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DIVIDED MULTITUDE – Faceless Aggressor

~ 2019 (Ram It Down Records) – Stil: Power Metal ~


„We’re Divided Multitude“ heißt es im gleichnamigen, mit teils sehr harten Riffs ausgestattetem Track. Als kundige Hörer wissen wir das natürlich bereits lange. Entschlossen komponiert man also nun auf dem sechsten Album den „Bandsong“, denn es ist ein neues Zeitalter für die Norweger, eigentlich das nunmehr dritte (auch wenn uns das Intro eines verheimlichen will).

Arbeiten wir daher kurz die Historie auf. 1999 & 2002 veröffentlichen DIVIDED MULTITUDE zwei Alben, die etwas verspätet 90er Heavy Prog mit sehr eigenen Nuancen bieten. Vor allem mal wieder das Debüt (´Inner Self´) ist ein Klassiker aus dem die beiden Übersongs ´Streets Of Bucharest´ und ´Tale Of Tomorrow´ noch herausragen. Es folgt eine lange Pause, doch zwischen 2010 und 2015 gibt es drei weitere Longplayer, mit etwas eingängigerem Duktus und mehr dem Power Metal zuordenbar, obgleich noch mit reichlich Keyboardeinsatz. Die musikalischen Koordinaten sind aber nun nicht so weit von bspw. BRAINSTORM oder ANGEL DUST entfernt. Die Band ist in dieser Zeit auch live aktiv, in Deutschland u.a. im Vorprogramm von SHADOW GALLERY und CIRCUS MAXIMUS.

Gemeinsam ist beiden Phasen aber insbesondere der eigenartige, dunkel geprägte Gesang von Sindre Antonsen und hier ist der erste Schnitt zum neuen Werk. Sindre konzentriert sich nun auf die zweite Gitarre, ist nur noch rudimentär gesanglich zu vernehmen. Den Gesangsjob übernimmt Jan Thore Grefstad, bislang aktiv bei den bei mir nicht im Bestand befindlichen HIGHLAND GLORY und SAINT DAEMON. Den kultigen wiedervereinigten Euro Metallern SEA OF DREAMS (zwei Alben in den 90ern mit allerdings unterirdischem Sound, die SKYLARK Norwegens sozusagen) steht er zudem derzeit für Liveauftritte vor.

Der weitere prägende Unterschied ist der ersatzlose Ausstieg von Keyboarder Eskild Kloften. Trotzdem finde ich, dass das Songwriting eher sogar wieder noch interessanter geworden ist als zuletzt. Verortungen werden nun durchaus mal in den Gemarkungen NOCTURNAL RITES oder PAGANS MIND vernommen.

Zu Beginn des neuen Albums werden uns mit dem druckvollen Titelsong und ´Counterparts´ die eingängigsten Songs vorgesetzt. Im Falle DIVIDED MULTITUDE bedeutet das trotzdem echte, geile Refrains, die halt nicht nur aus einer sich ständigen wiederholenden Zeile oder gar Phrase bestehen und zudem strukturiertes Songwriting mit hervorragendem Aufbau. ‚Counterparts‘ hat bspw. im Mittelteil bereits eine heiße Eruption („No sanctuary – Nowhere to hide…“), die die folgende Bridge zum Glück noch nicht zum Einsturz bringt. So können wir sie noch queren für den Tanz um den Kraterrand beim wiederum herausstechenden Refrain.

Absolutes Kronjuwel des Albums und eine glatte 10 ist das alles enthaltende u.a. im Refrain speedige `Prosperity Divine (Machine Of Mammon)`. Das hernach folgende ‚False Prophecy ist aber kaum schwächer. Hymnisch geht es zu, spätestens beim Refrain („Saviours of souls all forlorn – For a few Dollars more – I’ll save you from purgatory…..“). Nicht zu den Highlights zählt für mich dagegen der 10-minütige, trotz illustrer Gäste (Gary Wehrkamp – SHADOW GALLERY und Ida Haukland – TRIOSPHERE) eher unspektakuläre Abschlusstrack. Sonst wäre eine gar noch höhere Bewertung möglich gewesen für ein Album, das in Teilen durchaus mal aggressiver als in der Vergangenheit ist, aber ganz und gar nicht gesichtslos. Auch wenn ich den extrem hohen gesanglichen Wiedererkennungswert von Sindre Antonsen schon vermisse.

(mitreißende 8 Punkte)