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TOYAH – Anthem

~1982/2022 (Cherry Red) – Stil: New Wave/Artpop ~


Zuletzt rief sich Toyah mit ihrem Ehemann Robert über regelmäßige YouTube-Cover-Persiflagen unter dem Titel „Sunday Lunch“ wieder in das Gedächtnis ihrer Anhängerschaft.

Stures Rock-Riffing ihres jederzeit ernst dreinblickenden Ehemannes und KING CRIMSON-Masterminds Robert Fripp gaben die Vorlage für Toyah Willcox‘ sonntägliche Vorführungen, in einem thematisch zur Songauswahl dekorierten Kellerraum ihre eigene Stimme und gerne wieder viel von ihrer Haut zu zeigen.

Da mussten selbst die schwarz grämigsten Miesmuffel schmunzeln und der junggebliebene Zuschauer unwillkürlich auch an den 1977er Punk-Streifen „Jubilee“ zurückdenken, in dem sie neben dem legendären und allzeit schwer kostümierten Sänger Adam Ant auftrat.

Doch auch Toyah Willcox hatte in jenen Tagen, besonders zwischen 1980 und 1983, mit Gitarrist/Komponist Joel Bogen und ihrer Band TOYAH eine sehr erfolgreiche Musik-Karriere. Diese setzte sie in den Jahren danach als Solo-Künstlerin, Schauspielerin und Fernsehmoderatorin fort.

Zu ihrem erfolgreichsten TOYAH-Werk ist allerdings bis heute ihr drittes Studioalbum ´Anthem´ zu zählen, mit zwei Top-10-Singles und Gold-Auszeichnung in Großbritannien. Es war zudem das erste Album in der Besetzung Joel Bogen (Gitarre), Phil Spalding (Bass), Adrian Lee (Keyboards, MIKE + THE MECHANICS) und Nigel Glockler (Schlagzeug, SAXON).

Toyah Willcox vollzog in diesen Jahren den Wandel von einem 70er Punkstar zu einem 80er Popstar, doch den echten Musikliebhaber interessierten bereits in den Siebziger- und Achtzigerjahren nicht die Trennungen zwischen Pop, Punk und Metal.

Dass die Songs ´I Want To Be Free´ und ´It’s A Mystery´ zu Hit-Singles wurden, brandmarkte diese aufgrund ihrer Qualität selbstverständlich ebenso wenig. Denn ´It’s A Mystery´ könnte sogar als Synth Pop- und kommerzielle Prog Rock-Nummer klassifiziert werden. ´I Want To Be Free´ ist hingegen ein, sich als A-Seiten-Opener verirrter New Wave-Pop-Song, der lyrisch belegt, dass sich Frauen früher noch frei fühlen konnten, ohne in die Rolle eines Mannes schlüpfen zu müssen.

´Obsolete´ ist zwar wieder näher am Punk, doch ´Jungles Of Jupiter´ wandelt lieber zwischen Space und Time im Artrock. Ersterer Song zeigt auch schon die vermehrt über das Album hinweg eingesetzten Tribal-Beats, die sich später noch besonders bei ´Masai Boy´ auf der Rückseite zeigen werden, während ´Pop Star´ eher auf 80er Pop-Percussions setzt.

 

 

So wie das Album mit ´I Want To Be Free´ beginnt und freischwimmt, endet es auf der Vorderseite des Vinyls mit der Selbstbestätigung ´I Am´. Die Rückseite endet dementsprechend breitbeinig mit ´We Are´. Dazwischen liegen nicht nur zur Begrüßung der B-Seite noch die erwähnte Single ´It’s A Mystery´, sondern auch eine weitere Schönheit namens ´Marionette´ samt neo-prog Keyboards und das theatralische ´Demolition Men´.

Toyah Willcox legt auf diesem Album, das wahrscheinlich seit vielen Jahren von entschieden zu vielen Musikliebhabern nicht ganz vorurteilsfrei links liegen gelassen wurde, sehr viel Wert auf Theatralik und Dramatik. ´Anthem´ ist voller musikalischer Extravaganz und Finesse – und es bleibt das große, magische und heroische Meisterwerk von TOYAH.

 

https://www.facebook.com/toyahofficial