abgeht (´Mid-Flight´). Einmal sind sieben Minuten nur eine einzige Beschwörungsformel (´Wildfire´), ein anderes Mal die Umdrehungen ein einziger Anfeuerungsruf an die Menge vor der Bühne oder den Lautsprechern, sei es gesanglich (´Lost´) oder saiten-siedend-heiß (´Flying V´). Der Höhepunkt des Hypnoseversuchs breitet sich im letzten Drittel langsam zerfließend und in einem Feuerguss schmerzlich aufgehend aus (´Keep It Quiet´). Jetzt heißt es kämpfen (´Riot´): „Our body, our decision. A truth that no one tells. – A riot against our politicians, we didn’t ask for permission, we’re gonna give them, we’re gonna give them hell.“ Feuer, Feuer, die Erde brennt, ´Wildfire´ auf allen Kanälen und allen Kontinenten, doch JAIL JOB EVE stoßen auf einem fernen Planeten mit einem Dry Martini in der Hand und einer Kippe im Mund stilecht auf den Moment an.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/JailJobEve


(VÖ: 29.10.2021)