Livehaftig

IRON FEST – Third Attack

~ Ohmbachsee, 01. – 03. Juni 2023 ~


Da die Location im letzten Jahr so gut angenommen wurde, haben die Organisatoren sich den gleichen Platz auch für die neueste Ausgabe gesichert. Und weil alles so gut lief, hat man das Event gleich um einen Tag verlängert. So machen sich mein Sohn und ich zu meinem Feierabend auf den Weg in die Westpfalz.

Wir betreten das schön gelegene Terrain und bewegen uns unter vielen Begrüßungen in Richtung Bühne. Aber klar, wir treffen Leute, die wir teils seit zwei Jahren nicht mehr persönlich gesehen habe. Doch pünktlich ist es soweit, wir nehmen Plätze Front of Stage ein. (MW)

Ode an die Freude: Oh du wunderbares, junges IRON FEST mit deinen güldenen Seen, schattenspendenden Bäumen, friedfertigen Metalmädels und Heavyboys, einer feinziselierten Bandauswahl und dieser unglaublich flutschenden Organisation, die im Konzertkosmos ihresgleichen sucht. Wir lieben dich einfach.

Drittes Jahr, mittlerweile nicht mehr wegzudenken… und dein Papa Niko hat dir dieses Mal eine Stage geschenkt, die zunächst für heruntergeklappte Kiefer und amokartige Vorfreude sorgt. Umso schöner, dass Wolmeister samt Sohnemann und Lesski endlich wieder vor dieser fetten Bühne vereint sind und ihrem Haupthobby frönen dürfen: Musik. Vorhang auf! (LL)

 

 

Die Osnabrücker SAVAGE BLOOD sind auch keine Unbekannten mehr. Mit neuem Bassisten dürfen sie den heutigen Tag eröffnen. Wir stehen im gleißenden Sonnenschein, Fäuste gereckt gen Himmel und feiern den manchmal amerikanisch klingenden Power Metal der Niedersachsen. So wird eingeheizt von oben und unten. Der Schweiß läuft in Strömen, aber die Band ist gnadenlos und gönnt keine Pause. Allerdings muss man das Feiern immer wieder unterbrechen, da ständig Leute aufkreuzen, die man lang nicht mehr gesehen hat. (MW)

Heavy is the Bill and Metal is the Deal! SAVAGE BLOOD erweisen sich als perfekter Opening-Anheizer für dieses grandiose Wochenende, ich füge der Stilbeschreibung noch das Wörtchen RISK hinzu, ein ums andere Mal denke ich unweigerlich an Heimi Mikus und die melodischere Phase des metallischeren Nachfolger von FAITHFUL BREATH. Äusserst würdiger Startschuss für die dritte Attacke! (LL)

 

 

KRYPTOS haben den wohl weitesten Weg hinter sich. Immerhin haben sie den Weg von Indien gefunden. Und schauen irgendwie am weitesten zurück. Musikalisch kann man sie in den tiefsten Achtzigern verorten, damals als aus dem Heavy Metal sich Speed und Thrash entwickelten. (MW)

So wie der Opener ihres letzten Longplayers ´Force Of Danger´ sich ´Raging Steel´ nennt, scheinen die vier Inder sich ihr Livemotto auf die Fahne geschrieben zu haben. Packender Speed Metal mitreissend dargeboten und stets Glück und Dankbarkeit in den Augen der Musiker, für die das hier alles andere als ein gewöhnlicher Gig ist. Bangalore that doesn’t bang! HA! Von wegen. Gebangt wurde auf und vor der Bühne nach allen Regeln der Kunst! Mehr davon! (LL)

 

 

STOP STOP! Stoppen nicht. Himmel, die reißen mal eben im Vorübergehen alles ab. Da ist ja alles drin. AC/DC treffen GREAT WHITE und nebenan kopulieren KISS und STATUS QUO. Das ist Party pur. Der Sänger mit seinem weiß geschminkten Gesicht ist genauso auffällig, wie der Gitarrist, der agil über die Bühne springt. Dazu der Schlagzeuger, der einen Wischmop auf dem Kopf trägt, wo andere nur Haare haben. Rechts neben mir feiert ein Death Metaller, links von mir tanzt ein Doomhead, beide textsicher mitsingend. So Welten vereinend habe ich Sleaze und Hair Metal noch nie bewußt erlebt. Ich bin bei der Band Novize, lasse mich aber nicht aufhalten, auch ein paar Tanzbewegungen zu versuchen. Die Show endet dann damit, dass die Jungs zu ihrer Bandhymne komplett die Bühne verlassen und im Publikum feiern. Das ist der größte Rock’n’Roll Abriss, den ich je erleben durfte. Wer hiernach spielen muss, muss sich ganz schön strecken. (MW)

Absolut richtig, Herr Kollege. Das, was der Schlagzeuger auf der Rummel trägt, nennt man in unseren Kreisen einen echte „Lizzy Borden“ – das nahm er übrigens als grosses Kompliment auf. Wer hier nun nicht feiert, ist komplett Partyresistent. Schon beim Stream-Warming-Up fiel neben der musikalischen Klasse auch direkt der eher unsexuelle Humor (verglichen mit STEEL PANTHER) bei Hits wie ´Banana´ auf. Da würde jeder Minion durchdrehen. Ein absoluter Tipp für Freunde gut gemachten Sleaze-Metals à la JOHN DIVA AND THE ROCKETS OF LOVE, über den anfangs auch jeder gelacht hat, das Feiern damit jedoch mittlerweile weitaus leichter von der Hand geht. Wer zum Geier braucht noch einen Vince Neil? Es spricht für die Veranstalter, nach Heavy- und Speedmetal zum Cooldown eine Combo wie STOP STOP! einzuflechten. Geiches kann ich auch jetzt schon für die Wahl der TYGERS OF PAN TANG zum Festivalabschluß voraussagen. Mal sehen, was der Headliner danach draufsetzen kann. Bestürzt stelle ich gerade fest, daß ich vor lauter Bier- und Tanzlaune kein einziges Bild des Trios gemacht habe. Na, dann müssen wohl andere herhalten. (LL)

 

Fotos von Mario Wolski im traditionellen „MTV-Headbangers Ball-Musikvideo-Modus“

 

Allerdings hat es der Besuch aus Polen mit einer stabilen Fanbasis zu tun. Gut für sie. CRYSTAL VIPER durfte ich vor vier Wochen schon einmal sehen, als sie beim No Playback Festival ziemlich abräumten. Dennoch haben sie es bei mir heute schwer, auch wenn ich da nicht zur Mehrheit gehöre. Das liegt zuerst an der eben gehörten Band, die mich viel zu sehr umhaute, danach hätte erst einmal jeder Probleme mich auf seine Seite zu ziehen. Dazu kommt ein irgendwie seltsamer Sound. Irgendwie klingt alles sehr basslastig, die Gitarren fühlen sich an wie vollgesogene Schwämme. So suchen wir uns ein Plätzchen ein wenig abseits. Tatsächlich machen wir uns dann auch auf den Weg zum Camping. Dabei dürfen wir feststellen, hinter der Bühne, jenseits des Sees klingt die Chose dann richtig gut, dass wir da am Wegesrand noch stehenbleiben. (MW)

Au contraire, mon frère. Kleine Frau ganz gross. Ich gebe es offen zu: Ich bin CRYSTAL VIPER-Fanboy, seit Marta das erste Mal auf dem KIT ´Agents Of Steel´ angestimmt hat. Noch wuschiger machen mich heute ihre fantastisch geflochtenen Haare, was bei mir trotz angestrengten Versuchen und Profitipps der haarstylenden Zunft irgendwie blöd ausgesehen hätte. Doch abgesehen von ihrer beeindruckenden Präsenz und der spieltechnischen Hingabe ihrer drei Droogs ist CRYSTAL VIPER jedesmal eine Bank. Mir gelang dennoch das Kunststück, Marta einmal in den höchst seltenen Momenten abzulichten, wenn sie mal nicht voller Vergnügen einladend lächelt. Klasse Band, die zumindest mir immer wieder voll abgeht. (LL)

 

 

Nach einer geruhsamen Nacht und einem Spaziergang um den Ohmbachsee wollen wir wieder Musik. Einen Konzerttag zu beginnen gibt es wenig besseres, als etwa LUTHARO aus Kanada. Ein etwas spezieller, manchmal derber Mix bietet sich da. Zuerst denke ich an etwas HELLOWEENiges, da dringen ein paar melodische Leads an die Ohren. Doch dem wird dann ein Ende gemacht und die Band zeigt, wo sie steht. Ein mitreißender Mix aus Power Metal, Thrash und Death, doch auch um Melodien wird kein Bogen gemacht. Dazu immer wieder Gefühl und Melodie, hier treffen sich Tradition und Moderne. Vorweg Sängerin Krista Shipperbottom beeindruckt mit ihrer Wandelbarkeit zwischen Brüllen, Schreien und angenehmen Klargesang. Da hat man einen richtig guten Wecker für diesen Tag gefunden. (MW)

Nach einer nicht allzu geruhsamen Nacht ohne Spaziergang um den Ohmbachsee bin ich ebenfalls wieder bereit für eine Schallreinigung der Gehörgänge. Kleine Frau ganz gross, zum Zweiten. Ich stehe absolute nicht auf Metalcore, aber das entsprechende Growling von Krista zu diesem Metal, der weitaus traditionellere Züge hat und trotzdem nicht von vorgestern kommt, macht einfach Laune. Ihr Klargesang braucht ein wenig, um warmzuwerden und die Töne hundertprozentig zu treffen, doch dann singt sie den Großteil der möchtegern-Gothmetal Püppies lässig an die Wand. Das hat Power, das fetzt und das Bier schmeckt auch schon wieder. (LL)

 

 

Auf der letztjährigen EP waren COBRA SPELL noch keine reine Frauenband, am Gesang war da zum Beispiel noch Alex Panza zu hören. Aber heute stehen fünf Ladies auf der Bühne. Und die machen richtig Welle. Richtig geiler melodischer Heavy Metal, voller Klischees aber auch voller Liebe. Die Damen beherrschen ihre Instrumente und man merkt auch, sie lieben was sie hier tun. Sie sind für die Bühne gemacht. Ich finde diese Runde weit überzeugender, als ich die BURNING WITCHES je fand. Nur eines erinnert an die Kolleginnen, die Sex-Sells-Aufmachung von Gitarristin Sonia Anubis. Allerdings, man muss ja nicht hinsehen, sie ist ja nicht allein auf der Bühne. (MW)

Hallo? Ich schaue (und höre) mir Sonia gerne an. Keine Sau regt sich auf, wenn irgendwelche Crossover-Thrasher lediglich mit Badehosen bekleidet über die Bühne hüppen und dazu noch ihre hässlichen Männernippel zeigen. Da muss ich als Emanzipationsbeauftrager von SK, Genderdiskussionsverachter und überpolitischkorrekt-Radikalendgegner ein Veto einlegen und darauf hinweisen, daß nur ein gaaaanz geringer Teil der Metalgemeinde jemals Rob Halfords klassisches Outfit als „zu schwul“ titulierte. So. Musste mal gesagt werden. Und wenn ich im Stammtisch-Jargon von einem herrlich-nuttigen Outfit spreche, so beleidige ich weder die gestandene Frau im Outfit, noch die Dame mit der entsprechenden Berufswahl. Ich fantasiere dann eher von dem Moment unterm Weihnachtsbaum, wenn ich Karin mit einer neuen Kollektion Schlafzimmerwäsche beglücke. Back to Basics: COBRA SPELL sind fantastisch tight eingespielt und jede zeigt auf ihrem Instrument, wo der Frosch die Locken hat. Wir schwelgen zwischen Hard, Heavy & Metal und ein weiterer Punkt dafür, daß es scheissegal ist, ob Mädels, Männlein und alles dazwischen auf der Bühne steht, ist das W.A.S.P. Cover ´Animal´ am Ende. Auch Frauen dürfen konstatieren: „I got pictures of naked ladies lying on their beds“ – wobei ich dann doch ein wenig eingeschüchtert auf die Gangshouts von Sonia reagiere („I f*ck like a beast“) und mir wünsche, ich hätte ein paar Jahre mehr beinharte Backstage-Erfahrung wie unser JU. (LL)

 

 

INDIAN NIGHTMARE sind alte Bekannte, die ich schon ein paarmal sehen durfte. Ihr Sound und ihr Acting machen immer noch Laune, auch wenn wir, geflüchtet vor der Sonne, das Ganze von weiter hinten sehen. (MW)

INDIAN NIGHTMARE sind für mich eine weitere Überraschung, zu der ich kopfschüttelnd huldige. Noch besser: diese Band hat das unbestreitbare Zeug für den Kultfaktor. Das fängt bei der höchst kurzweiligen Heavy-/Speedmucke mit CELTIC FROST-„UGHs“ an, potenziert sich bei den Namen (Cedro Ced, Corrado „Lalo“ Linzi, Barry Isntepp, Dodi Nightmare und Poison Snake) und findet die Perfektion im individuellen Outfit und Stageacting der internationalen Ansammlung von Charakteren. Und ebenfalls wieder ein sehr schöner Kontrast zur Vorgängerband… am Ohmbachsee wird es einfach weder langweilig noch gleichförmig. Stark. (LL)

 

 

Irgendwann muss man sich zurückziehen. Heute leiden STORMZONE aus Nordirland darunter. Auf dem Weg zum Camping klingt der melodische Hard Rock mit Metal-Anteilen wirklich überzeugend. (MW)

Aaaaaaaaaaaarghhhh!!! Zurückziehen ja, aber doch nicht bei STORMZONE!!! Die Männer um den überaus sympathischen und fähigen Frontmann John Harbinson – der seinem Paps live zusammen mit dem Publikum zum Geburtstag ein Ständchen nach Belfast schallen lässt – sind definitiv eine der Überraschungen und heimlichen – nein öffentlich anerkannten – besonderen Gewinner dieses Jahr. Gewinner sind die gebuchten Bands prinzipiell alle – ich hebe nur ein paar für mich persönlich mehr oder weniger vorhersehbare Acts hervor. Ein professionelleres und tighteres Gitarrenduo wird es 2023 auf dem IRON FEST kaum noch geben. Da mache ich die dringend benötigte Gin Tonic Pause doch lieber bei REZET – sorry Jungs. (LL)

 

 

Auch REZET räumen wie gewohnt auf. Von allen Thrash Bands des Wochenendes sind sie mir fast die nächsten, weil sie auch mal das Florett fechten und nicht nur die Keule schwingen. Da ist sie, die geliebte Note Bay Area und die Prise Power Metal. Es muss nicht immer voll ins Fressbrett sein. (MW)

 

 

Aber es darf sein. Wie bei STALLION aus Weingarten. Was sind die Jungs so hübsch sympathisch.  Und noch besser, sie knallen echt rein. Das ist die Dosis Speed Metal, die so früh am Tage sein muss. Paul Ehrenhardt ist gut bei Stimme.  Im Nachhinein, von allen Schreihälsen dieses Wochenendes, ist er mir der Liebste. Fein auch, dass sie aus ihrer Haltung nie einen Hehl machen. Am Ohmbachsee werden sie auch dafür gefeiert. (MW)

Zurecht. Wer schonmal das Vergnügen hatte, STALLION live zu sehen, versteht genau, was Kollege Mario treffend beschrieben hat. Ich mache mir echt Sorgen um Individuen, die keinerlei metallische Freude verspüren, wenn diese Kapelle so fromm und frei von der Leber her aufspielt. Geht immer! (LL)

 

 

Gefeiert werden auch die Schweden AMBUSH. Allerdings braucht der Körper einen Flüssigkeitsaustausch. Trotzdem ist auch für mich erkennbar, diese Truppe ist hier gut aufgehoben. (MW)

Und wie sie das ist. Während unser Mario scheinbar die schlechteren Durchhaltegene von uns beiden hat, schlendere ich von der Bühne aus in einem grossen Bogen über’s Gelände, um euch von weiter hinten mal einen kleinen Panoramaeindruck zu verschaffen. Die Nordlichter liefern dermassen fett ab, daß es eine Freude ist und eröffnen mit purem fucking PRIEST-Metal des neuen Jahrtausends den Abschlußreigen der drei grossen „A“ auf’s Fressbrett an diesem zweiten Tag: AMBUSH – ARTILLERY – ANGEL DUST. (LL)

 

 

Für ARTILLERY strebe ich wieder ganz nach vorn. Das Riffing ist ziemlich stark, der aktuelle Sänger Søren Adamsen passt auch sehr gut. Die Songmischung aus alt und neu überzeugt. Allerdings, mir fehlte am Ende etwas Abwechslung, mal eine Melodie oder ein ruhiger Moment, das sorgt doch erst dafür, dass das Geprügel richtig wirkt. (MW)

Das Gemaule der Fans über Michael Bastholm Dahl hat wohl ihre Spuren hinterlassen. Ja klar, man war mit ihm etwas Melothrash-lastiger als gewohnt, dafür hat der gute äusserst viele Kilometer auf der Bühne zurückgelegt und eine Spiel- bzw. Singfreude an den Tag gelegt, die sich mancher Felsgrosse Act nur wünschen könnte. Søren dagegen war bereits auf dem Livemitschnitt von 2008 mit an Bord und hat die beiden Nachfolgealben eingesungen. Somit waren ARTILLERY perfekt eingespielt und zwar von der Liedauswahl wieder härter, doch ob besser, das liegt rein im Auge des Betrachters. Narürlich haben die Dänen fett abgethrasht, doch ich bekam reichlich Anschiss von nicht wenigen Mädels, die ich mit der Aussicht auf einen gutaussehenden, langhaarigen Powerbolzen vor die Bühne gelockt hatte. Naja, Shit happens, alle Sängerwechsel kriegt man eben nicht mit und die Damen sind mir auch schon wieder wohlgesonnen. (LL)

 

 

Der Auftritt von ANGEL DUST stand lange nicht unter einem guten Stern. Zum einen hat sich Bassist Waldemar Sorychta vor zwei Wochen ein Bein gebrochen. Daneben noch Gitarrist Bernd Aufermann, heute auf einem Hocker spielend, der nach Bandscheibenvorfall, Klinikaufenthalt und einer Menge Spritzen lange nicht wusste, ob er heute überhaupt da sein kann. Aber es war jede Spritze wert, er ist hier. Da muss Fan schon mal den Hut ziehen. Wenn ich mich so umhöre, die Setlist lässt kaum Wünsche offen, auch wenn die ganz frühen Alben eher weniger zum Zuge kommen. Trotzdem, der Tagesabschluss mit einer Stunde Power Metal und dem ersten und einzigen Keyboard des Wochenendes ist mehr als gelungen. (MW)

Hurra, die Kultlegende, die sich nach zwei recht verschiedenen Alben dem melodischen Powermetal verschworen hat. Klasse Alben in einer sehr launemachenden Performance dargeboten, doch ich muss gestehen, daß ich erst richtig hohldrehte, als das kleine ´From Dust You Will Decay´ / ´Gambler´ Medley aus dem Hut gezaubert wurde, welches ich einst in Andernach lautstark gefordert hatte. Nur Mut, ein paar Kaninchen der ersten beiden Scheiben aus dem Zauberhut zu ziehen… die alten Fans werden es euch danken und die neueren vergrault ihr damit nicht. Bravo. (LL)

 

 

Nach einem Ausflug auf Burg Nanstein in Landstuhl beginnt Tag Drei mit RAVAGER. Zur Eröffnung des Tages eine Runde Thrash, das lockert den Anwesenden schon einmal die Muskulatur. (MW)

Jepp – Muskulatur lockern, das tut wahrlich Not an so einem dritten Tag Festivalgenuss. Da hilft am Besten eine Runde ´Trashletics´ in ein wenig Mille & Co.-Manier zu leckerer Gerstenkaltschale. RAVAGER sind wunderbare Wachmacher in knallig-gutem Sound… an dieser Stelle möchte ich loswerden, daß ich kaum was zu weinen hatte in Sachen Sound, nachdem ich eine Woche vorher in ähnlich schönem Ambiente durch brutale Unfähigkeit der Technik einen VOIVOD-gig scheinbar unter Wasser als auch ein Akustik-Konzert ohne verzerrte Gitarren von TESTAMENT miterleben musste, was beide Bands wohl so nicht geplant hatten. Da fragt man sich schonmal, ob eine künstliche Intelligenz am Mischpult besser agieren könnte als ein tauber Mischer. Egal, gerade jetzt heisst es auf alle Fälle: ´Eradicate… Annihilate… Exterminate…´! (LL)

 

~ Trübheit des Bildes bedingt durch Staub vom Moshpit ~

 

Ich bin allerdings eher wegen LIQUID STEEL hier. Ihr letztes Album ´Mountains Of Madness´ ist mir ja damals richtig gut reingegangen. Mal sehen, ob sie auf der Bühne halten, was die Österreicher auf Konserve versprechen. Was soll ich sagen, sie halten. Richtig geiler Heavy Metal, man mag ihn traditionell nennen oder altmodisch, das liegt im Auge des Betrachters, aber er kommt gut an. Trotz der Frühe des Tages wird es vor der Bühne voll. Die Stimmung erreicht einen ersten Siedepunkt, als Arnold Schwarzeneggers Vertretung auf der Bühne erscheint und terminatorisch und unbürokratisch für Abkühlung sorgt. (MW)

„Woran hat et jelegen? Dat is natürlisch immer so die Frage… isch sach‘ natürlich immer: Woran hat et jelegen? Dat fracht man sisch nachher natürlisch immer so, woran et jelegen hat“ ( für Nicht-Insider siehe hier). Also, was war jetzt wirklich mein Problem mit LIQUID STEEL, deren letzter Longplayer mit ebenfalls sehr gemundet hat, meine Erwartungen vom Liveauftritt jedoch nicht ganz erfüllt wurden? War ich noch zu sehr im Thrashmodus und mein geschundener Körper verweigerte das erneute Hochschalten vom Ruhepuls zum beschleunigten Beat? Keine Ahnung, jedenfalls wollte der Funke bei mir einfach nicht überspringen und den Amöben-Arnie mit seiner Wasserwumme hätte ich am Liebsten in den See geschubst… oder gleich in einen Lavatümpel damit er in seine Urform aus flüssigem Metal morpht. Man sieht sich im Leben immer zweimal und dann klappt’s vielleicht auch bei mir. (LL)

 

 

Auf HERZEL warte ich direkt vor der Bühne. Die Bretonen lassen sich nicht lumpen. Sie spielen nur Hits. ´Unis Dans La Gloire´ vom Debüt wird genau gespielt, wie das komplette aktuelle Album ´Le Dernier Rempart´. Das sind die Momente, in denen ich eine Gänsehaut bekomme. Besonderes Schmankerl, der Mann am Bass. Mordiern Le Dissez hat schon Selbstvertrauen, sein Instrument ist so wenig Metal wie kaum ein anderer Bass. Das Selbstvertrauen aber unterstreicht er mit Können. Er spielt wie sonst keiner an diesem Wochenende. Er slappt und groovt, man kann ihn sich auch vorstellen mit einer Bläsersektion im Hintergrund bei einem Funk und Jazz Big Band Event. (MW)

HERZEL. Besondersr Gewinner Nummer zwei nach STORMZONE. Alter Verwalter, was hatten die eine Spielfreude, einen Bassisten (defenitiv MVP der dicken Saiten an diesem Wochenende) und vor allem was für Lieder! Eine Stilbeschreibung würde mir in einem Review dramatisch schwer fallen, es ist wohl dieses spezielle Flair aus dem Nachbarland, bei welchem selbst die hartgesottensten Englischfanatiker nicht nörgeln, wenn die Songs in französisch dargeboten werden… im Gegenteil – die Menge scheint extrem gut eingehört und Titelsicher. Hammer! (LL)

 

 

Eine Sache die mich ärgert? VULVARINE habe ich nicht gesehen. Die Klänge aber, die mir den Weg zurück von Camping versüßen, sagen, sich hier dünne zu machen, war ein rechter Fehler. Und die Gesichter vor der Bühne sagen selbiges. Fetter melodischer Hard Rock mit einer leichten Punk Schlagseite, dargeboten von einer reinen Damenkapelle, die sich vor allem nicht über Äußerlichkeiten definiert. Klasse. (MW)

Exaktamundo, Bro. Äusserst gut beschrieben, da merkt man das geschulte Ohr des Profis. Auch in Sachen Stageacting waren die vier „RUNAWAYS“ des neuen Jahrtausends mehr als nur ansehnlich. Besonders die Sängerin zog die Blicke als auch die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich und das ohne übergeiles Outfit oder plumpe Attribute. Diese vier Reiterinnen der Emanzipation sollte man im Auge behalten, nicht nur wenn man JU oder Less heisst. (LL)

 

 

Während RIOT CITY hätte ich die Pause besser gemacht. Instrumental sind die Top. Richtig schön altmodischer Heavy Metal, das ist vieler Welt. Neben mir gibt es aber noch andere, die den Gesang mindestens daneben, wenn nicht gar furchtbar finden. Der Typ schreit neben der Spur und alles in Grund und Boden. Doch vor der Bühne wird gefeiert, ganz falsch kann es also doch nicht sein. (MW)

Auch wenn gegen Tourende die Stimme mehr als nur ein wenig ausgescreamt scheint, so packen mich RIOT CITY doch genau da, wo der Heavy Metal Samen produziert wird. Ein explosiver Auftritt einer höchst professionellen Kapelle, bei der sich die Geister wohl lediglich beim Schreihals scheiden werden. (LL)

So ist es, selbst unsere Geister scheiden sich nur am Frontmann. (MW)

 

 

DUST BOLT sind kurzfristig für SPACE CHASER eingesprungen, die aus familiären Gründen absagen mussten. Schon wieder Thrash? Allerdings nicht so grob, wie Name und Ruf mich vermuten ließen. In den nächsten Tagen muss ich mich mit denen noch mal etwas näher befassen. (MW)

So langsam sieht es aus, als ob ich an diesem Wochenende beinharter Thrashverweigerer wäre. Irgendwie steht mir auch jetzt der Sinn nach Pause und anderen alkoholischen Erfrischungsgetränken statt ständig kühlem Blonden. Ich wurde auch sogleich bestraft, da ich nur Gutes über DUST BOLT gehört habe. Dann halt hierzu nur diese beiden Glückskekse: (LL)

 

 

(zu näher befassen:) Mit SEVEN SISTERS muss ich das nicht. Heute meine zweite Herzensband, also früh genug auf den Weg gemacht, um in der ersten Reihe zu stehen. Und die Londoner enttäuschen mich nicht. Kaum eine Truppe bekommt so viel Gefühl in ihren Metal. Klar, da steckt ganz viel NWoBHM drin, aber auch Anklänge von noch früher. Alleine die mehrstimmigen Leads lassen einen niederknien. Mit ´Cauldron And The Cross´ gibt es auch den Longtrack, sogar noch länger als später beim KODEX. Aber weitaus kurzweiliger als später. (MW)

Da kann ich nur zustimmen. Diese einzigartige Melange aus Bekanntem und einer eigenen Duftmarke findet man nicht an jeder Bühnenecke. Das Ganze wurde auch live absolut ansprechend, sympathisch und mitreissend dargeboten, sodaß die vier SEVEN SISTERS für mich bisher besonderes Highlight Nummer drei unter eigentlich lauter geilen Bands waren. (LL)

 

 

Meine ersten Konzerte waren einstmals 88/89 ein paar Ost-Bands, METALL und BIEST habe ich sicher gesehen, vielleicht auch MCB. MACBETH konnte ich nicht erleben, das kann ich heute zum ersten Mal. Klar, aus der Zeit ist nichts zu hören, dafür sind sie heute die aktivste und aktuellste noch aktive Band aus der ehemaligen DDR. Ihr letztes Album ´Gedankenwächter´ hat mich schwer beeindruckt, jetzt endlich kann ich sie live sehen. Nur wenige hatten sie im Plan, viele haben vorher auch abgewunken. Trotzdem füllt es sich vor der Bühne. Hier sind tatsächlich auch Leute nur wegen der Erfurter vor Ort. MACBETH werden heftig abgefeiert. Sie liefern aber auch ab. Allein die Setlist, die mit ´Gedankenwächter´ glänzt, oder zwei Teilen der ´Stalingrad´ Trilogie. Mögen manche bei deutschen Texten schon Bauchweh bekommen, es gibt auch gute Gründe dafür. Endlich versteht man mal, was die Band zu sagen hat. Leider muss das Set gekürzt werden, da ein paar technische Probleme den Ablauf verzögert haben. (MW)

Marios Sohnemann Simon hat die zwiespältige Haltung vieler Metaller zu den martialischen deutschen Kriegstexten auf den Punkt gebracht: Bei SABATON stört sich von der geneigten Fanschar keine Sau an den Texten, da diese in englisch dargeboten werden und in ein harmloses Partymetalgewand gekleidet werden. Der brachiale Metal von MACBETH passt dagegen zu dieser Art ungeschönten und auch unglorifizierten Lyrics wie die Faust auf’s Auge. Und wenn ich dem Hörer, der nicht im Thema ist, von richtig hartem Metal mit ONKELZ-Gesang (ohne sozialpolitische oder vergangenheitsträchtige Parallelen) und SABATON Texten erzähle, dann hat das keinen faden Beigeschmack, ist frei von negativen Schwingungen und zollt lediglich von meinem Respekt gegenüber einer Kultband, die man sich erarbeiten muss, statt nach einmal Hören die Flinte ins Korn zu werfen und mit einer schnell voreingenommenen Meinung durch die Lande zu rennen. Massiv, brutal, slow, deep & hard. Das ist Metal, ihr Luschen und meine Karin hat ein Shirt gekauft. Aus. (LL)

Wenn Karin ein Shirt kauft, dann ist es wirklich gut. (MW)

OK, sie hatte es schon vorher aus reiner Ostsympathie gekauft, hihi. (LL)

 

 

So wie ich auf MACBETH wartete, erwarten die meisten heute wohl ATLANTEAN KODEX. Kein Shirt sieht man auf dem Gelände mehr. Für mich ein Zeitpunkt, mich ins Seitenaus zu bewegen. Ich habe ihre beiden letzten Alben, eigentlich sollten sie mir auch gefallen. Aber ich werde damit nicht warm. Woran es liegt kann ich nicht sagen, denn eigentlich ist alles drin was ich mag. Vielleicht klappt es heute von der Bühne. Das Verhältnis bleibt aber schwierig, auch wenn es mir schon etwas besser gefällt als von Album. Mir persönlich fehlt da etwas. Obwohl ich Longtracks mag, ich finde hier vieles zu lang. Ich mag auch langsam und gefühlvoll, hier aber fehlt mir der ein oder andere Tritt in den Arsch. Oder, wie es in der Nachbarschaft zu vernehmen ist, ich zitiere: „Das ist nicht schlecht… Aber das ist kein richtiger Metal.“ Das würde ich so auch nicht unterschreiben, den Gedankengang finde ich hier und jetzt nachvollziehbar. (MW)

Da bist du mal wieder wie der Brother-from-another-Mother. Exakt so habe ich sie auch wahrgenommen, mich haben dazu noch einige instrumentale Mängel abgenervt, für die ich jetzt keinen Buhmann gleich welchen Geschlechts nennen möchte. ATLANTEAN KODEX ist für mich eine tagesformabhängige Geschichte. Niemand bestreitet die Klasse der Band und die Epik der Songs. Letztes Jahr auf dem ROCK HARD Festival war ich wohl in der absoluten Stimmung, da gab’s nix, aber auch gar nix zu motzen, diesmal hing es wohl an mir, daß ich den Auftritt als einen langen Song wahrgenommen habe und mich nicht wirklich drauf einlassen konnte. Nächstes Mal vielleicht wieder. (LL)

 

 

TYGERS OF PAN TANG beenden den Abend. Und wir mit ihnen, direkt wieder in Reihe eins. Nicht erwarte ich, dass es hinter uns voll wird, aber da wird noch einmal die Rakete gezündet. Auf der Bühne gibt es melodischen Hard Rock/Heavy Metal, hinter uns fühlt es sich an, als würden vorne Thrasher einheizen. Die Security hat einiges zu tun, um den Flugbetrieb zu regeln. Es scheint, als müssen nach dem ruhigen Teil des Abends noch einmal alle Gefühle rausgelassen werden. Da hilft die klasse Songauswahl. Natürlich kommt das neue Album ´Bloodlines´ zu Ehren, aber auch Songs aus der frühen Bandgeschichte stehen auf dem Plan. Nur die Lautstärke ist gerade empfindlich hoch. Obwohl meist, ausser oben erwähnt, guter Sound war, je später desto lauter muss vielleicht auch nicht sein, denn auch in etwas leider war immer alles gut zu hören. Aber das ist nur so ein Gedanke. (MW)

Jau, dat hat mächtig gerappelt! Ich muss sagen, daß für mich zu einem Konzertabschluß heutzutage einfach eine klassische Hard & Heavy Band gehört, die sowohl Black-Death-Thrash-Droogs über Prog-Alternative-Crossover-Freaks bis hin zu AOR-Classic-Hardrock-Devotchkas vor die Bühne ziehen und zur Wallung bringen kann. Genau das hat mit den TYGERS OF PAN TANG unübertrefflich geklappt. Wie oft habe ich schon bei Headlinern den Satz gehört: „Määäh, ist nicht meine Musik, ich fahre vorher heim.“ Heute war eher zu vernehmen: „Bekloppt? Doch nicht nach Hause vor den TYGERS!“ Und das aus vielerlei unterschiedlich berufenem Munde. Da war es wieder: Das Zusammengehörigkeitsgefühl einer kleinen Szene mit vorwiegend rebellischer Natur, was auf grossen Festivals nicht mehr zu finden ist. Wer Ahnung von Musik hatte, blieb und staunte, was die alten Herren für ein Feuerwerk zündeten. Eine der Bands aus der Reihe B der NWoBHM aber mit dem Elan und der Kraft der mindestens zwei Herzen, die im Vergleich zu manchen ihrer ehemaligen A-Promi-Kollegen ordentlich den Tiger in den Tank packten und somit ein glücksselige Menge hinterliessen. Sensationell. (LL)

 

 

Hier geht ein kleiner Dank an die Veranstalter. Kaum vorbei, wird schon der Vorverkauf für 2024 gestartet. Es gibt eine Aktion, über die Fans Bands wünschen können, teilnehmen können aber nur heute Anwesende. Trotzdem bin ich gespannt, was dabei rauskommt. Und vielleicht verrät uns Nikolas noch ein kleines Geheimnis?

Was denn, „The Secret of Steel“? Das hat er zweifellos verstanden, denn das IRON FEST ist spätestens im dritten Jahr zu einem absoluten Geheimtipp, für das man so manches andere bisher liebgewonnene Festival einmotten will, über alle Grenzen des Landes über sich hinausgewachsen und das Kernteam inklusive den dazugehörigen besseren Hälften haben hier einen Amboss von erstklassiger Organisation gestemmt. Nicht zu vergessen alle weiteren Mitstreiter bis hin zu den Vereinen, deren Aktive sich stets mit einem Lächeln im Gesicht einer heuschreckenhungrigen und durstigen Menge gegenüber sahen und das dennoch mit Bravour bewältigt haben. Mir fehlen einfach vor lauter Glück die Worte und in vielen Gesprächen wurde klar, daß dieses Juwel von nun an fest im Konzertkalender verankert ist. Sollte jemand anderer Meinung sein (ich habe beim Besten Willen keinen an diesem Wochenende und hinterher getroffen), so gehe er in sich, überlege genau oder schweige er stille und pilgere nach Wacken. Amen!

Mario Wolski (MW) & Less Lessmeister (LL)


… und weil’s so schön war noch ein paar Festivaleindrücke: