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LAZULI – 11

~ 2023 (Independent) – Stil: Artrock ~


Auch LAZULI sind in den vergangenen Jahren durch die Finsternis getappt. Sie träumten wie so viele von einer besseren Welt, in der nicht nur Bienen und Vögel grenzenlos durch die Lüfte summen und zwitschern können. Sie träumten von einer Welt ohne staatlich verordnete Pestizide und Impfungen für Bienen. Doch wie so viele Träume zerplatzten diese ebenso im nächsten Moment.

LAZULI mussten sich am eigenen Schopfe aus der Dunkelheit herausziehen, mussten den Kampf um den Weg ans Sonnenlicht aufnehmen. Die ersten neuen Texte, die ersten neuen Lieder wurden geschrieben. Die ersten gemeinsamen Lieder nach den Jahren der latenten Stille entstanden. Allein die stilleren Aufnahmen ihrer altbekannten Lieder hatten die Lautlosigkeit dieser toten Jahre unterbrochen.

 

 

Jetzt ist es wieder an der Zeit, aus der Beklommenheit auszubrechen, zu neuen Liedern zu tanzen und zu leben. Elf neue Kompositionen sind es geworden, passend zur elften Veröffentlichung von LAZULI, passend zum Albumtitel ´11´.

Die Elf zeigt sich dabei als Glückszahl und als Schnapszahl, wie die Elf im Fußball und wie die Elf im Karneval, die Elf als Primzahl und als Spiegelzahl.

 

 

Das Vinyl kratzt in einer Glöckchen leichten Atmosphäre seine Runden. 33 Umdrehungen in alle Richtungen, doch ´Sillonner Des Océans De Vinyles´ geht in dieser Stimmung bald aus sich heraus und redet von Ölverschmutzungen im Allgemeinen und Ölmeeren im Speziellen. Der Gesang versucht, sein Leiden in beinahe unterdrückten Schreien auszuleben – und die Melancholie schwingt mit.

Federleicht werden die Saiten allzeit angeschlagen, so auch in ´Triste Carnaval´, mit ganzem Druck über die längst vergessene Blamage singend, als einziger ein Kostüm zu tragen – und die Melancholie schwingt mit, in diesem epischen, sich in den Himmel hineindrehenden Höhepunkt. Bedrohlich drückt hingegen ´Qui D’Autre Que L’Autre´ die allgemeine Angst vor dem Unbekannten aus, mit röhrender und epischer Gitarre die Qual der Zuwanderung ausmalend, Saiten die krakeelen – und die Melancholie schwingt mit.

Durch Venedig treibt das Vermächtnis von ´Lagune Grise´ und trägt einen musikalischen Hauch der Vergangenheit mit sich, jauchzt sich durch die Nacht, lässt die Gitarren jaulen – und die Melancholie schwingt mit. Schlechte Witze auf anderer Kosten drücken sich im Americana-Chanson ´Égoïne´ aus – und die Melancholie schwingt mit. Ein perkussives Lied über den Wind und das Land, über die Kinder und die Zukunft ist ´Parlons Du Temps´. Der Gesang weint zur Melodie der Saiten – und die Melancholie schwingt mit.

Selbst mit einem funky Unterton schwingt sich ´Le Pleureur Sous La Pluie´ auf immer höheren Flügeln in die Lüfte, bis die Saiten heulen – und die Melancholie mitschwingt. Sogar die Akustikgitarre wird zu ´Les Mots Désuets´ angeschlagen, schmerzhaft laut dagegen der Trommelschlag in ´La Bétaillère´ über die eisernen und blutigen Gemäuer von Rinderzuchtfarmen.

Zum Klavierspiel von ´Mille Rêves Hors De Leur Cage´ entstehen letztlich die Träume von frei lebenden Tieren – und die Melancholie schwingt mit. Im Handumdrehen spielen die Klaviertasten ein letztes Mal auf. Die immense Leere, die den Boden unter den Beinen wegzieht, gibt sich mit ´Le Grand Vide´ ein letztes Mal die Ehre – und die Melancholie schwingt und schwingt, schwingt sich in die Freiheit.

(8,5 Punkte)

 

 

Dominique Leonetti – Gesang, Gitarren 12 und 6 Saiten
Arnaud Beyney – Gitarre
Claude Leonetti – Leode
Romain Thorel – Keyboards & Waldhorn
Vincent Barnavol – Schlagzeug, Schlagzeug & Marimba

 

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