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MIKE TRAMP – Songs Of White Lion

~ 2023 (Frontiers) – Stil: Hard Rock / Heavy Rock ~


Mike Tramp mochte ich seit dem kometenhaften Beginn mit der härtesten und besten WHITE LION-Platte ´Fight To Survive´ sehr gerne. Der große Durchbruch kam bekanntermaßen mit der Ballade ´When The Children Cry´, aber dann nahm aus meiner Sicht die Qualität ab und der Kommerz zu. Album Nr. 2, der Megaseller ´Pride´, war noch stark, ´Big Game´ und ´Mane Attraction´ auch noch anhörbar, aber die Höhepunkte wurden rarer.

Besser gefiel mir dann seine nächste Band FREAK OF NATURE, nachdem der weiße Löwe an die Wand gefahren war. Das war härter und authentischer. Auch seine Solo-Sachen waren und sind hörenswert. Wenn man seine spezielle Stimme mag, gefällt einem alles. Live habe ich ihn mit beiden Bands und auch solo gesehen. Er ist und war mein Lieblingsposer vor dem Herrn. Und ein netter Philip Lynott- und THIN LIZZY-Maniac. Das hat er mir bei dem sehr angenehmen Interview mit ihm bei FREAK OF NATURE gebeichtet, kann aber auch an dem Tattoo auf seinem Arm schnell festgestellt werden.

Jetzt scheint der Lebensunterhalt für die Familie etwas schwerer zu werden (ist gemein, aber nicht böse gemeint) und der weiße Löwe taucht (wieder) von den Untoten auf. Älter, abgeklärter und zum Glück nicht „verwässert“. Aber auch kein Vito Bratta in der Sturm und Drang-Phase in Sicht.

Meine Meinung zu Wiedereinspielungen habe ich schon des Öfteren deutlich kundgetan, aber Mike hat einen riesigen Bonus bei mir. Also: Starker Beginn mit dem exzellenten ´Lady Of The Valley´ (von ´Pride´) und dem bekannten starken Riff. Seine Stimme reifer und weniger in hohen Gefilden. Es wird geschreddert fast wie bei Vito. Doch, ein hoffnungsvoller Beginn. Die Mischung aus Kraft und Melancholie geht immer noch auf.

´Little Fighter´ überzeugt weniger, war im Original (einer von drei Titeln von ´Big Game´) aber auch schon ein schwächerer Titel. Sehr schön wieder ´Broken Heart´, der Opener auf dem Debüt (und auf ´Mane Attraction´ noch einmal verwurstet). Mit ´All The Fallen Men´ (im Original aber dann doch besser, klar) gibt es sogar noch einen Klassiker des fabelhaften Debüts ´Fight To Survive´. Leider nicht ´The Road To Valhalla´, für mich die deutlich bessere Ballade als die der weinenden Kinder.

Natürlich weiteres von ´Pride´ wie das ordentliche ´Hungry´. Alle vier Alben kommen zum Zuge. Zum Schluss natürlich – wie sollte es anders sein – ´When The Children Cry´, der Song der den Durchbruch (Platz 3 der US-Singlecharts) und gleichzeitig auch schon den Niedergang brachte. Die Plattenfirma wollte nämlich anschließend weitere Weichspüler, Balladen und Hits, aber eigentlich ist Mike ein Rocker. Doch wirklich. Ein waschechter Rocker. Hier sind die weinenden Kinder als Klavierballade einigermaßen erträglich und ich habe mir den Song mal wieder angehört. Und vom Text her leider, leider sehr aktuell. Das muss gesagt werden. Die Texte von Mike waren meistens sehr gut, selten hirnlose Partykacke. Das hat er von seinem Vorbild Philip Lynott übernommen.

Insgesamt: Zum ersten Kennenlernen oder auch zum Wiederentdecken sehr okay. Die Neuaufnahmen sind gut. Sehr nah an den Originalen. Schon 1999 gab es Wiederaufnahmen. Die Sinnfrage braucht man jetzt nicht unbedingt stellen. Bitte nicht mir. Waren doch fast alles gute bis exzellente Songs. Auch gerade im Original. Aber er hat den Songs nicht weh getan.

Natürlich ohne Wertung. Doppel-Vinyl folgt im August.

 


(VÖ: 14.04.2023)