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DAN BAUNE´S LOST SANCTUARY – Lost Sanctuary

~ 2021 (ROAR / Soulfood) – Stil: Metal ~


Guter Metal ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt. Ich spreche von einer feinen, schmackhaften Mischung, die verzückt und überrascht, anstatt jedes mal die gleichen nichtssagenden Klumpen, die eine gewöhnliche Packung Merci-Schokolade in der Metalwelt und darüber hinaus darstellt.

Der mittlerweile in good old Germoney beheimatete Londoner Dan Baune (MONUMENT, hier Sänger & Multiinstrumentalist, auch als Produzent seiner Firma Noise Foundry aktiv) erweist sich auf seinem ersten Solowerk als Konditor von Lind’scher Güte und hat eine Sammlung von ausgewogenen Kompositionen zusammengestellt.

Überlegt man sich nach fast powerthrashigen Beginn mit Melodic-Refrain (´Arise´) anfangs noch, ob es im flotten, sommerlich-positiven WALPYRGUS-Tempo (´Open Your Eyes´) die ganze Scheibe über Dauerfeuer gibt, drosseln DAN BAUNE´S LOST SANCTUARY die Schlagzahl bereits etwas im ´Tempo Of Fear´, in dem es neben dem Ohrwurm-Refrain eine grandiose weibliche Scream-Performance zu bestaunen gibt und überrascht uns danach mit den gefühlvollen Parts des True-Metal-Smashers ´God Of War´.

Spätestens ab dem mystisch-epischen, neunminütigen Ausflug ins ´No Man’s Land´ mit NEVERMORE-Balladenstart zu einer musikalischen Landschaft, in der sich eine Göttin wie Leather Leone (CHASTAIN) bis hin zum Meister DIO selbst wohlgefühlt hätten, sollte er eure Metal Hearts endgültig erobert haben… wenn nicht, dann verbindet ´Master Of You´ QUEENSRYCHE-Drama mit einem härteren Kosmos und wenn das noch nicht reicht, seid ihr nicht mehr zu retten und dürft gerne weiterklicken.

Dass Dan seine Kunst des Gitarrenspiels über die Jahre perfektioniert hat, verdeutlichen nicht nur Flitzefingersoli, sondern auch klassische Hard & Heavy-Ansätze aus einem halben Jahrhundert Saitenhexerei. Da Multiinstrumentalisten im Allgemeinen kein Problem mit der Alleinherrschaft über Saiten und Tasten haben, der Schritt zum schlagenden Handwerk jedoch ein anderes Thema darstellt, gab er diese Aufgabe schlauerweise in die fähigen Hände seines Kumpels und Mitkomponisten Sebastian Weiss, damit organische Kraft statt Konservendrums die starken Kompositionen nicht bitter aufstoßen lassen.

Zusätzlich konnte er eine Reihe hochkarätiger Gäste für seine metallische Zuflucht akquirieren, was dem Fan eine zusätzliche Ebene an Schmankerln beschert. Seien es große Namen wie Bob Katsionis (OUTLOUD, WARRIOR PATH), Rasmus Bom Andersen (DIAMOND HEAD), Doogie White (CORNERSTONE, RAINBOW, MALMSTEEN, SCHENKER), Chris Webb (BIOMECHANICAL, SOLSIKK) und unser Dauerbrenner Herbie Langhans (AVANTASIA, FIREWIND, RADIANT, VOODOO CIRCLE) oder auch mir eher unbekannten Talente wie Jennifer Diehl (FIRE RED EMPRESS), Aliki Katriou (EIGHT LIVES DOWN) und Matt Mitchell (FURYON).

Im Innern des ´Lost Sanctuary´ selbst herrscht ein Hauch von ´Glory To The Brave´, als der Hammer noch zielgenau auf den Nagel niederfiel. Für die kompromisslosen Headbanger unter euch nehmen Dan & Co. erneut den thrashigen Faden des Albenanfangs auf lassen ´The Arconite´ auf euch los, während die Mathematiker durch ´Virtual Hedonia´ ihre tägliche Dosis modernen Progmetal mit Hitpotenzial und Sphärenpart verabreicht bekommen.

Die abschließende Kür des Albums ´Unholy´ wirft einmal mehr alles, was DAN BAUNE´S LOST SANCTUARY ausmacht, in die Waagschale: Thrash, Powermetal, Melodien, Hymnenrefrain und sogar schwarze Black Metal-Sprenkel – mehr Metal geht nicht. Dann darf man auch mal durchatmen dürfen und sich an den sinfonisch-schillernden Farben des passend benannten Outros ´Rhapsody Of Life´ ergötzen, ohne den Drang zu verspüren, sich bei irgendjemandem dafür entschuldigen zu müssen.

Ausgefeilte, höchst abwechslungsreiche, aber dennoch durch einen roten Faden verbundene Kompositionen mit klasse Gesang, überragenden Gitarren und fetter Power erwarten euch in diesem Zufluchtsort für, von großen Namen oder unausgegorenen Outputs enttäuschte Metaller. Erhältlich nach dem Feiertag beim Feinkostdealer eures Vertrauens.

 

www.facebook.com/dan.baune.lost.sanctuary

rockworld24.bandcamp.com