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KARIBOW – Holophinium

~ 2016 (Progressive Promotion Records) – Stil: Prog Rock ~


Irgendwie flog die deutsche Progressive Rock-Band KARIBOW bisher unter dem Radar der erhöhten Aufmerksamkeit der Szene hinweg, obwohl sich die Band bereits mit zwei Auszeichnungen – dem Deutschen Rock & Pop Preis des Deutschen Rock & Pop Musikerverbandes 2011 in der Kategorie „Bestes Arrangement“ und außerdem mit dem Deutschen Rock & Pop Preis in 2014 in der Kategorie „Beste Progressive Band“ – schmücken kann.

Gegründet wurden KARIBOW ehedem im Winter 1996/97 von Multiinstrumentalist Oliver Rüsing und waren auch jahrelang als Bandformation unterwegs, schrumpften jedoch in der letzten Dekade irgendwann nur noch zu einem Projekt von Rüsing zusammen. Mittlerweile hat Oliver Rüsing seit zwei Jahren mit Gitarrist/Sänger Chris Thomas, Bassist Thomas Wischt, Keyboarder Markus Bergen und Drummer Gerald Nahrgang wieder eine komplette Bandbesetzung am Start. Und um den Einfluss der unterschiedlichsten Musiker auf das aktuelle Material auszuweiten, konnte Rüsing für sein 17. Album (!) Michael Sadler (SAGA), Sean Timms (UNITOPIA, SOUTHERN EMPIRE), Karsten Stiers (ERRORHEAD) und Colin Tench (CORVUS STONE) engagieren.

´Holophinium´ ist obendrein ein Doppel-Album geworden, das den melodischen Prog Rocker überzeugen sollte. Auf dem ersten Silberling – ´The Fragments´ betitelt – finden sich keinesfalls nur Fragmente oder Überbleibsel aus alten Sessions, sondern neun Lieder, die die melodische, nicht unbedingt poppige Ausrichtung in vielschichtigen Songs unterstreichen. Wahre Prachtstücke dürfen in den progressiven, d. h. interessant gestalteten und geschachtelten ´E.G.O.` und dem ähnlich langen sowie wunderbaren ´Quantum Leap´ ausgemacht werden. Natürlich tritt in den Liedern ´Connection Refused´, ´Angel Scent´ und `River´ die musikalische Nähe zu SAGA zu Tage, vor allem wenn im letztgenannten Song Michael Sadler persönlich an das Mikrofon tritt und zur Entstehung eines echten Hits beiträgt. Selbstverständlich sind viele Abschnitte dem schwelgerischen Neo Prog geschuldet, versinken aber zu keinem Zeitpunkt in Belanglosigkeiten. Das Niveau ist durchgehend unwahrscheinlich hoch. Besonders die eingängigen Lieder ´Victims Of Light´ und ´King´ sollten nicht nur bei Erstkontakt zum Entzücken beitragen. Da zudem alle Progger, dem Klischee entsprechend, nicht nur auf Longtracks, Konzept- und Doppel-Alben stehen, präsentieren uns KARIBOW mit dem zweiten Silberling einen weit über dreißig minütigen Longtrack, der natürlich aus sieben fließend ineinander übergehenden Songs besteht und mit ´Letter From The White Room´ betitelt ist. Hier setzen KARIBOW dem Gesamtwerk die Krone auf. Wunderbare Lieder, die sich aus dem eher ruhigen Beginn mit ´Moon´ über das ausgefeilte `Eden´ bis zum Abschluss mit ´Plutonian´ in ihrer Art stetig ändern, dennoch unweigerlich großartig zum Finale hinstreben. Ein fortdauernder Höhepunkt.

Somit ist klar, ´Holophinium´ sollte nicht erst dann entdeckt werden, wenn das Album zufällig bei einer Preisverleihung erwähnt wird.

(8,5 Punkte)