Livehaftig

BURNING WITCHES, STRIKER, SKULL FIST, HAMMER KING, MIND PATROL

~ 10.11.2018, Mannheim, Connection Complex ~


Samstagabend und Heavy Metal. Eine perfekte Ausgangssituation. Zudem war der örtliche Veranstalter so clever und hat zwei Shows zu einer zusammengelegt und daraus fast ein kleines Indoor-Festival kreiert. Während sich das kanadische Doppel SKULL FIST und STRIKER gerade durch die Clubs ackert, stand für die Schweizer Mädels von BURNING WITCHES ihr Albumrelease an. Hier sprach also nichts gegen eine Zusammenlegung der beiden Shows, da die Zielgruppe die gleiche darstellt.

Den Abend eröffnen MIND PATROL, die mit BURNING WITCHES angereist sind. Die junge Truppe liefert in der ihr zustehenden Spielzeit von 30 Minuten Thrash Metal ohne jegliche Innovationen. Hart und rumpelig, schlicht voll auf die Zwölf wummernd, gibt man Gas.

Hier und da hört man einen Melodieansatz heraus, ansonsten wirkt das alles zu durchschnittlich. Der Gesang ist kantig, dafür die Bühnenpräsenz wohltuend bewegungsreich. Wobei vor allem der Basser mit seinem Retro-Outfit (Leoparden Muster auf dem Hemd und Retro Jeans mit Psychedelic Design) Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Da ist noch deutlich Luft nach oben und etwas mehr Eigenständigkeit sollte kein Fremdwort sein. Dennoch gibt es mehr als Höflichkeitsapplaus.

 

Für HAMMER KING als zweite Band ist das fast wie ein Heimspiel. Gerade hat man mit `Poseidon Will Carry Us Home` sein drittes Album an den Start gebracht. Die als MANOWAR-Soundalike verschrienen Pfälzer zelebrieren ihren Auftritt als Heavy Metal-Messe.

Der übergroße „Hammer“ der Band wird auf die Bühne getragen und zeitgleich betreten die Bandmitglieder die Bühne. Derweil übergibt man den „Hammer“ ans Publikum, die diesen durch hunderte von Händen gleiten lassen. Die Band spielt parallel dazu mit `Kingdom Of The Hammer King` ihre erste Fist-in-the-Air-Hymne. HAMMER KING polarisieren mit dem, was sie tun, ganz klar. In ihren langen Mänteln, der Schminke im Gesicht und den hymnischen Songkonstrukten mit Mitgrölfaktor, hat man die Anwesenden schnell auf seine Seite gezogen.

Man feiert die Band, das ist festzustellen. Die Leute sind Text-sicher, was ebenfalls verblüfft. HAMMER KING liefern in denen ihnen zustehen Möglichkeiten, und da spielt Filigranarbeit keine Rolle. Metal ist das Gebot der Stunde. Simpel, effektiv, leicht platt, aber zielführend.

Die eingestreute Ironie darf man nicht vergessen! Das Publikum hat seinen Spaß und als mit `I Am The Hammer King` die Bandhymne anstimmt, fährt man die volle Punktzahl ein.  Unter euphorischem Applaus und Zugaberufen verlassen HAMMER KING die Bühne.

 

Als nächsten entern die kanadischen Jungspunde von SKULL FIST die Bühne und hieven die musikalische Qualität gleich auf ein ganz anderes Niveau. Auch die Kanadier haben aktuell ein neues Album am Start: `Way Of The Road`. Gespannt wartet man auf die ersten Töne von Sänger Zach Slaughter, der zwei massive Operationen an den Stimmbändern hinter sich hat. Gut, die Stimme hat nicht gelitten.

Die erste Viertelstunde läuft die kanadische Speed Maschine noch nicht richtig rund. Es hakt hier und da, aber dann ist die Betriebstemperatur erreicht, der höchste Gang drin und die Jungs laufen rund. Ihr klassischer Speed Metal macht Laune, man ist gezwungen zu bangen.

Die Band liefert einen bewegungsreichen Auftritt, der irgendwie an die wilden, ungestümen Achtziger erinnert. Ein adrenalinreicher Auftritt, keine Frage. Vom neuen Album finden sich drei Songs im Set. Der elf Songs umfassende Gig, u.a. mit `Get Fisted`, `Ride The Beast`, `No False Metal` oder `Hour To Live`, ist purer Adrenalin und Spaß.

SKULL FIST machen keine Gefangenen und liefern das, was man von ihnen erwartet hat: spritzigen Speed Metal mit dufter Old School-Note. Starker Auftritt!

 

Da müssen STRIKER jetzt noch mächtig einen drauflegen. Und das tun sie auch, von der ersten Minute an. Fucking rasant, fucking tight, fucking heavy und mit einer Spielfreude, die einem den Atem raubt.

Full Speed or no Speed ist die Devise und die wird in jeder Minute ausgereizt. Auch hier actionreiche Bühnenpräsenz. Die Kanadier liefern fast schon ein Fitnessprogramm auf der Bühne ab. Die Songs kommen absolut souverän. Der Druck, der da auf der Bühne aufgebaut wird, haut einen förmlich um.

Schon der Einstieg mit `Heart Of Lies` vom neuen Album `Play To Win` zeigt deutlich, dass das neue Material live ebenso fett und knallig rüberballert wie die älteren Songs.  Man spielt soweit es geht von jedem Album der Discografie Songs, was im Gesamtkontext zeigt, dass die Kanadier sich seit Beginn ihrer Karriere auf einem hohem Level bewegen.

Macht einfach Spaß, sich diesen Speed Metal-Attacken zu unterwerfen und auf Teufel-komm-raus mitzubangen. Hier passt alles. Fetter Sound, spielgeile Band, Hammer Songs – ein grandioser Auftritt und für viele der Headliner des Abends. Dem kann man nur schwerlich widersprechen.

 

Dass die Schweizerinnen den Release des neuen Albums `Hexenhammer` an diesem Abend feiern, war schon im Vorfeld kommuniziert worden und so legen sich die Damen von BURNING WITCHES voll ins Zeug. Ist man sich auch des Umstandes bewusst, dass STRIKER gerade komplett abgeräumt haben.

Im Vergleich zu den beiden Auftritten, die ich bisher von den Damen sah, hat man einiges an der Bühnenpräsenz verbessert und sich auch spielerisch deutlich nach vorne bewegt. Zentrum des Geschehens ist ganz klar Sängerin Seraina, die gesanglich kaum zu bemängeln ist…

… und hier und da an eine junge DORO erinnert. Die beiden Axt-Damen dürften dagegen etwas mehr aus sich herausgehen und ihren Bewegungsradius vergrößern. Das macht Basserin Jay dagegen recht intensiv. Die Dame bangt sich gut einen ab. Alles in allem eine erkennbare Steigerung. Die Songs dagegen wirken doch relativ gleichförmig. Solider traditioneller Metal mit gut abgehangenen Refrains. Bei `Holy Diver`, einer der DIO-Hits, den die Ladies covern, geht noch einmal ein Ruck durchs Publikum, welches hundertfach die Fäuste in die Hallenatmosphäre streckt. Ein guter Song bleibt eben ein guter Song.

Die eignen Kompositionen überzeugen immer dann, wenn man das Tempo doch drastisch anzieht und die Bangerquote steil nach oben geht. Mit der Ballade `Don’t Cry My Tears`, die man recht früh ins Set einbaut, zieht man die Stimmung etwas runter. Hätte es nicht gebraucht. Ein solider Auftritt, der aber in Anbetracht dessen, was STRIKER vorgelegt haben, doch Schwächen aufweist. Dennoch, die Ladies sind auf dem richtigen Weg.

So endet der Samstagabend mit einer überzeugenden Version von `Burning Witches` und der Gewissheit, alles richtig gemacht zu haben. Keine Couch, keine Stammkneipe, kein sonstwas – the place to be was here.


Fotos: Jürgen Tschamler