~ 1973/2023 (Blue Note) – Stil: Jazz ~


Der US-amerikanische Jazzpianist und Komponist Alfred McCoy Tyner begann im Alter von dreizehn Jahren mit dem Klavierunterricht. In einem Nachbarn, dem berühmten Jazzpianisten Bud Powell, sah er sein großes Vorbild, um Klavier zu studieren.

Zwischen 1960 und 1965 gehörte er dem Quartett von John Coltrane an und war dementsprechend an solch großen Werken wie ´Olé Coltrane´ (1961), ´A Love Supreme´ (1965) oder ´Ascension´ (1966) beteiligt. Ohne McCoy Tyner wollte John Coltrane in diesen Jahren nicht mehr spielen. McCoy Tyner nahm aber auch Alben mit einem Klaviertrio sowie bereits eigene Alben als Bandleader auf.

Nachdem die ersten Scheiben auf Wunsch der Plattenfirma eher unkompliziert ausgefallen waren, entwickelte sich seine Karriere als Bandleader ab 1966 unter Maßgabe des Post-Bop immer experimenteller. Nach ´The Real McCoy´ (1967) und ´Tender Moments´ (1967) stachen nochmal besonders seine Werke ´Sahara´ (1972) und ´Enlightenment´ (1973) heraus. McCoy Tyner befand sich immer auf der Suche nach Neuem und wurde beinahe avantgardistisch in seiner Spielweise.

Dazwischen veröffentlichte er allerdings ein weiteres außergewöhnliches und herausragendes Studioalbum. Diese besondere Scheibe mit vier langen Eigenkompositionen von McCoy Tyner wurde in einer äußerst spannenden Zusammensetzung eingespielt, die sich für Liebhaber der klassischen Mitt-60er Coltrane-Besetzung als unwiderstehlich erweist.

´Extensions´ nahm McCoy Tyner am 9. Februar 1970 in den „Van Gelder Studios“, Englewood Cliffs, mit Tenor-/Sopransaxofonist Wayne Shorter, Altsaxofonist Gary Bartz, Bassist Ron Carter, Schlagzeuger Elvin Jones und außergewöhnlicher Weise mit Harfenistin Alice Coltrane auf.

McCoy Tyner suchte in jenen Tagen ebenso intensiv wie John Coltrane nach unbetretenen Pfaden, die er allerdings entgegen der Vorspiegelung durch das Coverartwork nicht mit afrikanischen Einflüssen unterfütterte. Zudem besaß Saxofonist Wayne Shorter auf dieser Scheibe eine überaus eindringliche Spielweise und Elvin Jones zog kurioserweise beinahe in jedem Moment alle Blick auf sein Schlagzeug. Das All-Star-Sextett zeigte sich schlichtweg durchgängig von seiner Schokoladenseite.

Ron Carters Bass und Alice Coltranes Harfe bringen im zwölfminütigen ´Message From The Nile´ die erste Töne ins Spiel. Ein sanfter Schlagzeugauftritt von Elvin Jones stößt hinzu, ehe McCoy Tyner die erste Melodie am Klavier intensiver ausrollt. Als John Coltranes Frau Alice wieder an die Harfe greift, drängen sich endlich Wayne Shorter und Gary Bartz an ihren Saxofonen in den Vordergrund. McCoy Tyner wirbelt freilich mit dem ersten Solo alles auf. Allerdings entpackt Wayne Shorter gerade erst sein Sopransaxofon-Solo und Gary Bartz sein Altsaxofon-Solo. Alice Coltrane hält sich ebenfalls nicht mehr zurück. Alle zusammen spielen sie dem Sonnenuntergang am Nil entgegen, der sanft dahinfließt.

Anschließend gibt Elvin Jones umgehend einen schnelleren Takt vor. Klavier und Saxofone schaffen es selbstverständlich im beinahe achtminütigen ´The Wanderer´, ihm auf den Fuß zu folgen. Besonders Wayne Shorter scheint die Geschwindigkeit nochmals erhöhen zu wollen. Nach einer kurzen Klaviereinlage entwickelt sich ein langes und beinahe Lied definierendes Schlagzeugsolo von Elvin Jones, bevor sich alle nochmals zusammenfinden, um die Melodie des Hard-Bop-Stückes anzustimmen.

Das dreizehnminütige ´Survival Blues´ beginnt hingegen mit feurigen Piano-Schlägen. Einer Blutbahn gleich fließen alle Instrumente mit dem Strom, natürlich nicht in allzu weiter Ferne vom Klavier durch McCoy Tyner und Saxofon durch Wayne Shorter zum Ausbruch gebracht. Das Klavier gelangt dabei über eine gewisse Wegstrecke so richtig in Wallung. Ron Carter greift nun raumübergreifend mit seinem Bass ein, während allmählich Schellen in das Soundgefüge hineingeschüttelt werden und Elvin Jones nochmals auf sein Schlagzeug eindrischt. Jetzt kann sich selbst Alice Coltrane nicht mehr gedulden. Die Musiker blasen und hantieren zum Finale. Das große nennt sich allerdings ´His Blessings´ und wird über seine annähernd sieben Minuten von der Harfe getragen. Die himmlischen Klänge bauen sich dabei peu à peu auf. Ron Carter bearbeitet mittlerweile seinen Bass mit einem Bogen und die gesamte Komposition, die Saxofone lärmen indes sanfter zum rüttelnden Schlagzeug, braust ausgemacht orchestral auf.

(Klassiker)

 

´Extensions´ erscheint in der „Tone Poet Vinyl“-Reihe, in einer normalerweise schwer zu übertreffenden Neuauflage und Pressung, d.h. audiophiles, rein analoges Mastering durch Kevin Gray von den Original-Analogbändern, in einer 180g-Vinyl-Pressung durch RTI in einem Tip-on-Single Sleeve.

 

 

McCoy Tyner – Piano
Gary Bartz – Altsaxofon
Wayne Shorter – Tenor-/Sopransaxofon
Ron Carter – Bass
Elvin Jones – Drums
Alice Coltrane – Harfe (# 1, 3 & 4)

 

https://www.facebook.com/McCoyTyner