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IS LOVE ALIVE? – Welcome Home …

~ 2023 (Independent/Underground Power Records) – Stil: Doom ~


Willkommen Zuhause …! ´Welcome Home…´! Doch das Zuhause scheint abgebrannt oder eine Ruine im abrissfälligen Zustand zu sein.

So spiegelt es das Cover-Artwork der neuesten Scheibe von IS LOVE ALIVE? und womöglich den Gemütszustand der Formation wider, als sie nach all den Vorkommnissen der vergangenen Jahre Ende 2022 ins Studio gehen wollen.

Denn nach der Veröffentlichung von ´Second To None´ wirft erst einmal Sängerin Anne Brandenburg frustriert das Handtuch und reißt Schlagzeuger Falko Bröggelwirth und Gitarrist Felix Kramer gleich mit. Daraufhin kehren die ehemaligen Bandmitglieder, Sänger Stefan Hüsing und Schlagzeuger Daniel Müller, wieder in den Schoß der Band zurück. Zudem möchte Peter Lehnen auf dem anstehenden Werk die Lead-Gitarre übernehmen, doch er stirbt kurz nach Aufnahmebeginn plötzlich und unerwartet an einem Herztod. Für ihn springt kurzerhand Stefan Tillmann ein. Zu allem Unglück nimmt sich noch ihr Mann für das Mastering, Mike Wells aus L.A., das Leben.

Willkommen Zuhause …! IS LOVE ALIVE?

Das Quartett lebt zumindest noch und musiziert frohen Mutes weiter, und zwar momentan in der Besetzung Sänger Stefan Hüsing, Mastermind/Gitarrist Thomas „Tom“ Pieper, Bassist Sascha „Sash“ Sievers und Schlagzeuger Daniel Müller, die auch das Studio zwischen Oktober und Dezember 2022 aufsucht. Obendrein erhalten sie noch Unterstützung durch Stefan Tillmann an der Lead-Gitarre und Thomas Wyborny an den Keyboards.

Nun liegt ihr drittes Album ´Welcome Home…´ vor und ist abermals eine wunderbare Songsammlung, die auch nach traditionellem Heavy Metal und nach US Metal, nach Stoner, aber natürlich ganz stark nach Doom duftet. Dazu kommt noch das Aroma des schwarzen Goldes, denn ´Welcome Home…´ erscheint fast ausschließlich auf Vinyl. Nur für die wenigen unbeugsamen, weiterhin Widerstand leistenden Nicht-Besitzer eines Plattenspielers sind einige Silberlinge in der Papphülle verfügbar.

Acht Songhappen, beginnend mit dem atmosphärischen Willkommensgruß ´Welcome´, erst mit Klavier und Geige, dann mit Gitarre und Schlagzeug zum Jam ins Jenseits aufbrechend, und endend mit dem kurzen, sonnendurchfluteten ´The Last Sunset´, mit Heimo Sommer sowie Markus Lehnen an den Gitarren, und dem ebenfalls instrumentalen, aber äußerst massiven ´Doomsday Clock´, bilden den Rahmen.

Zu einer feinen Melodie gibt es zur zarten Steigerung in ´People Come People Go´ nur langsam Schläge, ehe die walzende Heavyness ausgepackt wird. Nach zwei heroisch gesungenen Refrains setzen sogar leichte Orgelklänge ein und die Komposition lässt alle Energie heraus. Das anschließend äußerst aromatisch die Saiten anreißende ´State Of Mind´ wabert nicht nur wunderbar durch die Gegenwart, sondern wäre auch in den Siebziger- und Neunzigerjahren gut aufgehoben gewesen.

Nach einer kleinen einführenden Erzählung rüttelt ´At The End´ an dem Tor ins Jenseits. Die letzten Gedanken vor dem Dahinscheiden werden natürlich fachgerecht vom Doom begleitet. Nochmals hält ´Psycho Woman´ eine dieser feinen Melodien parat, ehe das Schlagzeug auf alles einhämmert und solistisch gar psychotische Sphären aufsteigen. Dagegen suhlt sich der ´Rejected Messiah´ schwirrend im Klagegesang mit leichten Keyboard-Einschüben für die aeturnische Doom-Gemeinde.

´Welcome Home…´ führt den Hörer in traumhafte, weitgehend vergessene Musiklandschaften, denn es besitzt diesen speziellen Geist, der seit über zwei Dekaden in Vergessenheit gerät.

(8,5 Punkte)

 

Michael Haifl

 

 

Er hat es wieder getan. Tom Pieper, der „Dave Chandler des Ruhrpott“ und seine Crew haben ein neues Album aus dem Ärmel gezaubert und wir sind alle mit dabei. Nach einem eher unspektakulären Intro und ein paar gnarzigen Riffs steigen die Jungs erstmal mit einem melancholischen, nachdenklich stimmenden Part ein, bevor der Doom in all seiner schleppend schwerfälligen Pracht die musikalische Führung übernimmt. Aber nein, die tief brummende Gitarre bleibt nicht allein und nicht kriecherisch monoton.

Schon der Opener ´People Come People Go´ hat Momente mit leicht trabendem Beat und Platten sowie die 80er PENTAGRAM-, SAINT VITUS- und WITCHFINDER GENERAL-Scheiben in quasireligiösem Trancezustand verschlungen. Die pompösen, spacig progressiven Keyboards und verspielten Elemente sind klar 70er. Aber mit metallischer Kraft und komplett entfesselt gespielt. Wenn dann beim Rauswerfer, dem Instrumental ´Doomsday Clock´ Orgel und Leadgitarre gleich einem Duell miteinander interagieren, das ist nur eine Passage jenes Epos, ist man sofort in rauschhaften, zutiefst purpurnen Nebel gehüllt.

Innovativ? Danke, brauchen wir nicht, müssen sie nicht sein. Frisch? Erhaben? Ihre ureigene Geschichte erzählend? Da könnt Ihr drauf wetten. Ihre beste Platte bisher? Na sowas von.

Keine Frage, braucht man.

Noch eines. Der Sound ist gleichsam fett, wie transparent und lebendig. Du hörst jeden Beckenschlag, jeden noch so sachten Wirbel auf der Snare. So echt und ehrlich ist heute kaum mehr eine Band. Und bei aller Einprägsamkeit behält die Band doch einen dezenten Kauzfaktor.

Muss supported werden. Höchstnote von mir für den reinen Genuss.

 

Sir Lord Doom

 

https://www.facebook.com/islovealivedoom