THIN LIZZY – Fighting (1975)


´Fighting´ wird oft von den späteren LIZZY-Veröffentlichungen ´Jailbreak´, ´Johnny The Fox´ oder ´Black Rose´ überschattet. Aus meiner Sicht völlig zu Unrecht. Auch wenn ´Nightlife´ noch nicht perfekt war, spielte sich das neue Gitarrenduo Brian Robertson und Scott Gorham für größere Taten auf dem Album warm.

Das eilig in Angriff genommene Plattencover und der kämpferische Titel des neuen Albums verdeutlichte die Entschlossenheit der Band. Spätestens ab jetzt mussten alle anderen 70er Hard Rock-Bands in Habachtstellung gehen, spätestens jetzt wurde eines der prominesten Gitarrenduos im harten Rock geboren, konkurrenzlos in seiner gegenseitigen Ergänzung. Mit Brian Robertson das Idealbild des „Angry young man“, angriffslustig und spontan in seiner Spielweise. Mit Scott Gorham der intellektuelle, gewissenhafte Gitarrendenker, ein Meister der Melodiebögen.

Mit Philip Lynott war weiterhin einer der charismatischsten Songwriter im Fokus und im Rücken mit Brian Downey ein Meister der Schlagzeugkunst. In Deutschland und den USA benutzte man ein Plattencover, das spontan auf einer Baustelle entstanden war und vier entschlossene coole Musiker voller Tatendrang zeigte. In Großbritannien und Irland wurde das Originalcover veröffentlicht, das die Band als Straßenschläger mit Eisenstange und Kette zeigte und im Nachhinein wie die mit Theaterschminke versehenen Promo-Bilder eher satirischen Wert hat. Egal….

 

 

Entscheidend war die Musik. Auf ´Fighting´ gab es eine Anhäufung von starken Songs, die es aus meiner Sicht mit jeder anderen THIN LIZZY-Veröffentlichung aufnehmen können. Dauerhaft in das Standardrepertoire übernommene Klassiker wie ´Rosalie´ oder ´Suicide´. Leider eher vergessene, spannende Songs wie das von der Doppelgitarre geprägte ´For Those Who Love To Live´ oder das atmosphärische ´Spirit Slips Away´. Dazu richtig harte Songs, die den Weg in die Zukunft aufzeigten, wie ´Fighting My Way Back´ oder – einer meiner absoluten Favoriten –  das von Scott Gorham verfasste ´Ballad Of A Hard Man´ mit fantastischen Wahwah-Soli von Brian Robertson. Auch ziemlich nette Macho-Lyrics, die sich mit den „Teenyboppern“ (kennt den Begriff noch irgendjemand außer mir?) und den damit zusammenhängenden Verkaufsstrategien der Plattenindustrie befassten: „No rocker bopper show stealin‘ teeny bopper, gonna get a thing from me“ (…) Well they got a scheme to sell you kids the silver screens and glossy magazines“.

 

 

Nicht zu vergessen, noch ein weiterer LIZZY-Klassiker par excellence: ´Wild One´, irisch, abenteuerlich, poetisch, warmherzig und melancholisch. So richtig wurde der Song und der Text erst nach Philips Tod prominent, da Philip selbst als der „Wild One“ charakterisiert wurde bzw. den Song-Lyrics autobiographische Prophezeiungen zugerechnet wurden: „How can we live without your love? You know that could kill you. How can we carry on, when you are gone, my wild one?“ (…) „Away you’ll stray and never come back. To those who love and made you.“

Bei der Aufnahme von ´Fighting´ machten THIN LIZZY nach dem Strohfeuer mit ´Whiskey In The Jar´ und der weitgehenden Nichtbeachtung von ´Nightlife´ eine schwere Zeit durch. Aber die Band wurde dadurch gestählt und immer stärker zu einer musikalischen Einheit zusammengeschweißt. ´Fighting´ verzeichnete zumindest in Großbritannien eine erste Chartnotierung auf Platz 60. Trotzdem sollte der nächste große Aufbruch mit einem „Ausbruch“ dann doch etwas überraschend kommen …

… Fortsetzung folgt …