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EPITAPH – The Corona Concert

~ 2021 (Epitaph Production) – Stil: Hardrock ~


Seit zwei Jahren feiern EPITAPH ihr 50-jähriges Bestehen: 50 Jahre Rock’n’Roll, kein bisschen leise oder müde und immer noch aktiv. Seit den Siebzigerjahren nehmen EPITAPH Studioalben auf und beackern die Bühnenbretter der ganzen Welt. „Als wir anfingen, war es schwierig an gutes Equipment zu kommen. Gute Bühnenanlagen waren teuer. Ich hatte keine Eltern, die mir 5.000 Mark für einen Marshall-Verstärker gegeben hätten, so nach dem Motto, wie viele Boxen brauchst du?“, erzählt Bassist Bernd Kolbe. „Wir hatten 1.500 Mark, sind mit dem Bus nach London gefahren, haben eine Anlage gekauft und sind zurückgefahren. Dann haben wir zwei oder drei Monate gespielt, sind wieder nach London gefahren, haben die Anlage verkauft und eine neue gekauft.“ Das Spielchen betrieben sie solange bis sie schließlich vier Boxen besaßen, erklärt Gitarrist Cliff Jackson.

Heutzutage ist die Beschaffung der Instrumente nicht mehr ganz so schwierig, außer sie wird ohnehin ganz entbehrlich, weil wie im vergangenen Jahr gar keine Konzerte mehr stattfinden. Auch für EPITAPH brach dadurch eine elementare Einnahmequelle weg. Und dies pünktlich zum Bandjubiläum. Ihre 3fach-CD ´Five Decades Of Classic Rock Best Of´, inklusive eingespielter Lieblings-Coverversionen einzelner Musiker, konnten sie somit ebenfalls nicht direkt an den Mann oder die Frau bringen.

Wie andere, bedeutend jüngere Formationen bereiten sie schließlich ein Streaming-Event vor. Am 24. April 2021 gehen EPITAPH im „Club Lindenbrauerei“ in Unna auf die Bühne, allerdings ohne Publikum in der ersten Reihe, sondern allein mit Kameras zur direkten Übertragung in das World Wide Web. „Den Begriff ‚Streaming Concert‘ gab es bei der Gründung von EPITAPH überhaupt noch nicht“, stellt Cliff Jackson amüsiert klar. Gleichwohl wird die Übertragung ein voller Erfolg, so dass sich die Gruppe entscheidet, das Event für alle zugänglich zu machen. Die „exklusive Fan-Edition“ darf als Silberling mit zwölf Songs im Digipak oder mit allen fünfzehn Songs und einer Gesamtspielzeit von 103 Minuten auf DVD auch visuell genossen werden.

Jetzt erst recht: EPITAPH feiern unaufhörlich ihr Jubiläum. „Mit EPITAPH verbinde ich mein halbes Leben. Ich habe meine ganze Jugend mit der Band verbracht. Damals hätte ich nie gedacht, dass ich 50 Jahre dabei bleibe,“ so Bernd Kolbe im Rückblick. „Die ersten Aufnahmen haben wir mit zwei Spuren aufgenommen, so wie die BEATLES zu Anfang auch,“ fährt Cliff Jackson fort. „Es gab damals kein Management, keine PA-Firmen und keine Infrastruktur. Es gab noch nicht einmal Stimmgeräte.“ Immerhin verrät er uns noch die Herkunft des Bandnamens: „Wir haben etwas gesucht wie URIAH HEEP, so nannte Charles Dickens eine Person in seinen Romanen. Da tauchte auch „Fagin’s Epitaph“ auf. Nachruf auf Fagin, aus dem Roman ‚Oliver Twist‘. Das war ganz schön heavy, aber das waren wir zu diesem Zeitpunkt musikalisch auch. Als später Klaus Walz einstieg, haben wir den Namen auf „Epitaph“ verkürzt. Das war dann doch prägnanter und ließ sich leichter merken.“

Nach der Einführung legen sie bei diesem neumodischen „Streaming Concert“ mit ´Woman´ und ´Outside The Law´ von ihrem gleichnamigen Klassiker-Werk richtig los. Natürlich fehlt auch ´Lost In America´ nicht, einer der Top-Favoriten von Schlagzeuger Carsten Steinkämper. Auch Bernd Kolbe ist nach all den Jahren von diesem Lied besonders angetan: „Dieser Titel spiegelt unsere Zeit in Amerika und Amerika war ein Highlight.“ EPITAPH haben natürlich auch jüngeres Liedgut wie ´Nightmare´ oder ´Ride The Storm´ auf der Setlist. Das Ende des Auftritts leitet dennoch eine 14-minütige Version von ´Stop Look And Listen´ aus dem zweiten und gleichnamigen, 1972er Werk der Band ein.

„Wir haben eigentlich immer gemacht, was wir wollten, und nicht auf den kommerziellen Erfolg geschielt. Wir haben z.B. ganz früher kaum Leute an uns rangelassen. Das ist mir aber erst später aufgefallen,“ rätselt Bernd Kolbe im Angesicht der Jubelfeiern über die Vergangenheit. „Interviews wollten wir nicht. Ich weiß noch, dass die Zeitschrift ‚Bravo‘ gekommen ist und uns verpflichten wollte, aber wir haben gesagt: Fuck Off. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat geschrieben, super, das ist Rock’n’Roll und besser als die Stones. Die ‚Bravo‘ hat dann trotzdem drei Seiten berichtet.“

Und die gelben Saiten berichten Dekaden später immer noch über EPITAPH und stoßen mit ´The Corona Concert´ auf die nächsten Jahrzehnte an.

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