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NESTOR – Kids In A Ghost Town

~ 2021 (Nestor Prestor Music Group) – Stil: Melodic Metal/AOR ~


Wie aus dem Nichts erschienen die Schweden auf der Bildfläche und im kleinen Kreis der „Ich habe alles, ich weiß alles und was ich sag, ist richtig“- Fraktion waren sie ein paar Tage Dauerthema. Jetzt hat sich die Aufregung wieder etwas gelegt und man kann die Sache entspannter angehen.

Keine Frage, was NESTOR hier liefern ist Erstliga-Niveau in Sachen Melodic Metal/AOR mit Achtziger Poppy- und Cheesy-Akzenten. Technisch nahezu perfekt in Szene gesetzt. Musikalisch absolutes Ohrwurmniveau mit enorm hohem Nachhaltigkeitsfaktor.

Neben einem Intro besteht das Album aus zehn meisterlich produzierten Songs, wovon die Hälfte sich auf einem 9-10 Punkte-Niveau bewegt. Die andere Hälfte ist gut, aber nicht exzellent und liefert somit hohes standardisiertes Melodic Metal-Niveau.

Die Burner des Album heißen ´On The Run´, ´Kids In A Ghost Town´, ´Perfect 10 (Eyes Like Demi Moore), ´Firesign´ sowie ´1989´. Gottverdammte Ohrwürmer, die sich so nachhaltig im Ohr festsetzen wie Honig am Kopfhaar. Hier harmoniert einfach alles: die geschmeidige Stimme, die fluffige Heavyness der Gitarren und schlicht die Melodien, die einen schnell einfangen. Wo andere Bands sich hartnäckig an einer Songformel verbeißen, agieren NESTOR etwas vielfältiger, variieren soweit es möglich ist in diesem Achtziger-AOR-Genre. Und dennoch wirkt das Album in sich kompakt und schlüssig. Kein Wunder auch, wenn man weiß, wer der „Hauptmacher“ hinter der Band ist. Sänger Tobias Gustavsson ist ein mit allen Wassern gewaschener Songschreiber und Produzent mit dem Hang zu kommerziell erfolgreichen Kompositionen.  Er kann einen schwedischen Grammy vorweisen, Nummer eins Hits für Boygroups und Solostars in Schweden und hat auch international einiges vorzuweisen. U.a. schrieb er auch für die NO ANGELS. Also ein Profi, was kommerzielle Musik betrifft. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, sind NESTOR dennoch „echter“ anzusehen wie THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA, denen man kommerzielles Kalkül unterstellt? Denn diese Argumentation tauchte auch schon auf. Aber egal….let the Music talk.

Und die ist eben großartig. Die weniger überragenden Stücke sind nicht schlecht, könnten aber auch von Bands aus dem unendlichen Fundus des „Frontiers Labels“ stammen. Und über die Ballade ´Tomorrow´, die man mit dem einstigen britischen Singsternchen SAMANTHA FOX aufgepimpt hat, kann man streiten. Aber wohl allein aufgrund dieser Kombination waren NESTOR sogar hier im Süden schon im Radio zu hören. Ist also schon gut, wenn man einen Tobias Gustavsson in der Band hat!?

Ist letztlich auch egal, die Musik zählt, und die ist über weite Strecken auf diesem Album für gute Laune und einen positiven Vibe verantwortlich. Auch wenn ich nur die Hälfte der Tracks als „Überfliegersongs“ betiteln will, macht mir das Album dennoch Spaß, trotz Vorurteilen, die ich inzwischen abgelegt habe. NESTOR, die ABBA des AOR?

(8 Punkte)