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ANCIENT EMPIRE – Priest Of Stygia

~ 2021 (Stormspell) – Stil: Heavy Metal ~


Der Name ist komisch. Könnte auch recht durchschnittlicher Power Metal mit europäischem Einschlag sein, könnte, könnte, könnte. Könnte mich auch komplett kalt lassen. Könnte. Ja, könnte. Ich lese nur: „Pelletier“, Rich und Steve, die HELLHOUND- und RAPID FIRE-Brüder, waren auf den ersten Alben involviert. Und ANCIENT EMPIRE-Macher Joe Liszt ist ja nebenher auch noch kurz bei HELLHOUND als Sänger aktiv und hat eine mir weniger bekannte Band namens SHADOWKILLER. Und ich auf einmal vier Alben von denen, fünf weitere Alben von ANCIENT EMPIRE und eine 2016er HELLHOUND auf der Einkaufsliste. Ich wollte doch nicht mehr, aber die Sucht treibt‘s rein.

Also, keine Chance auf Geldsparen. Ab dafür. Was schenkt uns nun die 2021er und damit nagelneu und frisch auf dem Markt befindliche ´Priest Of Stygia´-CD? Heavy Metal, soviel ist klar, amerikanische Prägung, soviel ist auch klar. Mit ´Immortal´ und einem straighten, eindringlichen und zwar vertraut, aber auch ewig jugendlich frisch wirkenden Powerriff beginnt die Reise. Die Art, wie hier die Strophenmelodien gesungen werden, ist sicherlich nicht überraschend für einen Metalfan seit 1990. Das ist urklassisch. Der Refrain dann ist die Macht, sehr eindringlich und emotionsgeladen in der Melodieführung. Teilweise wird hier mehrstimmig gesungen. Und schon ist eines klar. Die Neuerfindung des Rades nebst Kreisquadratur wird nicht propagiert. ANCIENT EMPIRE sind HEAVY METAL, so urtraditionell wie HEAVY METAL nur sein kann. Aber sie haben wunderschöne Gitarrensoli, packende Melodien, teilweise mehrstimmige Harmonien und Songs, die im Ohr bleiben. Schon ´Immortal´ macht sich auf diese Weise „unsterblich“.

Aber dieser mittelschnelle Einstieg ist nicht schon alles, was die Band an schwerer Artillerie aufzufahren hat. Gleich drauf kommt ´Beyond The North Wind´ und obwohl auch hier wieder so viele Riffs, Strukturen generell und Ideen urtypisch für US Metal der 80er wirken und wir ja schon 2021 haben, sind die Melodien des Songs einfach furios und voller Leidenschaft. Joe Liszt ist auch ein Sänger, der zwar mit seiner hellen, angerauten Stimme an diesen und jenen Standeskollegen erinnern mag, aber sein ureigenes Charisma bestens zur Geltung kommen lässt. Er ist nicht Dee Snider, er ist nicht Lizzy Borden, er ist nicht Parramore McCarty, Jon Oliva oder Carl Albert. Er ist einfach er selbst und sehr gut dabei.

Er spielt hier bis auf das Schlagzeug auch alle Instrumente ein, weil er es einfach kann. Er kommt hervorragend auf den Punkt, nimmt sich Zeit für schöne balladeske Einsprengsel oder ein wenig krummere Rhythmen, die den Fluss des jeweiligen Songs allerdings hervorragend unterstützen. Ein Füllhorn von schönen Melodien ist diese CD dabei und die Riffs sind grandios und gnadenlos, so auch der lebendige, donnernde Sound. Vor Augen hab ich beim Anhören in Jeans, T-Shirt und Lederjacke gekleidete Metalbrothers, fünf an der Zahl, Gesang, zwei Gitarren, Schlagzeug und Bass.

Ich könnte es mir einfach machen und mit Namedropping alles sagen. „Für Freunde von“ war aber nie meine Art und würde der Band auch niemals gerecht. Die Songs sind bis ins Detail durchdacht, auch wenn sie mal etwas wilder wirken. Joe Liszt weiß genau, was er hier tut. Kommt selten vor in diesen Tagen, dass mich eine neue Heavy Metal-Band mit Material im Stile der glorreichen Zeiten 1985 bis 1991 dermaßen abholt. Klar, viele neue Heavy Metal-Bands sind gut und doch rauschen sie an mir vorbei, das sind meist Nuancen. ANCIENT EMPIRE wären Kandidaten für Cover und Bandname gewesen, aber ich habe es gewagt und eine neue Band liebgewonnen.

Auch wenn es im Studio nur Joe Liszt ist, live spielt Joe neben dem Gesang noch Gitarre, garantiert das eine unglaubliche Wucht. Auf Platte ist es ja schon heavy. Diese Kraft rührt aus dem reinen Spiel her, weniger aus übertriebener Zerre. Der Klang, ja, der ist sehr natürlich, wie eine E-Gitarre halt klingt. Vielen modernen Produktionen fehlt es an dem gewissen Fünkchen Leben, hier ist es vorhanden. Es fühlt sich an wie eine Gitarre, nicht wie ein Computer. Live aus dem Amp durch ein Mikro verzerrt in das Mischpult, nicht etwa clean eingespielt und nachträglich mit Effekten abgetötet.

In den 90ern hätte ich bei solcher Musik wohl in wildem Poserschlachten geschwelgt und jetzt, wo ich fast 50 und entspannter bin, träume ich eher von einem Kutten tragenden wilden Haufen vor der Bühne eines ausverkauften Clubs, wo der Schweiß von den Wänden rinnt und die Luft zum Schneiden dick ist. Alle vereint, all for one, one for all, Heavy Metal, der brüderliche Gefühle in mir erweckt. Bei solchen Songs ist das aber auch kein Wunder. Hymne muss ja nicht gleich Kitsch bedeuten und man kann auch anspruchsvoll und zugleich eingängig spielen. Hört nur einmal unter die Oberfläche der Stücke. Alles in allem ist diese CD ein Grund dafür, dass ich auch nach 31 Jahren als Metalhead noch immer Spaß und Freude an neuen Bands habe.

(9 Punkte)

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