~ 1964/2011 (Analogue Productions/Verve Records) – Stil: Bossa Nova/Jazz ~
Der US-amerikanische Jazz-Saxophonist Stan Getz hatte bereits als Bandleader einige außergewöhnliche Scheiben wie ´Stan Getz Plays´ (1952) und ´Focus´ (1962) oder auch sagenhafte Kollaborationen wie ´Hamp And Getz´ (1955) und ´Stan Getz And J. J. Johnson At The Opera House´ (1957) vorzuweisen, ehe ihn im Mai 1964 die Hitsingle ´The Girl From Ipanema´ weltberühmt machte und vor allem in den Vereinigten Staaten dazu beitrug, Bossa Nova zu seiner Popularität zu verhelfen.
Doch der Verkaufsschlager war kein Zufallsprodukt. Don Payne hatte Stan Getz nach einer Tournee durch Brasilien mit einigen aktuellen Platten des Sounds vertraut gemacht. Seine Begeisterung für den Bossa Nova drückte Stan Getz aufgrund dessen umgehend in den Aufnahmen der Scheiben ´Jazz Samba´ (1962) mit Gitarrist Charlie Byrd und ´Big Band Bossa Nova´ (1962) mit Gary McFarland aus. Eine weitere Scheibe mit dem Titel ´Jazz Samba Encore!´ (1963) spielte er mit einem der brasilianischen Initiatoren des Bossa Nova, mit Gitarrist Luiz Bonfá ein. ´Jazz Samba´ und ´Jazz Samba Encore!´ wanderten jeweils über eine Millionen Mal über die Theken der Plattenläden.
Nach einem Konzert in der New Yorker Carnegie Hall, an dem u.a. João Gilberto und Antônio Carlos Jobim teilgenommen hatten, fädelte Plattenproduzent Creed Taylor eine Zusammenarbeit dieser beiden Brasilianer mit Stan Getz und somit den nächsten Millionenseller ein. Dieser wurde am 18. und 19. März 1963 in den „A&R Recording Studios“ von New York City aufgenommen.
Vier Jahre nachdem die brasilianische Sängerin Elizeth Cardoso zwei Kompositionen von Antônio Carlos Jobim und Vinicius de Moraes eingesungen und der brasilianische Gitarrist João Gilberto sein Debütalbum veröffentlicht hatte, der Bossa Nova somit in jenen Tagen als entschleunigter Stil des Samba seine Geburtsstunde fand, sah er durch die brasilianisch-US-amerikanische Zusammenarbeit seinem ersten Höhepunkt in den Vereinigten Staaten und der restlichen Welt entgegen.
Gitarrist João Gilberto entwickelte sein Spiel aufgrund seiner vorherigen Veröffentlichungen für das Album ´Getz/Gilberto´ weiter und sang ganz ohne Vibrato in seiner Stimme. Tenorsaxophonist Stan Getz wählte demgegenüber eine härtere Herangehensweise und keine zurückhaltende an die Tonfolgen. Damit stieß er bei João Gilberto allerdings nicht auf große Gegenliebe. Pianist Antônio Carlos Jobim war jedoch der heimliche Star dieser Produktion, obwohl sein Spiel äußerst songdienlich und minimalistisch anmutete. Er zeichnete sich für einige Songarrangements aus und war Co-Autor beinahe aller Kompositionen. Einige schrieb er zusammen mit Vinicius de Moraes (´The Girl From Ipanema´, ´Só Danço Samba´ und ´O Grande Amor´) sowie Newton Mendonça (´Desafinado´), andere ganz allein (´Corcovado (Quiet Nights Of Quiet Stars)´ und ´Vivo Sonhando´). Auch der Gesang von Astrud Gilberto, Joãos Ehefrau, die zuvor noch nie professionell gesungen hatte und an den beiden Liedern ´The Girl From Ipanema´ und ´Corcovado (Quiet Nights Of Quiet Stars)´ beteiligt war, beeinflusste auf seine zarte Weise die Zukunft des Bossa Nova.
Zumeist singt und spielt João Gilberto die einzelnen Kompositionen des Wunderwerkes ´Getz/Gilberto´ nicht nur, er zelebriert die sanften und flinken Töne regelrecht, ehe sich Stan Getz regelmäßig außerhalb des Gesangsvortrags von João oder Astrud Gilberto in sein Tenorsaxophonspiel stürzt. Dementsprechend spielt Stan Getz überraschend lyrisch auf.
Zur Einstimmung singt João Gilberto die ersten beiden Strophen von ´The Girl From Ipanema´, doch die wahre Ausstrahlung und Coolness bringt erst der Gesang von Astrud Gilberto ins Spiel. Man schlendert nunmehr regelrecht zum Rhythmus mit dem echten, 17-jährigen Mädchen an der Promenade entlang, wo sie Zigaretten für ihre Mutter kaufen soll. Im Zusammenhang mit dem Tenorsaxophon von Stan Getz entsteht eine melancholische Stimmung, die allein mit einem Lächeln weggewischt wird.
Bei dem lieblich schönen ´Doralice´ wird aus dem Schlendern ein federleichtes Tänzchen, bei dem zärtlichen ´Para Machucar Meu Coração´ ein heißer Engtanz und bei ´Desafinado´ ein erstes Näherkommen unter Sonnenschein.
Zum Klavier singt Astrud Gilberto nochmals in ´Corcovado (Quiet Nights Of Quiet Stars)´ und erhält vom Tenorsaxophon sowie ihrem Gatten João Gilberto eine musikalische Erwiderung. Die warme und jederzeit entspannte Atmosphäre bleibt durchgehend gewahrt. Allein die Aufforderung ´Só Danço Samba´, tanze Samba mit mir die ganze Nacht, bringt zur Abwechslung Schwung in diese.
Obwohl die schwülen Temperaturen des Südens allgegenwärtig sind, wird es aufgrund echter Liebe in ´O Grande Amor´ richtig heiß und das Tenorsaxophon von Stan Getz fängt an zu glühen. Dennoch enden die Träume selbst mit ´Vivo Sonhando´ nicht. In jeder Stunde und an jedem Tag hängt jeder seinen Träumen hinterher, nicht nur das Mädchen von Ipanema.
Mit über eine Millionen verkauften Exemplaren gehört ´Getz/Gilberto´ nicht nur zu den meistverkauften Jazz-Alben aller Zeiten, sondern ihm wird auch zuerkannt, den Bossa Nova ins Rampenlicht der Welt befördert zu haben. Das Werk führte die Welt allerdings nicht nur an den Klang der brasilianischen Musik heran, es wurde gleichzeitig und völlig unkonventionell ein Klassiker für einen elitären Kreis an Jazz-Liebhabern, die sich seit 2011 an der letzten essentiellen Wiederveröffentlichung aus dem Hause „Analogue Productions“ ergötzen, erstmals wie ´Getz/Gilberto´ ursprünglich auf Masterband gemischt wurde und ohne vertauschte Kanäle, gemastert von den Original-Masterbändern durch George Marino bei „Sterling Sound“, gepresst durch „Quality Record Pressings“ auf 200g Vinyl, 45 RPM, und in einem wundervoll glänzenden sowie stabilen Tip-On-Gatefold aufgelegt.
(Klassiker)
Stan Getz – Tenorsaxophon
João Gilberto – Gitarre, Gesang
Antônio Carlos Jobim – Piano
Sebastião Neto – Double Bass
Milton Banana – Drums, Pandeiro
Astrud Gilberto – Gesang
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