PlattenkritikenPressfrisch

MARQUIS DE SADE – Chapter II

~ 2023 (Golden Core/ZYX) – Stil: Heavy Metal ~


MARQUIS DE SADE sind eine dieser sagenumwobenen Gruppen der New Wave of British Heavy Metal, die nur ein bis zwei Sommer rockten und deren einzige 7-Zoll-Single ´Somewhere Up In The Mountains´ / ´Black Angel´ schon für 1.500$ den Besitzer wechselten.

Gegründet Ende 1979 im Süden Londons, lösten sich MARQUIS DE SADE bereits 1981 wieder auf, als deren Mitglieder sich in alle Winde zerstreuten und bei Gruppen wie ANGEL WITCH, SANCTUS und BLIND FURY Unterschlupf fanden.

Dann zogen die Jahren ins Land und niemand hätte einen Cent auf die Rückkehr von MARQUIS DE SADE gesetzt. Ihre Single und ihr einziges Demo-Tape wurden 2012 offiziell auf CD sowie LP veröffentlicht und weitere drei Jahre später coverten die NWoBHM-Experten von ROXXCALIBUR ihre Single ´Somewhere Up In The Mountains´.

Langsam erwachte wieder das Interesse an diesem britischen Unikum, so dass sich die Band Anfang 2020 mit drei Originalmitgliedern wieder zusammenfand. Schlagzeuger Gary Pope, Sänger Chris Gordelier und Bassist Pete Gordelier holten ihren Bruder Paul Gordelier als Gitarrist für Kevin Pope, der leider 2018 verstarb, und Keyboarder Giles Holland hinzu und wollten eigentlich anno 2021 auf den Bühnenbrettern ihre Wiedergeburt feiern, doch diese verschob sich auf das Jahr 2023, so dass sie heuer ihre Anhängerschaft obendrein mit einem neuen Album, ihrem ersten Studioalbum beglücken.

Komponiert und produziert in den vergangenen Jahren enthält das Songmaterial auch Lieder, die bereits in den Jahren 1980/81 geschrieben wurden.

 

 

Der kraftvolle Classic Hardrock des Openers ´Belvedere´ wirft den Hörer umgehend in die guten alten Tage zurück, besitzt nicht nur die Orgel, sondern auch die hohen Kiekser aus DEEP PURPLEs Hochzeiten. Aufgrund des muskulösen Stils werden womöglich sogar Freunde härterer Klänge á la BIG HEAT angesprochen. Im selben Stil, nur dunkler und eingängiger, geht es mit ´Now I Lay Me Down´ weiter.

Sanfter eröffnet ´Border Wall´ das Spiel, entwickelt sich jedoch dramatisch mit Glocken- und Fanfaren-Klängen zum orchestralen Metal, ohne sofort das SAVATAGE-Publikum anzusprechen. Wie so einige Stücke von MARQUIS DE SADE beginnt das herausstechende ´Fortress Of Solitude´ mit Klavierklängen. Besonders durch den großartig gesungenen Refrain wird das Lied schließlich in Richtung Pomp Rock getragen.

Kraftvoll in der Rhythmik ist die mächtige und sieben Minuten lange Bandhymne ´Marquis De Sade´ wieder eindeutig im Hardrock beheimatet. Schneller im Tempo lässt hingegen ´The Moon‘s Glow´ ordentlich die Orgelklänge vibrieren, wohingegen das leidende ´Suspended Animation´ neben neo-proggigen Keyboardläufen mit reichlich Gitarrensaitenqualm aufwartet.

Die Dramatik des famosen, teilweise mit Flötentönen verzaubernden ´Last Survivor´ ruft gar Erinnerungen von ARENA bis SARACEN auf den Plan, während der trotz seiner epischen neun Minuten schnell auf den Punkt kommende, ursprünglich von ihrem Demo stammende Klassiker ´Living In The Ice Age´ nochmals alle Register des klassischen Hardrock, samt heroischem und mitsingbarem Finale zieht.

MARQUIS DE SADE kehren völlig überraschend nach vielen Dekaden absolut sagenhaft zurück, nebensächlich ob im Stile der New Wave of British Heavy Metal, des Hardrock oder Classic/Pomp Rock.

(8,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/MarquisDeSadeNwobhm


(VÖ: 28.07.2023)