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CHAOS INSIDE – The Raven, The Joker And The Machine

~ 2023 (Mars Music Productions) – Stil: Chaos Inside Metal ~


Austrias finest are back! Endlich haben uns CHAOS INSIDE ihre zweite Sachertorte fertiggebacken. Und ja, sie mundet vorzüglich. Es handelt sich weder um eine Tiroler Prügeltorte, noch um Salzburger Nockerl und schon gar nicht um einen Kaiserschmarren. Nein, „The Raven“ Petra Grooves (Bass), „The Joker“ Andy Gee (Voice & Strings) und Neuzugang „The Machine“ Roman Daucher (Schlagwerk) präsentieren den famosen Nachfolger zum sensationellen Debüt AN602 von 2020 und sind noch genauso explosiv, packend und unvorhersehbar wie eh und je.

 

 

Auch lyrisch unterbreitet der „Joker“ den beschissenen Zuständen unserer Welt und ihren unvernünftigen Parasiten ein donnerndes ´Gfckyrslf´, welches ja bereits vorab veröffentlicht wurde. Und dazu machen sie richtigen Metal. Aber auch doch nicht. Sondern mehr. Mehr als Metal? Ja, man kann es eben schlecht beschreiben, was genau das Besondere, Ureigene an diesem Powertrio eigentlich ist. Ich nenne sie ehrfurchtsvoll meine „SAGA des Metal“ – aufgrund dieser anspruchsvollen Gitarrenparts und der Stimme mit ihrem unverkennbaren Charakter. Oder sind es die „RAGE des Prog“ wegen dieser unbändigen Power gepaart mit starken Melodien, die jedoch stilistisch mit unseren RAGE rein gar nichts zu tun haben, außer dass Peavy mit genau zwei Mitstreitern als Trio immer am Besten war?

Vielleicht hört ihr euch stellvertretend ´Banshee´ an und versteht selbst, dass es heavy ist, aber viel mehr Atmosphäre als Hinz und Kunz zu bieten hat. Bezeichnend für die außergewöhnlich Klasse ist zudem die Auswahl vom außergewöhnlichen Coversong statt immer den gleichen Mumpitz mit irgendwelchen ´Smoke On The Water´ Nachfolgern. Doch dazu später mehr, ab vor das Boxenpaar und Starttaste drücken:

Ein feiner Keyboardteppich wickelt dich geschmeidig ein und du fragst dich, auf welches Lied von SAGA du gerade nicht kommst. Doch dann rappelt die Doublebass, groovt satt weiter und eröffnet den aktuellen Reigen von Hymnen, die mehr als Metal zu bieten haben, mit dem Titelstück ´The Raven, The Joker And The Machine´. Die magischen Drei sind gekommen, um zu bleiben, euch zu retten, für euer Seelenheil zu sorgen.

Macht euch frei, macht euch locker und lasst euch von CHAOS INSIDE von Innen nach Aussen krempeln. Schon jetzt werdet ihr feststellen, dass eure drei neuen Helden einen ganz eigenen, abwechslungsreichen Metal spielen, der sich mal ganz runterfährt, euch streichelt, nur um dann euren Puls wieder nach ganz oben zu jagen. Garniert mit einem Schüsschen Elektronik, die jedoch niemals stört, sondern lediglich feine Akzente setzt.

Ja, wir leben wahrhaft im ´Age Of Insanity´ und ich drehe sowieso am Rad, wenn ich anfangs schon wieder an metallische SAGA denken muss, bevor sich CHAOS INSIDE sogleich wieder verselbstständigen und ihren ureigenen, unvergleichlichen Stil auffahren. Der „Joker“ und Gitarrist Andy Gee hat dermaßen Kraft und Eier in seinem unglaublichen Organ, dass dies schon alleine süchtig machen kann, wäre da nicht diese arschtight donnernde Wand der Bass „Ravin“ Petra Grooves und der trommelnden „Machine“ Roman Daucher dahinter. Da sieht die kaputte Welt um uns herum doch gleich besser aus.

 

 

Die ´Demons´ sind nun endgültig alle entfesselt und bescheren euch ultraheavy düstere Parts, eine donnernde Bridge und Refrain. Hier lacht keiner mehr und ihr geht gefälligst nirgendwo hin!

Immer wenn man denkt, dass „The Machine“ dir gerade den Schädel zerballert, dann geht der Kurs in die andere Richtung zum kurzen Verschnaufen. ´Only One Way´ präsentiert sich als metallgewordener Aufwach-und Durchhaltesong mit fettesten Riffs inklusive fantastischem Ian Crichton (SAGA)-Gitarrensolo. Bangalarm!

Die gesanglichen Nuancen in Richtung Michael Sadler (SAGA) treten besonders bei der wunderbaren Halbballade oder dem geheimen Liebeslied ´Banshee´ hervor, das eine leichte ´Dancing With Tears In My Eyes´(ULTRAVOX) – Weltuntergangsthematik hat und gegen Ende in einen Powerausbruch mit höchst intensivem Gesang mündet.

 

What will you do when the world’s going down
And everyone’s going insane
Who will you be when there’s nowhere to run
The demon, the clown or the saint

Will you be ruthless or will you be kind
Becoming a friend or a foe
Do you believe in the world or the gun
And tell me how far will you go

 

Weiter zum ewig gestrigen, kauzigen Stinkstiefel, dem ´Old Man´, der die neue Generation so partout überhaupt nicht versteht bzw. verstehen will. ´Take It Or Break It´ könnte das Motto der neuen Scheibe sein. Jetzt oder nie, her mit der Marie. Du hast dein Glück in der Hand, nimm‘ es oder lass‘ es. Könnte ebenfalls eine härtere Version eines SAGA-Krachers sein.

Danach der bereits Eingangs erwähnte, anarchistische „krrrrg mich am Foffel“ – DREAM THEATER Song, den ich hier schonmal vorgestellt hatte und der sich erstklassig zur gewaltfreien Stressbewältigung im ganz normalen Wahnsinnsalltag anbietet:

 

Who the fuck you think you are
King of social media
You are just a little lad – an accident your daddy had

All the pretty things you do
There is something about you
Makes me wanna kiss your head
With a baseball bat

 

 

Nun zum überraschendsten Cover seit langer Zeit. Verdammt, das Lied kenne ich doch… eines dieser unvergesslichen Jahrhundertstücke, die süchtig machen – aber nicht aus dem Metalbereich… das ist doch… nein… kann das sein? JAAAAAA, es ist tatsächlich der ´Lovesong´ von THE CURE – eines ihrer besten Stücke überhaupt. Wahnsinn. Was für eine Umsetzung. Da werden die UNTO IDLE OTHERS HANDS mächtig neidisch werden, wenn sie das hören.

Zum guten Schluss beweist uns Roman „The Machine“ noch, dass er eine extrem gefühlvolle Seite hat und das Piano zart, ganz zart beherrscht. Die ´Valium Edition´ der ´Demons´ ist ein krönender, ruhiger Abschlus seines Longplayers, der in dieser Sparte Musik keinerlei Konkurrenz hat, da niemand sonst solchen Metal macht.

Und wer an dieser Stelle von meinen vielen SAGA-Vergleichen abgenervt ist oder die Band gar überhaupt nicht versteht, dem sei gesagt, daß dies lediglich ein verzweifelter Versuch ist, das Individuelle an CHAOS INSIDE zu beschreiben, da es auch keine, aber gar keine Band gibt, die so klingt wie SAGA.

Schwärmt ihr gegen Jahresende in sämtlichen Listen- und Fachsimpelkreisen nicht von diesem Album, so habt ihr 2023 etwas Essentielles mit Klassikerpotenzial verpasst.

 

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www.chaosinside.at

chaosinside.bandcamp.com