PlattenkritikenPressfrisch

EPITAPH – Outside The Law

~ 2015 (MiG Records) – Stil: Classic-Rock ~


Eine Legende feiert ihr Jubiläum. Die deutschen Rock Pioniere EPITAPH feiern mit der Veröffentlichung einer wundervollen Box den 40. Jahrestag der Veröffentlichung von `Outside The Law´. Es war das dritte Album der Band, deren Erfolgsgeschichte im Winter 1969/70 begann, als die beiden Briten Cliff Jackson (Gesang, Gitarre) und James McGillivray (Drums) mit den deutschen Musikern Bernd Kolbe (Bass) sowie Klaus Walz (Gitarre, später JANE) einen Vertrag bei ´Polydor´ unterschrieben und ihr Band-Hauptquartier in die Musikhauptstadt Hannover verlegten. So wurden EPITAPH schließlich für die hiesige Rock Szene mindestens genauso prägend wie NEKTAR, die als englische Band ihren Standort ebenfalls in Deutschland aufgeschlagen hatte.

Nach unzähligen Live-Auftritten, auch 1972 in der Fernsehsendung ´Beat Club´, und den zwei Alben ´Epitaph´ (1971) und ´Stop, Look And Listen´ (1972), ersetzte Achim Wielert am Schlagzeug James McGillivray. Während sie dann im August und November des Jahres 1973 zwei Amerikatourneen bestritten, unterschrieben sie bei ´Billingsgate Records´, eher ein Plattenladen als eine Plattenfirma, einen neuen Vertrag, in der Hoffnung in Amerika durchzustarten, und nahmen in Chicago ´Outside The Law´ auf. Allein die Auswechslung des Drummers veränderte den zuvor eher progressiv ausgerichteten Ansatz in einen gradlinigeren Heavy Rock. Die in Visselhövede in der Lüneburger Heide komponierten Songs – unter der Anwesenheit von Künstlern, Malern, Tieren und vielen Damen, aber keiner Heizung, keinem Bad und nur einer Außentoilette – wuchsen anschließend in nur fünf Tagen in den ´Omega Studios´ in Chicago zu einem „britischen Krautrock mit amerikanischen Sounds“, wie sie Cliff Jackson heutzutage bezeichnet. Die Erstauflage des Albums (1.000 Stück) war mit weißem, blankem Cover sowie einem dünnem Stempelaufdruck ausgestattet und wurde noch von der Band selbst abgemischt. Die allgemein bekannte Aufnahme ist aber demzufolge die US-Version mit den Chicagoer Aufnahmen, die auch hier zugrunde liegen.

Mit fast keinerlei Overdubs reißen EPITAPH den Hörer von Anfang bis zum Ende mit. Vom Gesang und dem Sound her gibt es gewisse Parallelen zu URIAH HEEP und vor allem aufgrund der TwinGitarren-Attacken zu WISHBONE ASH. Dabei herrscht hier keinerlei Zurückhaltung – die beiden Gitarristen schießen ein Solo nach dem anderen aus der Hüfte. Solch einen glorreichen Gitarrensound war der Hörer bis dato nur von Südstaaten-Bands gewohnt, so dass hier der direkte Brückenschlag nach US Amerika genommen wurde. Die Gitarrenklänge, wie sie vor allem in `Reflection´ und ´Tequila Shuffle´ fast in Jam-Orgien aufgehen wollen, gereichen selbst der THE ALLMAN BROTHERS BAND zu Ehre. Und bei letztgenanntem Song war natürlich die Nähe zu LED ZEPPELIN offenkundig. Dazu kamen immer wieder klitzekleine Gesangslinien, die von den Fab Four stammen könnten und im Übrigen wurden die Saiten manchmal so hart angeschlagen, wie es ebenso die frühen RUSH oder THE WHO gerne taten.

Der Traum begann für EPITAPH andererseits am ´O’Hare Airport´ in Chicago im August 1972 wahr zu werden, als die Band als erste deutsche Rock-Band in Amerika landete, um auf Tour zu gehen. Dieser endete jedoch ziemlich abrupt, nachdem sie zwei Jahre später zu ihrer dritten US Tour aufbrachen, aber die begrenzten finanziellen Möglichkeiten des Labels offensichtlich wurden – die Band kehrte nach Deutschland zurück, musste aus finanzieller Not all ihr Equipment verkaufen und ihr Chicagoer Label ging bankrott. Die Verkaufserlöse gingen derweil in der Konkursmasse unter und die Band sah keinen Cent der angeblich über 200.000 verkauften Einheiten. EPITAPH trennten sich, kamen kurze Zeit später wieder zusammen, doch es sollte bis 1979 dauern, ehe ein weiteres Album veröffentlicht wurde. Ab 1987 veröffentlichten Bernd Kolbe und Cliff Jackson unter dem Namen DOMAIN (ursprünglich KINGDOM) bis Anfang der 90er vorzügliche, melodische Hard Rock Alben.

`Outside The Law´ – dieses Ausnahmewerk der deutschen Rockgeschichte – erscheint nun in einer aufwändigen Box (limitiert auf 250 Stück) inklusive CD und Vinyl. Die CD entspricht in seinem Digipack mit schickem Prägedruck-Cover dem 2010er Release und hat als Bonus drei nie zuvor veröffentlichte Songs der sogenannten `The Lost Tapes´ von 1976 sowie vier Live-Songs vom Réunion-Concert im Jahr 2000 anzubieten. Das 180g Vinyl im Cardboard-Cover entspricht der US Version. Dazu gibt es ein Poster, Sticker, Zertifikat und ein per Postkarte gratis zu bestellendes T-Shirt.

[Klassiker]