PlattenkritikenPressfrisch

MUDHONEY – Plastic Eternity

~ 2023 (Sub Pop) – Stil: Garage Rock/Psychedelic/Punk Rock ~


MUDHONEY gehören für mich neben PEARL JAM zu den letzten bedeutungsvollen Überlebenden der Grunge-Ära, sie waren vor allem in den späten 80ern und frühen 90ern Amerikas unbestrittene Garage-Punk-Darlings, und nach mittlerweile 35-jährigem Band-Bestehen bringt uns nun ihr neuestes, 11. Studioalbum ´Plastic Eternity´ einen weiteren Brocken an dreckigen Garagen Rock-Moves, lyrisch köstlich garniert mit dem von ihnen gewohnt düster-amüsanten Sarkasmus.

Mark Arm, Steve Turner, Guy Maddison und Dan Peters hätten im Laufe der Jahre ja auch ihre Solowege gehen und Produzenten oder Songwriter für irgendwelche Grunge-Möchtegerns werden können, die „Flanell“ nicht einmal buchstabieren können, geschweige denn wissen, was es überhaupt ist. Stattdessen haben sie nun ein Album erschaffen, das vehement gegen die Rechtschaffenen rüffelt, Schleudertrauma-Akkorde in den Äther hallt und den ganzen Dreck an moderner Oberflächlichkeit in eine eklektische, knorrige, knurrende Ode an Garage, Punk, Psychedelic und trippige Desert Jams fegt. ´Plastic Eternity´ eben – ein Statement gegen all die Hipster, die uns so unsäglich auf die Nerven gehen.

 

 

MUDHONEY anno 2023 bietet zwar immer noch viel von Turners süßlich-verzerrter Gitarre, aber anstatt die Songs wie gewohnt mit Riffs zu beginnen, haben sie nun alles von der Rhythmussektion aus nach oben aufgebaut, wobei vor allem der flinke Schwung von Schlagzeuger Peters immer heller erstrahlt. Seine lebhafte, rasselnde Snare eröffnet das Album dann auch direkt in ´Souvenir Of My Trip´, einem langsamen Brennen aus schlitternden Gitarrenstürmen und Theremin-Gejammer –  ein eher untypischer Opener, der mich von seiner Intensität und düsteren Grundstimmung her irgendwie auch an ´Serve The Servants´ von NIRVANAs ´In Utero´ erinnert.

Zu wissen, wie weit sie die grundlegende Vorlage ihres Sounds in andere Richtungen verschieben können, ohne sie dabei zu brechen, ist jedoch eine weitere der ausgewiesenen Stärken der Band. ´Cascades Of Crap´ beispielsweise ist beinahe schon Country Rock und bringt einmal mehr das Hauptthema des Albums auf den Tisch, und wie wir das Leben auf unserem Planeten mit nutzlosem Plastikmüll ersticken.

´Move Under´ ist hingegen ein echter Abräumer mit klassischem MUDHONEY-Schwung, während das wilde und apokalyptische ´Cry Me An Atmospheric River´ eine ganz ähnliche Energie befeuert.

Die verzerrten Powerchords und hämmernden Drums in ´Here Comes The Flood´ sowie der knurrende, dröhnende Art-School-Punk auf ´Flush The Fascists´ schlagen in eine ähnliche Kerbe, und ´Human Stock Capital´ ist sogar, als zweiminütiger Punk-Estrich verpackt, eine brutale Anklage gegen die kapitalistischen Auswüchse unserer Gesellschaft.

Nach all den typischen Wutausbrüchen werfen sie uns zum Abschluss schließlich noch mit ´Little Dogs´ in einen beruhigenden Curveball, ein Song wie mit leichten Bonustrack-Vibes versehen und einem vagen Surf-Feeling.

Meine Liebe zu MUDHONEY hat jedenfalls nie geschwankt. Sie haben über all die Jahre mit ihrem Punkrock-Heulen stets eine bestimmte destillierte Essenz verkörpert, und mit ´Plastic Eternity´ haben sie nun einen reibungslosen Übergang von jung und angepisst zu alt und mürrisch vollzogen, eben gerade weil sie sich selbst nie allzu ernst genommen haben. Durchgängig sind die sardonischen, düster-humorvollen Geschichten von Männern, die die Seattle-Grunge-Szene und ihr chaotisches Erbe überlebt haben – und sie haben ihre Trickkiste einmal mehr gerade gut genug durchgeschüttelt, um eine weitere Ansammlung an ausnahmslos starken Songs zu erschaffen!

(9 Punkte)

https://www.facebook.com/MudhoneyOfficial


Pic: Emily Rieman
(VÖ: 07.04.2023)