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SECRETS OF THE MOON – Black House

~ 2020 (Prophecy Productions) – Stil: Dark Rock ~


Ich rede nicht groß drum herum und komme gleich zum Punkt – so sehr ich mich auf die neue SOTM gefreut hatte, so heftige Probleme hatte ich in den letzten Wochen mit dieser Platte. Sicher, diese Band hat sich in ihrer 25 Jahre langen Laufbahn kontinuierlich weiterentwickelt, und da ist es ganz natürlich, dass manch treuer Begleiter irgendwann nicht mehr mitgehen will oder kann. Doch wer bis zum letzten Album ´Sun´ dabei war, wurde mit einem zartbitteren, so wütendem wie melancholischem Meisterwerk belohnt und liebt es bis heute. Daran wieder anzuknüpfen ist eine Herausforderung – für die Band, aber auch die Fans. Und denen kann es nun passieren, dass sie wie ich erst einmal gehörig mit der neuen Platte fremdeln. Schauen wir uns also mal genauer an, was dahinterstecken könnte…

Denn eines ist sofort klar: dass ´Black House´ in vielerlei Hinsicht Hitpotential hat; allen voran ´Veronica’s Room´ ist ein perfekt durchkomponierter, packender Song, der sich sofort im Gehörgang festsetzt. Auch ´Don’t Look Now´ oder ´He Is Here´ sind Ohrwürmer, aber eher solche mit Saugnäpfen als mit Widerhaken, wie wir es von ´Man Behind The Sun´ oder ´Hole´ kennen, weh tun sie nicht. Ein erster Hinweis – wer wieder mit der emotionalen Achterbahn voller krasser Gegensätze gerechnet hat, sieht sich nun einer gereiften und selbstbewussten, in ihrer eigenen Mitte angekommenen Band gegenüber, wieder vervollständigt mit Gründungsmitglied Lars Plegge aka Daevas am Bass, die ihre Pseudonyme abgelegt und sich in mehr als vier Jahren erstaunlich gut eingerichtet hat in ihrem schwarzen Haus. Und die sich viel Zeit dafür genommen hat, auch mit dessen Ausgestaltung (zu jedem der neun Songs wurden Videos bei den französischen, visuellen Untergrundkünstler Metastazis und Dehn Sora in Auftrag gegeben, diese gestalteten auch das graphische Gesamtkonzept des Albums) und sich dorthin viele Freunde einlädt, um gemeinsam zu musizieren (fast bei jedem Stück gibt es zusätzliche Sänger, darunter Jarboe, (DOLCH), Jules Näveri (ENEMY OF THE SUN), Alexander Meilenwald (THE RUINS OF BEVERAST) sowie Thomas Helm von EMPYRIUM); Seraph von DARK FORTRESS und V. Santura steuern Percussions und Programming bei, ein wahres Gemeinschaftswerk also, das die Band erstmalig stark nach außen öffnet. Stilistisch noch mehr Neuland zu erforschen und gleichzeitig so viel Fremdes zu integrieren, ist ein mutiges Wagnis, aber auch ein Risiko.

 

 

Ob es gelingt, sagt uns die Musik. ´Sanctum´ steht nicht ohne Grund am Anfang, es hat noch diesen ´Sun´-Stallgeruch, das Suchende, Widerspenstige, Verzweifelte. Auch ´Sun´ bot mit ´Here Lies The Sun´ oder ´I Took The Sky Away´ schon Hinweise auf den Entwicklungsprozess, den die Band inzwischen durchgemacht hat, und der bei ´Don’t Look Now´ deutlich wird: typisch atmosphärische SOTM-Melodiebögen und Phils brüchig-nasale Klarstimme treffen auf die vollen, sanften (DOLCH)-Vocals, aber vor allem eine poppig-flauschige Ausgestaltung mit üppigen Keyboards, und konterkarieren damit die tiefdunklen Lyrics zum Thema sexuelle Anziehung und Vereinigung. Der diesem Song innewohnende Schwarz-Weiss-Kontrast wird durch pulsierende, warme Basslinien und extrem kraftvolles Drumming verstärkt, und erst spät fällt auf, dass die Gitarren, oder besser: harte Riffs, hier kaum noch eine Rolle spielen, sondern stark in den Hintergrund getreten sind, was sich als roter Faden durch die gesamte Platte zieht – diejenigen Songs, die jedoch gitarrengeführt aus dem Muster ausbrechen, wie beispielsweise ´Black House´, machen es den Hörgewohnheiten eher Extremmetal-orientierter HörerInnen daher einfacher, gleich Zugang zu finden, aber oft sind die Vocals härter als das stilprägende Instrument (´Heart´).

Denn eines ist gleich geblieben: jeder Song ist ein Individuum, und ganz anders als jeder davor oder danach. Und so gibt es hier eine Band zu erleben, die sich wieder einmal, diesmal jedoch sehr umfassend neu erfunden hat, bei der jedoch endgültig gar nichts mehr unter „Metal“ eingeordnet werden kann, und die sich nun im weiten Rund des Dark-, Alternative- und Gothic Rock einen herausragenden Platz erkämpfen will, und mit ´Black House´ dafür die beste Basis gelegt hat, sich neue Rezipientenscharen zu erschließen, zumal es sehr viele ganz unterschiedliche Stilrichtungen zu entdecken gibt (das traumwandelnd-grungige ´He Is Here´ mit Jules Näveris Vocals, ´Earth Hour´). Einige davon werden gerade auch von CRONE, Phils zweiter Band, dazustossen, und die beiden zukünftig zu trennen, dürfte bei dem nun eingeschlagenen Kurs schwierig werden, zu gefährlich ähnlich ist beider aktuelle Ausrichtung.

Fazit: Als brilliante Songwriter und Instrumentalisten sind SECRETS OF THE MOON auf einem guten Weg, wenn Phil seiner Stimme noch mehr Raum und Fülle geben kann, umso besser. Aber um die treuen Fans zu halten, wären beim nächsten Wurf eine Schippe mehr Spannung, Dissonanz und ja, auch Aggression nicht verkehrt, siehe die gerade zusammen mit ´Black House´ wiederveröffentlichte ´Live In Bitterfeld´. Und vor allem Riffs, denn merke: Auch der Altersweisheit tut Wut gut, wenn sie will, dass ihre Stimme weiter gehört wird!

(7,5 Punkte)

 

 

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