Livehaftig

VEKTOR, CRYPTOSIS, COMANIAC, ALGEBRA

~ 27.10.2022, 7er Club, Mannheim ~


Unter dem Titel „Activate Europe 2022“ hatten sich vier Thrash Metal-Bands in dieser seltsamen Zeit durch die europäischen Clubs geackert. Alles keine Namen, die in der ersten Liga spielen und somit war das Vierer-Package eine echte Untergrund-Veranstaltung. Professionell war das Fortbewegungsmittel, ein klassischer Nightliner, der alle Bandmitglieder und Crew beherbergte. Und dieser stoppte auch in Mannheim vor dem 7er Club. Mit einem frühen Start der ersten Band hatten wohl die wenigsten gerechnet, denn ALGEBRA mussten vor weniger als 20 Leuten auf die Bühne und diese auch schon um 19 Uhr wieder verlassen. Somit bekam ich auch nur zwei Songs der Schweizer Thrasher mit, die allerdings wenig beeindruckend waren.

Mit COMANIAC ging als nächstes eine weitere Schweizer Band auf die Bühne, die sich im Untergrund mit bisher drei guten Alben einen ordentlichen Namen erspielt hat. Allerdings verletzte sich Basser Fabian Völkers und spielte die Show sitzend. Das Hauptaugenmerk des Sets lag auf Songs des letzten Albums ´Holodox´, das inzwischen auch schon wieder zwei Jahre auf dem Buckel hat. Die Buben gaben ordentlich Gas und Sänger/Gitarrist Jonas Schmid war wie schon in der Vergangenheit strahlender Mittelpunkt auf der Bühne.

Auch wenn ich seinen Gesang als eher eindimensional und emotionslos beschreibe, passte das zum Teil zu den düster gehaltenen Thrash-Stücken des letzten Albums. ´Head Of The Snake´ dürfte dennoch das Highlight des Auftritts gewesen sein. Die Band hatte ihre Momente und das kam bei den Fans gut an, zumal sich inzwischen eine ordentliche Anzahl im Club eingefunden hatte.

Ich muss gestehen, dass die Holländer CRYPTOSIS mir nur namentlich was sagten. Schande über mich. Zumal ich mit der Vorgängerband des Trios, DISTILLATOR, mehr als vertraut war. Heilige Fresse, was das Trio hier ablieferte war ein echtes Massaker. Die Bühne wurde mit zwei großen Flatscreens aufgepimpt, die während des Auftrittes zu den jeweiligen Songs einen visuellen Part beitrugen.

Die Mucke lebte von der unfassbaren Gitarrenarbeit von Herrn Laurens Houvast, der die Clubatmosphäre wahrlich brennen ließ. Was für eine Rasanz, welch druckvolles Riffing. Aber auch die beiden anderen Herren ließen nichts anbrennen, was in Anbetracht auch deren muskalischer Vergangenheit sich nun auszahlte. Hier wurde nicht gekleckert, hier wurde gebombt. Thrash Metal ist pure Energie und dies lieferte das Trio gnadenlos. Mit nur einem Album in der kurzen Bandgeschichte, ´Bionic Swarm´, vom letzten Jahr, zerlegte man die Bühne. Unfassbar was das Trio lieferte. Hier saß jedes Riff, jede Note strotze vor Aggression.

Kein Song, der „nur“ Mittelmaß war, das war perfektes Thrash Metal-Entertainment, das durch ein aktives Stageacting zudem aufgewertet wurde. Nervig nur, dass man konstant Rauch auf die Bühne blies. Leute, merkt euch CRYPTOSIS und legt euch ´Bionix Swarm´ zu!

 

 

 

 

 

 

Da stellte sich natürlich die Frage, ob die Amis von VEKTOR in der Lage sind, dies zu toppen. Mit den Jungs hat man es nicht wirklich leicht, da Sänger und Gitarrist David DiSanto eigentlich VEKTOR darstellt und nur Gitarrenkumpel Erik Nelson zur erweiterten Grundausstattung gehört. Die 2020 reanimierte Truppe hatte ihr letztes Album 2016 (Terminal Redux) veröffentlicht. Und dennoch haben VEKTOR ein gutes Standing in der Prog Thrash Metal Szene. Shreddige Riffsalve auf Riffsalve wurde abgefeuert und das Tempo war schon beachtlich. Über die teilweise geschrienen Vox mit hysterischen Ausdünstungen kann man streiten, mir ging es nach einigen Stücken etwas auf den Senkel. Man konnte dem Material live schon einiges abgewinnen, zumal die Truppe auch recht aktiv auf der Bühne agierte. DiSanto fackelte zu Beginn von ´Collapse´ sein Amp ab, was zu einer knapp zehnminütigen Unterbrechung des Gigs führte, bis ein Ersatzamp gefunden und angeschlossen war. Fans und Band nahmen es gelassen und nach zwei weiteren Stücken war eh Schicht im Schacht.

Keine Frage, VEKTOR sind eine arschtighte Band, aber der Abend gehörte ganz eindeutig CRYPTOSIS, die mit nur einer Gitarre alles in Schutt und Asche verwandelten und dabei hochwertiges Songmaterial lieferten.

Merch gab es reichlich, wobei VEKTOR allerdings den Vogel abschossen und zwei neue Songs auf einer CD für satte 12 Euro vertickten. Nicht cool. Da war das farbige, limitierte Vinyl mit CD-Beilage von CRYPTOSIS für 25 Euro eigentlich ein Schnäppchen.

Nicht zu vergessen, ein herzliches THANK YOU, Marita.


Fotos: Jürgen Tschamler