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AKROASIS – Ilion

~ 2021 (Doc Gator Records) – Stil: Melodic Death ~


Es gibt ja (wieder) ein paar kleine und nicht so kleine Labels, die mit einem spannenden Programm aufwarten. Sie entdecken neue und Junge Bands, sie graben fast vergessene Perlen wieder aus. Eine dieser fanbasierten Werkstätten ist sicher „Doc Gator Records“. Die Alligatoren haben schon einige Kracher abgeliefert. Aus Indien haben sie uns AGAINST EVIL vorgestellt. Die Bulgaren der MOSH-PIT  JUSTICE haben hier ein Zuhause. Diese Schmiede für Liebhaber beendet das laufende Jahr mit zwei Releases aus dem härteren Spektrum. Neben die hier besprochenen AKROASIS treten noch die kanadischen Thrasher von WRECK-DEFY. 

Den Anfang machen aber die Schweizer AKROASIS. Der Bandname stammt aus dem Griechischen und bedeutet sowohl das Hören, als auch das Gehörte. Also, wenn das kein perfekter Bandname ist. Dann sieht man das stimmige Cover, das Bandlogo. Man liest, dass sich die Schweizer auf diesem Konzeptalbum an Geschehnissen aus dem Trojanischen Krieg und der Odyssee abarbeiten. Ohne Vorwissen hätte ich mich hier auf ein klassisches Heavy Metal-Album gefreut, voller Power, Epik, ein wenig kauzig mit einem Hauch Sinfonik. Nun denn, lassen wir uns auf Melodic Death ein. 

Ein Vorteil der 2016 im freiburgischen Kerzer gegründeten Formation, sie haben mit Gitarrist Marcel Knupp einen Geschichtslehrer in ihren Reihen. Zumindest textlich dürfte das Ganze dann schon stimmig ausfallen. Das Cover passt schon mal, es gibt sogar ein Storyboard, das die Texte unterstreicht und verständlicher macht. So kann man sich dann auf die Musik einlassen…

…auch, wenn man selber nicht unbedingt der Anhänger von Melodic Death ist. Beim ersten Durchgang wollte ´Ilion´ noch nicht so recht zünden. Durchlauf Nummer zwei machte schon hellhörig. Aber dann kam der Booster. Plötzlich machte es Klick und alles was ich höre Sinn. Und ich darf feststellen, da ist weniger Death Metal drin, als befürchtet. Allein das proggige Intro zum Opener ´Ulisses‘ Fate´, ehe der Song durchstartet. Ja, es gibt ein paar Growls, die sind aber recht sparsam gesetzt. Wenn die nicht wären, könnte man ´Ilion´ doch unter Heavy Metal mit ein paar Thrash- und Death-Elementen einordnen. 

Nachdem der wichtigste Held der Homerschen Epen und sein Schicksal kurz vorgestellt ist, erforscht das harte ´Master Of The Gods´ den Anlaß des Krieges um Troja. Eris, die Göttin der Zwietracht, der goldene Apfel, die drei Göttinnen und Prinz Paris, der den ersten Schönheitswettbewerb der Geschichte entscheiden soll. Sein Preis ist Prinzessin Helena und ihre Entführung nach Troja ruft die Griechen auf den Plan. 

´Doomed´ klingt nicht nach Doom. Thrash Riffs und aggressive Schreie treiben nach vorne. Schöne Leads, in genau diesem Sinne, sorgen für harmonische Momente, die durch Growls kontrastiert werden. Nicht alle Griechen wollten an diesem Zug teilnehmen. Achill und Odysseus versteckten oder verweigerten sich. Erst durch List wurden sie entdeckt und für den Kriegszug gewonnen. Um blutige Weissagungen dreht sich auch das wütende ´Human Sacrifice´.

Wer den Film „Troja“ kennt, immerhin mit Brad Pitt und Orlando Bloom, kennt auch die Geschichte von Achill und ´Patroclus´. Schwer und doomig schleppend endet dieser Song mit dem Tod des Achill durch einen Treffer mit einem Pfeil in seiner Achillessehne. Rasend schnell und doch melodiös berichtet ´Watershed´ von der List des Trojanischen Pferdes und dem Sieg der Griechen. Endlich können sie sich auf den Heimweg machen.

Viele Jahre soll Odysseus umherirren, nachdem er den Zorn der Götter hervorgerufen hat. Viele Jahre, ehe er den Weg nach Hause, nach Ithaca finden sollte. Er trifft mit seiner Mannschaft auf ´Polyphem´. Er durchquert die Meerenge zwischen ´Scylla And Charybdis´. Manches wird gar ausgelassen, weder findet seine Fahrt vorbei an den Sirenen Erwähnung, noch die Zeit auf der Insel der Zauberin Circe. Schließlich trifft Odysseus in seinem Königreich ein. Den Kampf um seine Frau und seinen Thron schildert das abschließende ´Retrieval´. 

Auch ich habe ein wenig kämpfen müssen. Ich war mir anfangs nicht einig, ob mir das gefällt, was ich höre. Mittlerweile bin ich überzeugt. Das ist kein Album für jeden Tag für mich. Aber es ist eines, das sich eindrücklich in meiner Playlist festfressen könnte. Auch wenn Erwartungshaltungen vielleicht nicht unbedingt erfüllt wurden. Insgesamt ist da weniger Death drin als befürchtet. Ein paar Growls, dafür ganz viel Melodie, ein paar thrashige Kanten machen einen am Ende reizvollen Mix aus, der weniger böse ist, als erwartet. Dafür konnte eine gewisse Spannung aufgebaut und Epik eingebaut werden. Statt Punkten gibt es heute passend zum Thema Pfeile, deren 8 an der Zahl, Genrefans dürfen gerne noch höher werten.

Und weil ich gerade bei Pfeilen bin, wie wäre es für die Zukunft mit einem Album zu Wilhelm Tell? Und dann noch auf Schwiizerdütsch?

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