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Dominique M. Täger – Ephemer

~ 2022 (Edition Outbird) ~


Das „Hoch Michaela“ lässt im Supersommer 2003 alles und jeden dahinschmelzen. Die Konturen zwischen Hitze und Klimaveränderung sind in diesem Jahr noch nicht verschwommen. Die Frauen sind kurz berockt und heiß, die Männer im Schweiße ihres Angesichts bisweilen äußerst abgeklärt. In diesem Hitzesommer zu Beginn unseres Jahrhunderts ist die Mittzwanzigerin Etta aus allzu gutem Haus immerfort auf der Suche nach Sex. Den pflegt sie mit dem über Gott und die Welt sinnierenden Logopäden W, der sich in seiner Tätigkeit bemerkenswert einfühlsam gibt.

Der Autor Dominique M. Täger schenkt selbst den womöglich nicht jedes Mal erwähnenswerten Kleinigkeiten Beachtung und zieht den Leser komplett in seine Geschichte hinein. Die Realität wird selten schneller hinter diesem zugezogen und der Roman „Ephemer“ erst nach der letzten Seite wieder zugeklappt. Mehrmaliges Lesen garantiert.

Der Schöpfer dieses Romans, dessen Einteilung in Band I „Sternbespien“ eine Fortsetzung in den Raum stellt, besitzt nicht nur Erfahrungen als Musiker, u. a. bei ANDERES HOLZ, sondern hat seine wenigen Jahre als Diplom-Logopäde einfließen lassen. Er hat obendrein Katholische Theologie, Philosophie und Musikwissenschaften studiert.

Dass sich der Verlag „Edition Outbird“ für „Ephemer“ begeistern konnte, kommt nicht von ungefähr, da dieser gerne echte Charaktere und außergewöhnliche Geschichten publiziert. Denn hier sind die Charaktere tatsächlich äußerst eigenwillig, gerne auch skurril und anarchistisch. Dazu muss nicht erst eine linksradikale Parkpennerin in die Handlung eingreifen. Wird Logopäde W nicht philosophisch, knallen die Handlungsstränge Schlag auf Schlag, kalt lächelnd und mitreißend ins Hirn, so dass die Zeitebenen zeitweise zu verschwimmen drohen.

„Ephemer“ ist wirklich aus anderem Holz gestrickt. Eigenwillige Persönlichkeiten in unterschiedlichsten Gemütszuständen zu begegnen, ist die Regel und nicht die Ausnahme, ganz gleich ob in der „Bora Bora Bar“ beim Cocktailtrinken oder bei der Rosenkranz-Wanderung, selbst die Begegnung mit einer AvantProg Band namens BUTOH aus der RIO-Szene oder einem 14-jährigen mit der Orchesterfassung von Mike Oldfields ´Tubular Bells´ im Walkman erschüttert irgendwann niemanden mehr.

Nichts ist unmöglich, nichts ist hundsgewöhnlich, denn gewöhnlich ist bei „Ephemer“ ein Fremdwort, nicht 1989, nicht 2003.

 

Dominique M. Täger „Ephemer“ –
Band I „Sternbespien“

Roman
Verlag: Edition Outbird
524 Seiten, Softcover 21 x 14,8cm
Coverbild: Gerd Altmann
ISBN: 978-3-948887-35-3
18,00€ inkl. MwSt.

 

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