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GREAT ELECTRIC QUEST – Live At Freak Valley Festival 2019 Netphen Germany

~ 2020 (Ripple Music) – Stil: Hardrock ~


Auf dem gleichen „Freak Valley Festival“ wie John Fairhurst aus England, mein Held und ehemaliger Schützling als Booker, trat auch die kalifornische Hardrockband GREAT ELECTRIC QUEST auf und bekam vom „Ripple“ Label ein Livealbum ihres Gigs spendiert.

Sie sollen zwei Vorgängeralben haben, Studioalben. Macht da ein Livealbum Sinn? Ich für meinen Teil finde solche Festival-Livealbum-Serien wie vom „Roadburn“ oder auch „Freak Valley“ ganz entzückend und gerade im Bereich organischer, nicht zu ordentlicher Musik passiert auch was mit den Songs.

Nun kenne ich GREAT ELECTRIC QUEST durch ein Review meines Freundes Ray aus den USA und da er dieselbe Frage stellte und für sich mit „braucht man“ beantwortete, hab ich mir die CD beim deutschen Händler SPKR bestellt. Ich bin sehr glücklich darüber. Die beiden vorigen Studioalben folgen nochmal nach.

Auch wenn ich es ungeil finde, daß sogar solch eigentlich alternativ denkende und gegenkulturell wirkende Events auf den Zug des bargeldlosen Zahlens aufspringen und sich somit eher als systemrelevant erweisen, das Billing 2019 hätte mich interessiert.

John Fairhurst ist schon toll, gerne bei YouTube checken, UK Blues und Bluesrock mit gnargelig garstiger Stimme und immer mit einer wuchtigen Portion Stoner Rock aufgepeppt. Dann noch GREAT ELECTRIC QUEST mit ihrem kräftigen Heavy Rock, das wäre was für Papa gewesen.

Sie haben Coverversionen auf dem Livealbum, die auch nur live funktionieren. So wie ´In The Flesh´ von PINK FLOYD, dem getragen und schwebend dahinschreitenden Eröffnungssatz der ´Wish You Were Here´-Platte. Sie haben ein minutenlanges Drumsolo, das nach dem Ende des explosiven und doomig sinistren ´Seeker Of The Flame´ die epische „Of Earth“-Trilogie einleitet.

Das Publikum johlt. Sogar der kultige Liveansager vom „Freak Valley Festival“ ist drauf. Ganz am Anfang. Ob sich „Of Earth“ nun noch entwickelt? Das Drumsolo tut es und die Fans freuen sich. Klingt sogar auf dem Kinder-CD-Player meiner Tochter geil. Irgendwann hat die Band es satt, daß der Trommler so durchdrehen darf und sie steigt ein, kurzer treibender Part mit knappem, eindringlichen Powersolo. Ein wenig herumwirbeln und abflippen, als wäre der Song zuende. Dann setzt der Gitarrist zum Solo an und entfacht einen Flächenbrand. Aus dem Solo heraus entsteht im zweiten Songteil ein knackiger Old School-Heavy Metal-Shuffle im forschen Tempo. Die Melodien sind düster, mystisch, die Stimmung erinnert an die besten NWoBHM-Truppen und die Leadgitarre darf fetzen was das Zeug hält. Ohne den Unterbau einer Rhythmusgitarre. Und der Gitarrist zaubert hier richtig was, damit man keine Soundlöcher spürt. Zwischendrin kann die Band dann auch Mal kurz zum Freak Out innehalten. Sie spielen im 70s Stil sehr frei, aber mit der Kraft des späteren Heavy Metal.

Diese Live-Platte ist in der Tat eine Wonne. Und wenn ihnen an manchen Stellen die Jamlust durchgeht wie ein Wildpferd, sie kommen immer auf den Song zurück. Und als Kontrast zu dem epischen Heavy Metal von „Of Earth“ Teil 2 gibt es in Teil 3 Ballade pur mit härterem, eruptivem Refrain. Bester Bluesrockballadengroove, irrwitziges Solo? Passt bestens. Und der Sänger hat auch noch das Publikum bestens im Griff.

Auch als Amis dürfen sie alten UK Metal worshippen, was sie mit den Coversongs ´Victim Of Changes´ und ´Highway Star´ auch tun. Original-Interpreten nenne ich jetzt mal nicht, wer das nicht weiß… Ich finde auch, dass sie eher den britischen Schwung mitbringen. Aufbau mit einer Gitarre wie bei QUARTZ, UFO zu Anfang oder BLACK SABBATH. Stilistisch epischer, aber heavy und wuchtig, zwischen Prä-80er Proto-NWoBHM und den dunkleren 80er Kapellen abseits des großen Mainstreams in ihrer eigenen Nische verbaut, mag ich dieses San Diego-Quartett gar nicht ansatzweise in die Nähe des Stoner Rock rücken. Dafür sind die Gitarrenläufe zu verspielt und melodisch, bei gleichsam ordentlicher Wucht. Ein mittelschneller Shuffle Banger wie ´The Madness´ mit allen Gitarrenläufen hätte locker auf einer 1981 erschienenen und heute zum Kult erhobenen Single einer englischen Kleinstadt Band auf einem Minilabel eine gute Figur abgegeben.

GREAT ELECTRIC QUEST sind so unglaublich Heavy Metal in ihrem tun. Aber die Stonerrockszene und das „Freak Valley“ lieben sie. Das Livealbum hat natürlich Ecken und Kanten und immer ganz sauber sind die Amis nicht. Genau so muss Rockmusik doch sein. Solche Bands hat es 1977 bis 1980 oft gegeben. Und oft waren sie derartig intensiv, bei ihren Gigs in kleinen Kneipen, Gartenlauben und an sonstigen Plätzen abseits des Mainstreams. So pur und echt klingen GREAT ELECTRIC QUEST hier.

Und versteht mich richtig, auch „nicht ganz sauber“ zaubern die Jungs hier mächtig einen hin. Gerade die Gitarrenarbeit flasht mich. Weil hier nur ein Gitarrist dabei ist. Weil er seine Riffs immer mit Leads peppt. Weil seine Soli voller brodelnder Glut stecken und zuweilen wie Magmafontänen sprühen. Genießt das Livealbum als Ganzes, als mit Musik erzählte Geschichte. Ich bin auf die Studioplatten gespannt. Wie ihre Landsleute DANAVA oder WAR CLOUD haben sie dem Heavy Metal 1980 einen Energieschub verpasst und ihn ins 21. Jahrhundert geholt.

(9 Punkte)

 

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