~ 2022 (Dixie Frog) – Stil: Blues / Soul ~
Man kann mir nicht unterstellen, dass ich ein großer Gospelanhänger bin, aber der Opener ´Pray´, der Gospelmusik a cappella (hier gilt für mich das gleiche wie bei Gospel) vorträgt, ist schon beeindruckend. Denn die heute in Frankreich lebende Kaz Hawkins bringt eine stimmliche Power mit, die unmittelbar fesselt.
Die folgende Pianoballade ´Because You Love Me´ ist sehr einfühlsam und kann auch sofort überzeugen. Der Coversong ´Feeling Good´ ist anschließend ein echter Höhepunkt. Mit auch sehr guter Gitarre und dieser kraftvollen Stimme von Kaz. Etta James ist seit früher Jugend das Vorbild von Kaz Hawkins. Der Konflikt um Nordirland hat ihre Kindheit geprägt. Vielleicht braucht man ja ein paar schlechte Lebensabschnitte, um seine Seele gesanglich rauszulassen.
´My Life and I´ ist eine Zusammenstellung von 13 eigenen Songs plus vier Coversongs. Diese „schleichenden Titel“ wie ´Lipstick & Cocaine´ und ´Surviving´ gefallen mir mit am besten. Hier kann durch einen intelligenten Aufbau die Spannung gesteigert werden, damit die volle Stimme von Kaz richtig zur Geltung kommt. Aber auch wenn es etwas mehr Uptempo geht wie bei ´Believe With Me´ oder ´Drink With The Devil´ (sie kann auch überzeugend losheulen in Richtung Janis Joplin) geht das gut in die Ohren und in Hirn und Herz. ´Full Force Gale´ nimmt dann 80er Pop Soul auf, ist eine nette Reminiszenz an die Synthiewelt der damaligen Zeit (wenn hier wahrscheinlich auch echte Instrumente am Start sind, die irgendwie wie Synthies klingen).
´At Last´ und ´Something’s Got A Hold On Me´ gehen noch musikalisch ein paar Jahrzehnte mehr zurück in die Ursprünge der Soul-Entwicklung. Insgesamt gelingt mit den 17 Titeln eine gute Mischung, der musikalische Zeiger schlägt nicht nach irgendeiner Seite zu stark aus. Vielleicht gegen Schluss wird es ein bisschen zu ruhig und zu balladesk.
Das Album schielt angenehmerweise nicht in Richtung irgendeiner Marketing-Zielgruppe, sondern präsentiert einfach eine Sängerin, die singt, was sie liebt und stets eine gute Backingband hinter sich weiß, die jederzeit das Rampenlicht der wichtigen Protagonistin überlässt, ohne aber nur pures Beiwerk zu sein.
Schöne Stimmen gibt es immer wieder, aber hier stimmt auch das Songwriting und Produktion und Instrumentierung.
(7,5 Punkte)
Pic: Christophe Losberger
(VÖ: 8.04.2022)
