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SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR – Fetish

~ 2015 (Progressive Promotion Records) – Stil: Prog Rock ~


„Living for today, picking your own ways …“, lebe Deinen Tag, genieße ihn, lasse das neueste Werk von SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR in Dauerschleife laufen. Denn mit diesem fast Kanon-artigen Chor beginnt nicht nur das vierte Album der Band, sondern endet es auch, so dass ein nahtloser Übergang zum Anfang geschaffen und dem Zuhörer ein möglicher Dauerhörgenuss gewährt wird.

Dieses Mal liefert die Band zwar kein Konzeptwerk im Sinne des überragenden Vorgängers ´The?Book´ aus dem Jahre 2011 ab, dennoch geht es um die menschliche Psyche mit all ihren Unzulänglichkeiten zwischen Lust und Laster. Außerdem konnte sich die Band um die beiden Hauptsongwriter Marek Arnold (Klavier, Saxofon, Keyboards) und Ulf Reinhardt (Drums) mit Martin Schnella (FLAMING ROW) bedeutend an Bass und Gitarre verstärken – und brennt auf acht Liedern, alle zwischen 8 und 16 Minuten lang, ein wahres Feuerwerk ab.

Das fürstlich titulierte ´PORN!´ liefert sogleich eine progressive Steilvorlage, die erst einmal vom Liebhaber zwischen GENTLE GIANT und ECHOLYN verdaut werden muss. Aber allein die vom Saxofon geradezu zelebrierte Melodie, die sich bis in alle Ewigkeit in die Hirnrinde brennen mag, ist mehr als nur entzückend. In ´Still Searching´ hat der Chorgesang seinen ersten großen Auftritt. Vermehrter Klaviereinsatz, ein frühes Gitarrensolo und irgendwann darf sich dann – aus der Ruhe heraus – der Chor in einen wahren Rausch singen. Nie enden wollender Gesang und Gitarrenklang machen sogar SAVATAGE und TRANS-SIBERIAN OCHESTRA äußerst starke Konkurrenz. ´Inferior´ wuselt dagegen aufgeregt durch die Landschaft, bis sich plötzlich die verhangenen Wolken öffnen und der wohl eingängigste sowie schmachtvollste Refrain erklingt. Überragend.

Jeder Song bietet obendrein andere Elemente oder Eigenschaften dar, um auf keinen Fall in Vergessenheit zu geraten. Der großartige Gesang von Lars Köhler und Anne Trautmann erhält dabei im Laufe des Albums von zahlreichen Gastauftritten etwas Unterstützung. Die 12jährige Alicia Pfeiffer hat in ´Last Lullaby´ ihren gesanglichen Auftritt, während der von Arno Menses (SUBSIGNAL) ebenfalls nicht unerwähnt bleiben soll. Der ergibt sich in `Set In Motion´, einem zwischen hart riffenden Parts und lieblichem Wohlklang geradezu sekündlich hin und her wechselndem Song.

Erneut vollkommen verspielt und etwas düsterer erklingt ´Imprisoned´, wird jedoch von einem irrwitzigen Gitarrensolo sowie dem kurzen Gesang von Annemarie Schmidt äußerst klangvoll gekrönt. Und bei ´Bound In Chains´ lässt sich gar nicht entscheiden, welcher der Gesangsparts denn der schönste ist. Auch hier steigert sich aus der eingekehrten Ruhe die Stimmung bis in ihren siedenden Höhepunkt hinein. Das große Abschlussfest ´Ordinary Maniac´ bietet schließlich auf über sechzehn Minuten noch einmal alles auf: Weiblicher Gesang mit Akustikgitarre zur Einführung, anschließend fette Riffs, knackige Orgelklänge inklusive dem Lebensmotto „living for today“. Der Gesang einer leicht computer-verzerrten Stimme entpuppt sich sogar als heimliches Highlight, bis ein entfesselter Chorgesang neuerlich für andauerndes Steigerungspotential und Gänsehaut sorgt. Alle Fesseln fallen, die Orgel wackelt bedrohlich, Steve Unruh (RESISTOR) holt die Geige raus und die Stimmung explodiert; da capo … „Living for today, picking your own ways …“.

SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR haben sich erneut selbst übertroffen und liefern ein Füllhorn voller Ideen am menschlichen Klangkörper und den Instrumenten.

(9 Punkte)