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THE VIRUS PROJECT – We Are The Virus (EP)

~ 2020 (Roll The Bones Records) – Stil: Power Metal ~


 

 

Es gibt hier für Euch genau drei Möglichkeiten:

a) Ihr habt keinen blassen Schimmer, was Ihr noch an Kleinigkeiten mit Herz unter den Weihnachtsbaum legen sollt.

b) Ihr hadert noch mit Euch, wann Ihr in letzter Zeit fetten, klischeelosen Powermetal mit starken Sängern gehört habt, seid aber absolut in der Stimmung und wollt auf keinen Fall enttäuscht werden.

c) Ihr wollt einfach was Gutes tun und Euch liegt die Zukunft der Clubszene am Herzen, in der ihr Euch stets zu Hause gefühlt habt und ohne die Ihr Euch kein Leben nach diesem Sauvirus vorstellen könnt.

In Anbetracht der Fülle an starken Veröffentlichungen scheidet a) dieses Jahr eigentlich aus und die Worte der Option c) habt ihr in den letzten Monaten bestimmt schon sehr oft so oder ähnlich gehört. Ihr supportet möglicherweise schon eine ganze Weile Bands und Locations, habt wie ich auch einen ganzen Stapel Konzertkarten für irgendwann oder nimmermehr zu Hause unfreiwillig, aber tapfer und gutmütig gebunkert und irgendwann muss man eben auch sein eigenes Konto im Auge behalten… Jeder muss für sich entscheiden, wie viel er geben will und kann, Prioritäten setzen und vielleicht auch die Infrastruktur in seiner Gegend bevorzugen – also lasse ich Euch die Freiheit und komme zu Punkt b):

Bei den vier Songs aus der Feder von Gitarrist Gregor Vogt handelt es sich keineswegs um einen Griff in die Restetonne des grandiosen, aktuellen GREYDON FIELDSAlbums – was aufgrund dessen Qualität auch nicht unbedingt übel gewesen wäre. Natürlich ist die grobe Grundrichtung riffpotenter Powermetal, dem durch Frank Stellmacher (GHOSTER) am Bass und Markus Siegemund (WOLFSKULL) an der Schießbude ordentlich Feuerkraft verliehen wurde.

 

 

Die Sahnekirschen auf der Stahltorte sind letztendlich die beiden Sänger Björn Gooßes (THE VERY END & HAKON) und Olaf Reimann (RA’S DAWN), die mit ihren beiden äußerst eigenständigen Organen ein abwechslungsreiches Freudenfest beim Fan entfachen. Wer die einzelnen Bands kennt, den wird es nicht verwundern, wenn diese Kollaboration von der Qualität, Atmosphäre, Power und den Melodien her in manchen Momenten gar an eine Band wie NEVERMORE erinnert und somit Pflichtprogramm für den Headbanger geworden ist.

Keine Angst, auch die Texte werden Eure Freiheit und Grundrechte in diesen Zeiten nicht einschränken, denn diese kann man zwar in Verbindung zur derzeitigen Situation bringen, sie lassen jedoch auch weitere, persönlichere Deutungen zu – bis auf die unmissverständliche Ansage gegen Intoleranz und Verblendung statt sachlicher Konversation und rücksichtsvollem Miteinander. Leider brauchen manche anscheinend nicht mal die führende Hand eines fehlgeleiteten, narzisstischen Staatsoberhauptes mit Scheuklappen, um einen Keil zwischen unsere Bevölkerung und im schlimmsten Falle sogar zwischen Freunde zu treiben.

Your course of action endangers all of us
And your denial will cause that we lose the fight
…and that’s why I laugh!

Die CD wurde in ein klasse Artwork von Björn (killustrations.com) eingetütet und jede einzelne Kröte, die Ihr oberhalb der 10er Marke auf Bandcamp springen lasst, geht an die Clubs FREAKSHOW, TUROK, DONT PANIC und CAFE NORD. Die Musiker sind sich darüber klar, dass dies kein Goldregen, sondern lediglich ein Zeichen von Euch sein kann, aber genau das ist in diesen Zeiten mindestens so viel wert wie das Lebenselixier Musik selbst für jeden von uns.

Ein Herzensprojekt wie dieses, welches dazu musikalisch noch so ein bärenstarkes Ergebnis geliefert hat, benötigt keine Wertung, sondern lediglich Eure Unterstützung.

Less Lessmeister

 

 

 

 

Ich will hier und jetzt nicht politisieren. Es geht mir auch nicht um Polemik, ich will aber festhalten, es gibt mehrere Arten mit der aktuellen Lage umzugehen.

Die Einen stelle sich hin, weinend, „die da oben“ machen „alles kaputt“. Wie Klein-Bodo damals im Sandkasten: „Mama, der Jens hat mich mit Sand beworfen…“ Oder, man zeigt Eier und sucht sich einen Weg durch die Krise.

Eine befreundete Buchhändlerin, die trotz geschlossenem Laden weiter Bücher handelte, sie nahm die Bestellungen einfach fernmündlich auf, oder per elektronischer Post. Die bestellte Ware deponierte sie abholbereit in ihrer Garage. Gastronomen verkaufen ToGo oder liefern gar bis an die Haustür. Clubs nutzen die Zeit für Renovierungen. Der Mannheimer 7er Club erweiterte die Bühne, das Colossaal in Aschaffenburg hübschte den Bachstagebereich auf. Auch wenn es kein wirklicher Ersatz ist für den normalen Alltag, es sind doch Dinge die Hoffnung machen.

Auch Musiker suchten sich neue Wege für ihr Tun. Die einen spielten Konzerte vor der Kamera, WOLFEN etwa oder TOXIC SHOKK. Die nächsten produzierten Clips aus dem Home-Office. Ganz mutige Zeitgenossen spielten im Autokino, DORO hat das etwa mehrmals praktiziert. Manche verzichteten da sogar auf ihre Einnahmen, um die Leute hinter der Bühne besser zu bezahlen.

Und im Ruhrpott bildete ein Trupp Szene-Urgesteine das VIRUS PROJECT. Da Less diese oben so schön vorgestellt hat, verweise ich nur noch einmal kurz auf den guten Zweck. Die Erlöse, ach, auch das hat Herr Lessmeister schon erwähnt. Doch die musikalische Qualität von ´We Are The Virus´ ist dabei so hoch, dass ein hoher Spendenbetrag nicht auszuschließen ist.

Das eigentlich einzige Manko ist, es ist „nur“ eine EP. Vier Songs, viel zu wenig. In dieser Form hätten es gut und gerne ein paar Tracks mehr sein dürfen, um die Spielzeit zu erweitern. Der angethrashte Power Metal, melodischer Thrash wäre auch eine gute Umschreibung, geht heftig ab und nach vorne. Wer die Heimatbands der Beteiligten kennt, kann sich etwa ausmalen, wohin die Reise geht. ICED EARTH würden sich sicher eine Hand amputieren, um noch einmal so einen starken Song zu verfassen.

Das starke Cover beschreibt, wohin textlich die Reise geht. Da wird kein Blatt vor den Mund genommen. Wenn sie etwa in ´… And That’s Why I Laugh´ sich der lateral thinker annehmen. Das sind klare Worte. Es bleibt zu hoffen, dass der eine oder andere statt quer einfach mal nur denkt. Nicht nur an sich, sondern an alle. Aber wie gesagt, es geht hier nicht um Meinungsmache.

Der Titeltrack verbreitet gar lyrische Endzeitstimmung. Für andere Bands wäre das ein Albumtrack, und viel zu schade für eine EP. Für mich die stärkste Nummer des Viertrackers.

Fazit, es gibt nicht Gutes, außer man tut es. Hier wurde etwas kreativ geleistet, den Fan zu erfreuen und Hilfe zu leisten. Wer also die Clubszene, ach, auch das hat Less ja schon gesagt. Man kann es aber nicht oft genug sagen. Mit dem Erwerb dieser EP kauft Ihr nicht nur Musik, Ihr setzt auch ein Symbol der Solidarität.

Mario Wolski

 

 

thevirusproject.bandcamp.com

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