PlattenkritikenPressfrisch

THE ANCESTRY PROGRAM – Of Silent Mammalia Part II

~ 2023 (Progressive Promotion Records) – Stil: Progressive Rock ~


Der Krach, den die Münchner THE ANCESTRY PROGRAM mit ihrem letzten Album ´Mysticeti Ambassadors Part I´ fabrizierten, hallte noch lange nach. Denn nicht nur der gewöhnliche Musikhörer aus dem snobistischen Kreis des Progressive Rock war in diesem Augenblick völlig entzückt, als THE ANCESTRY PROGRAM weniger mit Pauken und Trompeten, sondern mit ein wenig Cello und Violine sowie harmonischen Gesängen in aller Freiheit die alte und die neue Welt des Progressive Rock verbanden. Keyboards und Elektronik, Progressive Rock und Progressive Metal fanden sich in stromverbundener Anspannung von fünf musikalischen Kräften in der Elegie des Artrock zusammen.

Zwei Jahre danach, später als angekündigt, kracht der direkte Nachfolger ´Of Silent Mammalia Part II´, der Abschluss ihres zweiteiligen Magnum Opus mächtig ins Gebälk. Das Quintett ist nunmehr zu einem Sextett angewachsen. Mike Voglmeier ist als zusätzlicher Gitarrist und Marco Osmajic als neuer Bassist im Team angekommen. Die Hauptsongwriter Andy Lind (Schlagzeug, Keyboard, Gitarre, Hintergrundgesang, Screams) und Thomas Burlefinger (Keyboards, Gitarren, Gesang) haben jedenfalls mit Ben Knabe (Gesang, Hintergrundgesang, Lap Steel Gitarre) und Mani Gruber (Gitarren, Keyboards, Hintergrundgesang) das Konzept des ersten Teils fortgeführt und von dem Bartenwal, der einzigen in das sich anbahnende Unheil eingreifenden Spezies, den blauen Planeten retten lassen.

THE ANCESTRY PROGRAM musizieren mit allerlei Ansätzen originell und fesselnd. Die Leichtigkeit früherer Großtaten von SOPHISTREE und SECOND RELATION sticht auch weiterhin aus ihren Klängen heraus, die harmonischen Gesänge sind stets ein wichtiges Element. Neben den Gitarren und den Keyboards bringen auch vereinzelt Gast-Auftritte von Tom Reinbrecht, Reinhard Greiner, Petra Amasreiter, Emil Bekir und Klaus Filser mit Saxofon und Trompete, Violine und Cello echte Farbe ins Spiel.

Trotz Saxofon und Trompete klingt eine Komposition wie ´Path Of Inspiration´ gleich einer möglichen Kreuzung aus Neo Prog und Prog Metal, aus SOPHISTREE und PAIN OF SALVATION. Dagegen öffnet sich durch ein ´Pangreta’s Box´ die Möglichkeit für Neo Prog und Djent, sich samt Cello und Viola im tieferen und modernen Prog-Klange mit IQ zu messen.

Äußerst beschwingt, mit Violine, sehnt sich ´War Is Over´ nach einer besseren Welt, lässt den Geist von KANSAS in diesem Jahrhundert aufleben und bestellt das Feld für das spacige, floydige und sanfte ´Maria’s Smile´. Hitziger wird es demgegenüber mit dem Auftritt von Gitarrist Wolfgang Zenk (7 FOR 4, SIEGES EVEN) im Song ´Ancestors´, unbedingt besinnlicher im Refrain von ´Star To Follow´.

Unerbittlich anklagend und melodramatisch klingend, stehen in ´Paranoid Structures´ diejenigen im Kreuzfeuer, die die Welt tagtäglich in schwarz und weiß einteilen und uns mit dem ewigen Schüren der Angst beherrschen wollen. Mit Nachdruck präsentiert sich ebenfalls nochmals ´Create Our Sins´ samt Saxofon, ehe ´… Of Silent Mammalia´ mit einer gewissen Leichtigkeit des Folk die Scheibe und somit den zweiten Teil des ANCESTRY PROGRAM’schen Magnum Opus abrundet.

Lange Rede, kurzer Sinn, THE ANCESTRY PROGRAM spielen den interessantesten Artrock mit essentiellen Ingredienzien aus Neo Prog und Prog Metal. Demzufolge müssen diese Münchner Allstars nur noch ordentlich Krach machen, um ihre Musik in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Vielleicht sollte ihre bisherige Anhängerschaft einfach nur völlig unaufgeregt mit Pauken und Trompeten für ´Of Silent Mammalia Part II´ die Werbetrommel rühren.

(8,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/p/The-Ancestry-Program-100063558422016/
https://theancestryprogram.bandcamp.com/album/of-silent-mammalia-part-2