MeilensteineOnly Jazz Is RealPlattenkritikenPressfrisch

STAN GETZ & CHARLIE BYRD – Jazz Samba

~ 1962/2023 (Verve/Acoustic Sounds) – Stil: Samba Jazz/Bossa Nova ~


Bevor der US-amerikanische Jazz-Musiker Stan Getz mit dem brasilianischen Gitarristen João Gilberto, dessen Landsmann, Komponisten und Pianisten Antônio Carlos Jobim sowie natürlich Gilbertos Ehefrau Astrud das Wunderwerk ´Getz/Gilberto´ aufgenommen hatte, und durch diese erstmalige Zusammenkunft eines US-amerikanischen Jazz-Musikers mit den brasilianischen Begründern des Bossa Nova eine weltweite Hochzeit dieser neuen Musikrichtung aus Samba-Rhythmen, brasilianischen Melodien und lässigem West Coast Jazz auslöste, spielte Saxophonist Stan Getz noch das wegweisende Album ´Jazz Samba´ mit dem US-amerikanischen Gitarristen Charlie Byrd ein. Es war das erste Bossa Nova-Album, das US-amerikanische Jazzkünstler eingespielt hatten.

Am 13. Februar 1962 in der „All Souls Unitarian Church“ in Washington, D.C., von Stan Getz und Charlie Byrd gemeinsam mit den zwei Schlagzeugern Buddy Deppenschmidt und Bill Reichenbach sowie dem Bassisten Keter Betts und dem Gitarristen/Bassisten Joe Byrd, Charlie Byrds Bruder, eingespielt, wurde die Veröffentlichung von ´Jazz Samba´ am 20. April 1962 zum Startschuss für den Bossa Nova in den Vereinigten Staaten.

Während sich der originäre Jazz in den Sechzigerjahren immer mehr in Improvisationen und Experimenten verlor, kam ´Jazz Samba´ geradewegs zur richtigen Zeit, verkaufte sich in weniger als 18 Monaten eine halbe Million Mal und erklomm als erstes Jazz-Album die Spitze der Billboard-Pop-Charts. Die Zeit des „Bossa Nova“, übersetzt als „neue Welle“ oder „neuer Trend“, war gekommen.

Dieses Ausnahmewerk begeistert aktuell in einer Wiederveröffentlichung aus der „Acoustic Sounds Serie“. In der beliebten Reihe aus dem selben Hause wie „Analogue Productions“ wurde ´Jazz Samba´ durch Ryan K. Smith von den Originalmasterbändern gemastert und auf einem durch „Quality Record Pressings“ gepressten 180g Vinyl, 33 ⅓ RPM, in einem wundervoll glänzenden und stabilen Tip-On-Gatefold mit wattierter Innenhülle frisch aufgelegt.

Es kursieren allerdings mehrere Legenden wie Saxophonist Stan Getz die Liebe zum Bossa Nova entdeckte, um in der Folge mit ´Jazz Samba´ (1962), ´Big Band Bossa Nova´ (1962) , ´Jazz Samba Encore!´ (1963) und ´Getz/Gilberto´ (1964) die Welt mit frischen Klängen in Aufruhr zu versetzen. Die eine besagt, dass Bassist Don Payne mit Tony Bennett nach Brasilien reiste und dort der modernen brasilianischen Popmusik verfiel, die er in Form zahlreicher Scheiben von João Gilberto und Antônio Carlos Jobim bei seiner Heimkehr sogleich Stan Getz vorspielte. Eine andere besagt, dass Gitarrist Charlie Byrd mit seinem Trio aus Südamerika zurückkam und Stan Getz seine mitgebrachten Scheiben völlig begeistert vorstellte.

Weiteren Aussagen der Beteiligten zufolge können auch ebenso Bassist Keter Betts oder Schlagzeuger Buddy Deppenschmidt eine entscheidende Schlüsselfigur innegehabt haben, um Saxophonist Stan Getz und Produzent Creed Taylor anzuspornen, den Bossa Nova von Nordamerika aus in die Welt zu tragen. Letztlich eigneten sich Stan Getz und Charlie Byrd diesen traditionellen brasilianischen und hypnotischen Rhythmus an, Stan Getz schenkte seinem Tenorsaxophon einen entspannten Klang und Charlie Byrd zog sich in aller Sanftheit auf die alte Schule des Cool-Jazz zurück.

Von nun an prägte Stan Getz den Bossa Nova vom US-amerikanischem Boden aus, obwohl mit Ausnahme des aus der Feder von Charlie Byrd stammenden ´Samba Dees Days´ alle Kompositionen auf ´Jazz Samba´ von brasilianischen Komponisten wie Antonio Carlos Jobim, Newton Mendonça, Ary Barroso, Baden Powell oder Jayme Silva stammten.

Bereits mit dem ikonischen und künftigen Standard ´Desafinado´, das in anderer Form nochmals auf ´Getz/Gilberto´ erblüht, wird das tropische Paradies umgehend enthüllt. Der Wind oder die Hand deines anschmiegsamen Partners streichelt die Haut. Charlie Byrd pulsierend an der Gitarre und Keter Betts pochend am Bass becircen sogar schon mit kleinen Solo-Darbietungen, die jedoch Stan Getz am Tenorsaxophon schnurstracks übertreffen mag.

Charlie Byrds wunderbares ´Samba Dees Days´ samt einer ausgelassenen Akustikgitarre entführt den Hörer hingegen geschwind in jedes erdenkliche Traumland. Ebenso frisch verzaubert ´O Pato´ voller Anmut und in aller Kürze, bevor das melancholische und unsagbar wehmütige ´Samba Triste´ ausnahmsweise mit einem Samba in Moll die A-Seite des Vinyls abschließt.

Der nächste Evergreen aus Brasilien und Standard ´Samba De Uma Nota Só´, ebenso wie ´Desafinado´ im Original von Antônio Carlos Jobim und Newton Mendonça verfasst, eröffnet gänzlich beschwingt und geschmeidig die B-Seite des Vinyls. Die letzten beiden Kompositionen stammen dagegen vom brasilianischen Komponisten Ary Barroso, einerseits das genüsslich und flott zum leidenschaftlichen Tanz aufspielende ´É Luxo Só´ sowie das nochmals unter südlichem Sonnenlicht strahlende und flirrende ´Baia´.

(Klassiker)

 

 

Stan Getz – Tenorsaxophon
Charlie Byrd – Gitarre
Gene Byrd – Gitarre, Bass
Keter Betts – Double Bass
Buddy Deppenschmidt – Drums, Percussion
Bill Reichenbach Sr. – Drums, Percussion

 

https://www.facebook.com/stangetzmusic