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TAROT – Glimpse Of The Dawn

~ 2024 (Cruz Del Sur Music/Soulfood) – Stil: Vintage Hardrock ~


Eigentlich ist schon alles gesagt worden, musikalisch als auch rezensorisch. Dem Hardrock aus den goldenen Zeiten von DEEP PURPLE, URIAH HEEP und RAINBOW haben schon viele Künstler gehuldigt, mal mehr und mal weniger recht. Selbst die okkulten Vintage Rocker der vergangenen Dekaden konnten deren Einfluss nicht verleugnen.

Zu Hochzeiten dieser Nachzügler erschienen plötzlich TAROT from Down Under auf der Bildfläche, auf den Bühnenbrettern erst in den letzten Jahren. Sie nannten sich Zauberer, Priester und Einsiedler und verschickten ihre Musik aus Australien auf Kassetten in die Welt, wegen der geringen Portokosten für old-school Tapes. Von den vielen bunten Kassetten, ´Life And Death´, ´Dying Daze´ und ´The Watcher´s Dream´, war der Underground regelrecht fasziniert. Die Musik war natürlich auch nicht von schlechten Eltern, allerdings auch nicht sensationell.

Mittlerweile ist aus dem Projekt TAROT eine echte fünfköpfige Band erwachsen, da sie nicht nur für Live-Auftritte zur Verfügung stehen, sondern inzwischen auch vereint komponieren. Nach der Kompilation der Kassetten-Veröffentlichungen ´The Warrior’s Spell´ und dem 2016er Full-Length-Debüt ´Reflections´ erscheint daher jetzt auch endlich das zweite Full-Length-Scheibchen.

 

 

Die Musik auf ´Glimpse Of The Dawn´ hat sich im Vergleich zu den Vorgängerwerken glücklicherweise nicht sehr verändert. Die Australier sind immer noch dem Vintage Hardrock der Siebzigerjahre verfallen und leben sich als Nachfahren in den Spuren von DEEP PURPLE, URIAH HEEP und RAINBOW aus, obwohl Sänger/Gitarrist Will Spectre nunmehr seinen Mitmusikern alle Möglichkeiten zur kompositorischen Entfaltung einräumt.

TAROT nutzen insofern in den Studios ihrer Heimat Tasmanien alle Wege, insbesondere bei den Leadgitarrenabschnitten des Albums, der Improvisation freien Lauf zu lassen. Die Hammond B3-Orgel quietscht, das Mellotron streichelt und die Gitarren jubilieren. Die acht Kompositionen suhlen sich vollständig im Sound und Klang der Siebzigerjahre. Der nicht unbedingt bestechende Gesang spielt dabei eine untergeordnete Rolle, die gesanglichen Refrains sind ohnehin nicht auf die große Hookline aus. Die Lieder geizen zwar nicht mit Kehrversen, beglücken jedoch endgültig erst mit ihrem Gitarrenreichtum.

Ein Song wie ´Glimpse Of The Dawn´ zeigt umgehend die Besonderheiten und Eigenheiten von TAROT auf und schwingt sich in einen Rhythmus der bekannten Okkult-Rocker in epischer Art und Weise ein. Dagegen ist ´The Winding Road´ ein flotter Ritt mit einer wunderbar losgelösten Saiteneruption. In ´Leshy’s Warning´ singen nicht nur die Gitarren, sondern auch die Flötentöne sind los. Ist der Gesang wie in ´Echos Through Time´ nicht immer auf der vorgesehenen Linie, darf es im Anschluss in ´The Harrier´ kurz instrumental und irgendwie nicht ganz ungeläufig zugehen.

Den Männern von Down Under dürfte alles von BOSTON bis LED ZEPPELIN geläufig sein. Schließlich kommen bei TAROT alle Freunde melodischer Gitarrenbewegungen und Gitarrendetonationen auf ihre Kosten, und dementsprechend in einem Song wie ´Dreamer In The Dark´, auch wenn sich die Orgel im erlesenen ´The Vagabond’s Return´ und spacig im restlos entwaffnenden ´Heavy Weighs The Crown´ einschaltet.

Eigentlich war alles schon gesagt, doch ´Glimpse Of The Dawn´ ist ein echter Grower und Gitarrenmelodien zum Mitsingen oder Mitsummen sind zu jeder Tageszeit willkommen.

(8,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/tarotaus


Pic: Saint Bradshaw
(VÖ: 12.04.2024)