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SPOCK’S BEARD – The Oblivion Particle

~ 2015 (InsideOut Music) – Stil: Retro Prog ~


‚Brief Nocturnes…‘ war vor zwei Jahren in neuer Konstellation (Ted Leonard!) das erste Album der Bärte, das es mit den ersten fünf Klassikern in der zweiten Hälfte der 90er aufnehmen konnte. Im Vergleich zum umtriebigen, wilderen Retro Prog der NEAL MORSE Ära ging es zwar deutlich gemäßigter zu, das tolle nachhaltige Songwriting (‚A Treasure Abondoned‘, ‚Something Very Strange‘) konnte das vermeintliche Handicap aber weit mehr als ausgleichen.

Stilistisch knüpft man nun direkt an den Vorgänger an. Nach einer zweistelligen Anzahl Hördurchgänge macht sich allerdings leichte Ernüchterung breit. Zum einen fehlt der Überraschungseffekt, andererseits sind auch wirkliche Highlights rar gesät. Zu nennen wären hier aus der deutlich attraktiveren zweiten Hälfte insbesondere ‚A Better Way To Fly‘ (wahrer Titel aufgrund des magischen Moments ‚Earthbound‘) und das bandtypische ‚Disappear‘. Der ersten Hälfte fehlt es leider bis auf ‚Hell’s Not Enough‘ generell etwas an durchgängigem Drive, die Stücke setzen sich nicht sonderlich fest.

Der tendenziell etwas negative Unterton der Kritik sei mir im Hinblick auf eine Band verziehen, die potenziell immer auch zu absoluten Großtaten fähig wäre. Dass hier grundsätzlich gut ausgearbeitete Musik von Könnern der Szene, ahem, in Szene gesetzt wird, bedarf selbstverständlich keiner Diskussion. Aber wenn wir uns beispielhaft den immer tollen Gesang von Ted Leonhard nehmen und ihn in Vergleich zu den freigesetzten Emotionen auf einigen der Meisterwerke der Götter ENCHANT stellen, dann erkennt man halt den Unterschied zwischen gut und völlig überragend.

Fazit: Fans vervollständigen ihre Sammlung, Neueinsteiger (gibt’s die?) greifen zum 9 Punkte-Vorgänger oder natürlich direkt in die Neal Morse Ära.

(7 Punkte)