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CELESTE – Assassine(s)

~ 2022 (Nuclear Blast) – Stil: Post-Hardcore/Sludge/Black Metal/Shoegaze ~


Die Franzosen CELESTE verbreiten ihre unverwechselbare Fusion aus Black Metal, Sludge und Post-Hardcore nun bereits seit mehr als 15 Jahren und haben in dieser Zeit zweifellos einen großen Schatten auf den modernen Extrem-Metal geworfen. ´Assassine(s)´ ist ihr mittlerweile sechstes Studioalbum, und obwohl es erkennbar das Werk derselben Band ist, so gibt es auch ein paar Änderungen, wie etwa die für ihre Verhältnisse mit rund 40 Minuten nur kurze Laufzeit, was den Songs nun deutlich mehr an Schärfe verleiht und sie wie auf den Punkt gebracht erscheinen lässt.

´Assassine(s)´ ist zweifellos nach wie vor ätzend und höchst konfrontativ, aber es fühlt sich an, als ob ein Teil der sengenden Wut, die ihre früheren Arbeiten prägte, einer noch viel greifbareren Traurigkeit gewichen ist. Die verlorenen, melancholischen Melodien in Stücken wie dem Opener ´Des Torrents De Coups´ oder dem abwechslungsreichen, beinahe schon Shoegaze-artigen ´Nonchalantes De Beauté´ demonstrieren, wie vielschichtig und vor allem cineastisch sich ihr Sound in der Zwischenzeit entwickelt hat.

Dennoch zeigt sich auch auf CELESTEs neuestem Werk nach wie vor eine gehörige Menge an brodelnder Wut, wie etwa bei ´Il A Tant Rêvé D’elles´, und gerade wenn sich ihr Stil besonders dunkel und bösartig ausbreitet, wirken sie wie eine besonders eifrige, gereifte Melange aus GOJIRA und frühen DEAFHEAVEN. Das emotionale Instrumental ´(A)´ erinnert hingegen an die strukturierten Drones der Chicagoer Soundtüftler LOCRIAN, während die stotternden, verkrümmten Grooves von ´De Tes Yeux Bleus Perlés´ sich wie eine geschwärzte Inkarnation der modernen MESHUGGAH anfühlen. ´Assassine(s)´ hat zwar nicht mehr die gleiche grobe Körnung wie die vorangegangenen Alben, aber der kraftvolle, kristalline Sound steht ihnen besonders gut.

 

 

CELESTEs Klangwelten sind dabei genauso beeindruckend und unversöhnlich wie immer, aber hinsichtlich Textur und Atmosphäre hat das Lyon-Quartett nun noch weit intensiver geforscht, während gleichzeitig eine größere Betonung auf Unmittelbarkeit und stärkere Verzerrung gelegt wurde.

´Assassine(s)´ ist insofern ein gelungener Balanceakt zwischen melodischer Atmosphäre und metallischem Gewicht, und die Musik ist gleichzeitig komplexer und weniger überladen – eine scheinbar widersprüchliche Aussage, die sich durch die erhöhte Präzision und die tadellose Produktion jedoch unzweifelhaft belegen lässt.

Die vier Franzosen haben bei ihren Live-Auftritten ja eine spezielle Mystik kultiviert, und treten in völliger Dunkelheit auf, lediglich mit in Rot strahlenden und auf ihrer Stirn befestigten Scheinwerfern.

Dass CELESTEs Ästhetik auf einer nicht-musikalischen Ebene so kunst- und geheimnisvoll ist, scheint auch einen gewissen Kontrast zu der viszeralen, kompromisslosen Natur ihres Songwritings zu schaffen. Die Atmosphäre ist unerbittlich, und eine gewichtige und feindselige Kraft, die sich ebenso klaustrophobisch wie massiv anfühlt. Auch mit ihrem neuesten Werk bleiben sie deutlich in der Spur!

(8 Punkte)


(VÖ: 28.01.2022)