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THE EVIL – Seven Acts To Apocalypse

~ 2023 (Osmose Productions) – Stil: Apocalyptic Doom ~


Keine Ahnung, ob die Sieben Todsünden spezifisch mit Ostern zusammenhängen, oder ob der Veröffentlichungszeitpunkt des Debüts dieser relativ neuen brasilianischen Doomster rein zufällig gerade noch so in die Fastenzeit gefallen ist – sie selbst betrachten die Seven Deadly Sins sowieso von außerhalb der christlichen Lehre, nämlich von der moralisch-philosophischen Warte aus, wo die Hauptlaster auch ihren antiken Ursprung haben. Das katholische Konstrukt der einmal begangenen Sünde trifft ja nicht wirklich zu auf Charaktereigenschaften oder Haltungen wie Gier, Stolz, Neid oder Maßlosigkeit, vielmehr entsteht deren Schaden ja erst dadurch, dass sie die Handlungen von Individuen durchgehend bestimmen, daher wurden ihnen auch entsprechende Dämonen zugeordnet: Luzifer dem Hochmut, Mammon dem Geiz, Leviathan dem Neid, Satan dem Zorn, Asmodeus der Wollust, Beelzebub der Völlerei und Belphegor der Faulheit – na, und das kennen wir, da sind wir ja wieder beim Metal angelangt!

Genauso bekannt sind einige der Tod- oder Hauptsünden aus Dante Alighieris ´Die Göttliche Komödie´, wo sie Höllenkreise darstellen, in denen diejenigen, „die geistige Werte zurückgewiesen haben, indem sie bestialischen Begierden oder Gewalt nachgaben oder ihren menschlichen Verstand zu Betrug oder Bosheit gegen ihre Mitmenschen pervertierten“ entsprechend ihrer Verfehlungen nun schmoren… und das ist perfekt formuliert, denn will man all diese Laster auf ein Prinzip herunterbrechen, ist es doch vor allem maßlose menschliche Gier, die ihren unheilvollen Effekt in dieser Welt ausübt: das Verlangen nach immer mehr und das menschliche Bedürfnis nach Überfluss, mehr Geld und Besitz, nach noch größerer Macht, nach noch mehr Einfluss über Andere, nach einem Leben in unendlichem Luxus, ohne Einschränkungen durch Gesetz oder Moral, kurz – nach einem Ego, so groß wie das Universum, dem sich alle und alles unterzuordnen haben. Da jedoch nicht nur einer so denkt, ist Gewalt, Mord und Totschlag genauso an der Tagesordnung wie die komplette Ausbeutung aller menschlichen wie natürlichen Ressourcen, et voilà, wir kommen dem aktuellen Zustand auf unserer Erde immer näher, und somit sehen sich THE EVIL auch als Vorboten aka die Vier Reiter des Weltendes: ihre ´Seven Acts To Apocalypse` beschreiben die letzten Tage der Menschheit und bieten vor allem deren Soundtrack.

 

 

Und der kann nun mal nichts anderes als Doom sein, in einer recht klassischen, sprich grundsätzlich Birminghamer Form plus ein paar Stoner-Elementen und natürlich themenentsprechend auch einem großen Schuss Okkultismus. Sehr Riff- und bassbetont, und soundtechnisch so angeschwärzt, wie man es von der neuen Band von SARCOFAGOs Wagner Antichrist, hier als Iossif, nun mal erwarten kann. Die große Überraschung und das Pfund, mit dem THE EVIL ihren Weg nach vorne in die internationale Doomszene pflastern, ist jedoch Miss Wornous, eine Sängerin, die nicht nur den Okkultismus lebt und atmet, sondern auch eine großartig wandlungsfähige, extrem nuancenreiche, mal dominante, dann wieder dämonisch fauchende, geisterhaft flüsternde, hauchende, wie besessen verfluchende, aber vor allem anderen eine klassisch ausgebildete Stimme hat – okkulte Oper also, und zwar vom Feinsten! Natürlich steht sie damit im Vordergrund und beweist, wie sie in Sekundenbruchteilen von einem beschwörenden Sprechgesang zu Koloraturen und wieder zurück wechseln kann, wie es der Song eben verlangt. Es gibt wahrlich viele tolle (und ganz unterschiedliche) Doomsängerinnen, aber was Miss Wornous hier vollbringt ist absolut einzigartig, und ich sehe schon ihre Adepten ihr am Bühnenrand der entsprechenden Festivals entzückt die Füße küssen…

Hinzu kommt ein abwechslungsreiches Songwriting, das voll auf die Stärken des Genres setzt, dazu hat ein Iossif mit seinem schwarzmetallischen Hintergrund natürlich keinerlei Angst vor Dissonanz, ´PRIDE´ erzählt davon und vor allem der scharfe, sägende Gitarrensound, der eindeutig aus dem Extremmetal kommt. Und genauso kennt er natürlich auch besagte okkulte Doomgöttinen wie JEX THOTH oder Farida Lemouchi von THE DEVIL’S BLOOD, Jinx Dawson oder Alia O’Brien von BLOOD CEREMONY, und lässt Miss Wornous entsprechend viel Raum für ihre Beschwörungen des Bösen. Hypnotisch und düster wie der Höllenschlund zieht ´Seven Acts To Apocalypse´ seine Hörer an, und lässt sie schon jetzt Stück für Stück durchleben, was bald auf sie zukommen wird.

Auch das Cover erzählt davon, dass der Mensch das wahre Böse ist; der geniale Daniele Valeriani hat sein perfekt passendes „Belial at the Hellmouth“ dafür zur Verfügung gestellt und auch das weitere Artwork brillant nach dem Thema gestaltet.

Es bleibt nur noch festzustellen, dass ein so einfacher wie kurzer Bandname selten so viel drohende Bedeutung transportiert hat. THE EVIL werden uns nicht mehr loslassen, auf dem Weg zum Jüngsten Gericht…

(8 heulende Höllenhunde)

 

https://www.facebook.com/evildoom

 

„Humanity has failed miserably, and on its filthy throne, the fallen angel laughs sordidly…
The battle for the souls of those who inhabit this dying habitat known as Planet Earth has been won by evil…
A planet dominated by genocidal rulers; religious spreaders of hatred; criminals who rejoice in chaos and a corrupted justice; dominated by their parasites, aka homo sapiens;
A planet strutting its way to the final destruction…
Our final days will be marked by our acts..
Acts driven by the sadness of our Envy and stupid Pride
Acts to feed our Greed for money and power…
Acts that you, in your weakness and Sloth, refuse to face…
Acts aimed at satisfying our Lust and unbridled Voracity ….
Acts brought with violence by filthy Wrath armies…“